Podcast »Inside Austria« Was wurde aus dem großen Schlag gegen die Muslimbruderschaft?
Am 9. November 2020 trat Karl Nehammer, Österreichs damaliger Innenminister und heutiger Bundeskanzler, vor die Presse. In den frühen Morgenstunden hat es eine Großrazzia gegen Islamisten und Anhänger der Hamas gegeben. Spezialeinheiten im ganzen Land hatten Wohnungen und Vereinsräume mutmaßlicher Muslimbrüder gestürmt.
Über hundert Verdächtige waren zuvor über Monate vom Verfassungsschutz abgehört und beschattet worden. Ihnen wurde unter anderem Terrorismus und Terrorfinanzierung vorgeworfen. Die »Operation Luxor« gilt als eine der größten Polizeiaktionen in der Geschichte Österreichs. Karl Nehammer sprach von einem »entscheidenden Schlag« gegen den politischen Islam.
Doch heute, rund zwei Jahre später, ist von den Anschuldigen kaum etwas übrig geblieben. Die Razzien wurden von Gerichten teilweise für rechtswidrig erklärt. Kein einziger der Beschuldigten wurde vor einem Gericht angeklagt oder in Untersuchungshaft genommen, geschweige denn verurteilt. Zahlreiche Verfahren wurden bereits eingestellt.
Schon die Begründung für die beispiellose Überwachung von über hundert mutmaßlichen Extremisten ist zweifelhaft. Die Ermittlungsakte, die mittlerweile über 10.000 Seiten umfasst, zeigt: Von Anfang an fehlte es an handfesten strafrechtlichen Vorwürfen gegen die Beschuldigten.
Doch nicht nur das: Während der Verfassungsschutz seit August 2019 Dutzende mutmaßliche Muslimbrüder und Hamas-Anhänger beschattete, bereitete ein amtsbekannter islamistischer Gefährder in Wien ein Attentat vor. Kujtim F. war den Behörden bekannt, weil er 2018 nach Syrien ausreisen wollte, um sich der Terrormiliz »Islamischer Staat« (IS) anzuschließen. 2020 begann er, einen Terroranschlag zu planen: Kaufte eine Waffe und Munition, traf sich mit internationalen Dschihadisten. Obwohl Warnungen beim Verfassungsschutz eingingen, wurde Kujtim F. erst nach Monaten von den Behörden auf »hohes Risiko« eingestuft. Am 2. November 2020 – einen Tag vor der geplante Razzia gegen die Muslimbruderschaft – erschoss der Attentäter in der Wiener Innenstadt vier Menschen. 23 weitere wurden zum Teil schwer verletzt.
Die »Operation Luxor« wirft viele Fragen auf. Wie kann es sein, dass ein amtsbekannter Islamist unbehelligt einen Anschlag plante, während der Verfassungsschutz hundert mutmaßliche Islamisten überwachte? Und was ist aus dem großen Schlag gegen die Muslimbruderschaft geworden?
In dieser und der nächsten Folge von »Inside Austria« werden die Ermittlungen der »Operation Luxor« rekonstruiert. Dabei wird deutlich, wie die Behörden über Monate eine Razzia gegen Muslimbrüder vorbereiten, während gleichzeitig der spätere Wien-Attentäter seinen Anschlag plante. Außerdem geht es darum, wer hinter der Muslimbruderschaft steckt und wie die Bewegung in den Fokus der Politik gerät und was aus der Mission gegen die Bruderschaft wurde. Setzten die Behörden falsche Prioritäten – und kostete das am Ende womöglich sogar Menschenleben?
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Im wöchentlichen Podcast »Inside Austria« blicken der SPIEGEL und der STANDARD gemeinsam auf die großen und kleinen Skandale in Österreich. Zusammen mit Journalistinnen und Journalisten beider Redaktionen rekonstruieren wir Fälle und Ereignisse, die das Land bewegen. Wir schauen in politische Abgründe, verfolgen die Ermittlungen rund um die Causa Sebastian Kurz und seine ÖVP. Und informieren über ein wichtiges österreichisches Thema der Woche.