Fabian Schmid

Die Lage: Inside Austria Scharmützel vor dem Sitzungssaal

Fabian Schmid
Von Fabian Schmid, stellv. Ressortleiter Chronik & Innenpolitik, DER STANDARD

Liebe Leserin und lieber Leser,

heute beschäftigen wir uns mit den Alleingängen des Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP) bei der Sanierung des Parlamentsgebäudes und mit bösen Gerüchten über schöne Büros.

Fünf Jahre wurde das Parlament rundum erneut, diese Woche öffnet es wieder für Besucher – und es wäre nicht die österreichische Politik, würde es nicht zahlreiche Scharmützel rund um die Umgestaltung geben. Das mag auch am Bauherrn liegen: Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) polarisiert wie kaum ein anderer Politiker in Österreich.

Der Umbau des Parlaments fiel größtenteils in die Ära von Sobotka als Nationalratspräsident, er hatte das Amt im Winter 2017 von der späteren Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger übernommen. Diese bezeichnet sich auf der Karriereplattform LinkedIn übrigens als einstige »Parlamentspräsidentin« – diesen Posten gibt es in Österreich nicht.

Jedenfalls griff Sobotka rund um die Wiedereröffnung schon ein paar Mal daneben. In Zeiten der Inflation schwärmte er in einem Social-Media-Video vom neuen Parlamentsrestaurant, während er auf der Dachterrasse Champagner schlürfte. Außerdem orderte er ein teilweise vergoldetes Klavier, das eine Boulevardzeitung »Protz-Flügel« taufte .

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP)

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP)

Foto: Emmanuele Contini / IMAGO
Sitzungssaal des Nationalrates nach dem Umbau

Sitzungssaal des Nationalrates nach dem Umbau

Foto: Hans Klaus Techt / APA / dpa

Die Benennung einzelner Säle und Flügel soll er ohne viel Absprache mit den anderen Fraktionen vorgenommen haben. Die Sozialdemokraten regt vor allem der »Friedrich-von-Hayek-Flügel« auf, unterstützte der neoliberale Ökonom Hayek doch das Terrorregime in Chile und erklärte, er würde »einen liberalen Diktator gegenüber einer demokratischen Regierung, der es an Liberalismus mangelt« bevorzugen.

Innerhalb der Parteien gibt es ebenfalls Ärger um die Räumlichkeiten. Im neuen Parlament sind nur wenige Büros für Abgeordnete vorgesehen. Die größte Oppositionspartei SPÖ bekommt gerade einmal zwei – und die belegen Klubobfrau und Parteichefin Pamela Rendi-Wagner sowie ihr Vize Jörg Leichtfried.

Das bedeutet, dass ihr gesamtes »Backoffice« und andere Abgeordnete weiterhin im SPÖ-Klub in der Reichsratsstraße 9 arbeiten, während Chefin und Vize im feinen Parlament werken. So sehen das zumindest kritische Mitarbeiter, die offenbar wenig Lust haben, für Besprechungen mit der Obfrau einige Minuten Fußweg auf sich zu nehmen.

Parlamentsgebäude in Wien

Parlamentsgebäude in Wien

Foto: DOMINIC EBENBICHLER/ REUTERS

Fakt ist, dass künftig alle Klubobleute Büros im Parlament erhalten. Ob sie die als Stützpunkt auslegen oder tatsächlich dort arbeiten, dürfte zwischen den einzelnen Fraktionen variieren.

Neu festgelegt wird bei einigen Klubs auch der Sitzplan im renovierten Sitzungssaal. Da sei genau darauf zu achten, wer nicht mehr nebeneinandersitzen dürfe oder einen Platz in der letzten Reihe erhalte, unkten einige Abgeordnete.

Einige Parlamentarier streuten zudem offenbar Gerüchte, dass der dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ) sein schönes altes Büro dem ÖVP-Klubobmann August Wöginger habe überlassen müssen – typisch ÖVP, munkelte man. Das sei aber falsch, sagt Hofer dem STANDARD: »Ich habe exakt dasselbe Büro, das ich schon vor der Sanierung hatte. Auch mein Büroleiter arbeitet gleich daneben in seinem alten Büro Richtung Ring. Ich habe dieses Gerücht auch schon gehört, es ist aber tatsächlich falsch.«

Die Eröffnungsfeier für die Öffentlichkeit findet am 12. Januar mit großem Festakt statt. Zwei Tage später werden Sobotka und seine Kollegen im Präsidium das Eröffnungsband vor dem Eingang zerschneiden und das Volk ins Parlament einladen. Die erste Nationalratssitzung ist für Ende Januar geplant – und dann dürfte bald neue Kritik über Sobotka hereinbrechen. Denn auch am Sitzungssaal haben einige Abgeordnete viel zu bemängeln… Fortsetzung folgt.

Social-Media-Moment der Woche

In der SPÖ reagieren viele nervös auf die Entscheidung, den streitbaren Ex-Chefredakteur des Onlinemediums »ZackZack«, Thomas Walach, zum Chef der digitalen Parteikommunikation zu berufen. Der ist berüchtigt für seine Streitigkeiten auf Twitter. Einige Wochen herrschte Ruhe. Dann aber bewies Walach, warum er so gefürchtet ist: Weil ein User seinen privaten Twitteraccount blockiert hatte, schrieb Walach ihm vom SPÖ-Account  – und löste damit Kritik und Häme aus.

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Mit besten Grüßen aus Wien

Ihr Fabian Schmid, stellvertretender Ressortleiter Chronik & Innenpolitik, DER STANDARD

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