Taliban-Herrschaft Pakistanischer Minister kritisiert fehlende Frauenrechte in Afghanistan

Pakistan gilt als enger Verbündeter der afghanischen Taliban-Regierung. Frauenrechtsverletzungen ignorierte das Land bislang. Nun fürchtet Informationsminister Chaudhry, das »rückschrittliche Denken« könne auf seinen Staat übergreifen.
Ohne Verschleierung dürfen afghanische Frauen seit der Machtübernahme der Taliban kaum noch auf die Straße

Ohne Verschleierung dürfen afghanische Frauen seit der Machtübernahme der Taliban kaum noch auf die Straße

Foto: Mstyslav Chernov / dpa

Neue Beschränkungen für Frauen in Afghanistan haben seltene Kritik aus Pakistan an der Taliban-Führung ausgelöst. »Frauen können nicht allein reisen oder zu Schulen und Universitäten gehen«, sagte der pakistanische Informationsminister Fawad Chaudhry in einer Rede bei einer Zeremonie in der Hauptstadt Islamabad am Montagabend. Diese Art des »rückschrittlichen Denkens« sei gefährlich für Pakistan, derartiger Extremismus könne auf das südasiatische Land und darüber hinaus übergreifen.

Längere Taxifahrten nur noch für verschleierte Frauen in Begleitung

Die Wortmeldung folgte auf eine am Wochenende bekannt gewordene Anweisung der in Afghanistan herrschenden militant-islamistischen Taliban an Taxifahrer, auf längeren Fahrten keine Frauen zu befördern, die ohne männliche Begleitperson reisen wollten oder nicht verschleiert seien.

»Frauen, die eine Strecke von mehr als 72 Kilometern zurücklegen, sollten nicht mitgenommen werden, wenn sie nicht von einem engen Familienmitglied begleitet werden«, sagte ein Sprecher des Ministeriums für die Förderung der Tugend und die Verhinderung des Lasters. In der neuen Anweisung des Ministeriums werden die Menschen auch aufgefordert, in ihren Fahrzeugen keine Musik mehr zu hören.

Die Anordnung ist ein weiterer Schritt, Frauen aus der Öffentlichkeit zu verdrängen und ihnen ein selbstständiges Leben zu erschweren. Vor wenigen Wochen hatte das Ministerium afghanische Fernsehsender aufgefordert, keine Dramen und Seifenopern mit Darstellerinnen mehr zu zeigen. Das Ministerium hatte zudem Fernsehjournalistinnen aufgefordert, bei ihren Auftritten einen Hidschab zu tragen.

Pakistan gilt als enger Verbündeter der Taliban-Regierung in Kabul. Politiker des Landes, darunter auch der Premier Imran Khan, haben die Taliban seit ihrer Machtübernahme wiederholt gelobt und deren Verletzungen von Menschen- und Frauenrechten ignoriert. Die offene Kritik Chaudhrys fällt mit jüngsten Vorfällen an der pakistanisch-afghanischen Grenze zusammen. Taliban-Soldaten sollen die pakistanische Seite daran gehindert haben, an ihrem Grenzzaun weiterzuarbeiten. Dieser soll laut Islamabad die Bewegungen von Terroristen über die Grenze verhindern.

Gleichzeitig kämpft Pakistan zuletzt selbst mit vermehrten Angriffen durch militante Islamisten und nationalistische Rebellen. In der Provinz Belutschistan, die an Afghanistan grenzt, sind nach Behördenangaben in diesem Jahr terroristische Zwischenfälle um mehr als 90 Prozent im Vergleich zum gesamten Vorjahr angestiegen. Bei diesen seien mehr als 130 Menschen, darunter Sicherheitskräfte, ums Leben gekommen. Beobachter sagen, die Extremisten seien von der erfolgreichen Machtübernahme der Taliban in Afghanistan inspiriert.

muk/dpa
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