Machtkampf eskaliert Perus Präsident Castillo abgesetzt und festgenommen

Ermittler mit Pedro Castillo (blaue Jacke)
Foto: Peru's Justice Administration / AFPDer vom Parlament abgesetzte peruanische Präsident Pedro Castillo ist festgenommen worden. Er werde in der Präfektur in Lima von Staatsanwälten vernommen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Andina. Die Staatsanwaltschaft wirft Castillo einen Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung des Landes vor. Gegen ihn werde wegen Rebellion ermittelt, teilte die Generalstaatsanwaltschaft am Mittwoch (Ortszeit) nach der Festnahme mit.
»Wer zu den Waffen greift, um die Staatsform zu ändern, die rechtmäßig gebildete Regierung zu stürzen oder die verfassungsmäßige Ordnung zu unterdrücken oder zu ändern, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn und nicht über zwanzig Jahren bestraft«, heißt es zum Straftatbestand der Rebellion im peruanischen Strafgesetzbuch.
Vor seiner Festnahme hatte Castillo die Auflösung des Kongresses und eine Neuwahl des Parlaments angekündigt. Er verhängte eine nächtliche Ausgangssperre und sagte, er wolle vorübergehend mit Dekreten regieren. »Der Kongress hat den Rechtsstaat, die Demokratie und das Gleichgewicht zwischen den Staatsgewalten zerstört«, sagte Castillo. »Wir rufen alle Institutionen der Zivilgesellschaft und alle sozialen Gruppen dazu auf, die Entscheidung zu unterstützen.«
»Das ist ein Staatsstreich«
Allerdings hatte sich Castillo offenbar verkalkuliert: Nachdem er die Auflösung des Kongresses angekündigt hatte, verweigerten ihm zahlreiche Kabinettsmitglieder die Unterstützung, allen voran Vizepräsidentin Dina Boluarte. Das Parlament enthob Castillo schließlich seines Amtes. Kurz darauf wurde Boluarte als erste Staatschefin des südamerikanischen Landes vereidigt.

Dina Boluarte bei ihrer Vereidigung
Foto:STR / EPA
»Ich lehne die Entscheidung von Pedro Castillo ab, durch die Auflösung des Kongresses den Zusammenbruch der verfassungsmäßigen Ordnung herbeizuführen«, schrieb Boluarte bei Twitter . »Das ist ein Staatsstreich, der die politische und institutionelle Krise verschärft, die die peruanische Gesellschaft unter strikter Einhaltung der Gesetze überwinden muss.«
Zahlreiche Minister traten nach Castillos Ansprache zurück. »Weil der Rechtsstaat verletzt wurde und im Einklang mit meinen demokratischen Grundsätzen reiche ich hiermit meinen unwiderruflichen Rücktritt als Minister für Wirtschaft und Finanzen ein«, schrieb Finanzminister Kurt Burneo auf Twitter. Auch Außenminister César Landa und Justizminister Félix Chero stellten ihre Ämter zur Verfügung. Generalstaatsanwältin Benavides sagte: »Wir weisen den Bruch der verfassungsmäßigen Ordnung auf das Schärfste zurück.«
Auch die Opposition sprach von einem Staatsstreich. »Er darf nicht tun, was er gerade getan hat. Das ist illegal«, sagte die Abgeordnete Martha Moyano von der rechten Partei Fuerza Popular im Radiosender RPP. Ihr Parteifreund Héctor Ventura sagte: »Die Streitkräfte müssen heute die demokratische Ordnung respektieren.« Der Abgeordnete und frühere Admiral José Cueto schrieb auf Twitter: »Was Pedro Castillo getan hat, ist ein Staatsstreich. Die Streitkräfte werden die Verfassung unterstützen und nicht den Diktator.«
Asyl in Mexiko?
Nach Castillos Festnahme äußerte sich Mexikos Außenminister Marcelo Ebrard zu dem Fall: Sein Land würde ihm vermutlich auf Antrag Asyl gewähren. »Wir verfolgen eine Politik, die dem Asyl positiv gegenübersteht. Ich glaube nicht, dass wir es ablehnen würden«, sagte Ebrard im Radiosender Fórmula. »Wenn er darum bittet, werden wir es wohlwollend erwägen.«
Castillos Regierung stand seit dem Amtsantritt des ehemaligen Dorfschullehrers im Juli vergangenen Jahres unter Druck. Wegen verschiedener Vorwürfe oder Meinungsverschiedenheiten räumten immer wieder wichtige Minister ihre Posten. Erst vor zwei Wochen ernannte Castillo eine neue Kabinettschefin – die fünfte in knapp eineinhalb Jahren. Seit seinem Amtsantritt hatte Castillo bereits zwei Amtsenthebungsverfahren überstanden.
Die Regierung des Linkspolitikers Castillo befand sich in einem permanenten Machtkampf mit dem Parlament. Zuletzt verweigerte der Kongress dem Staatschef die Erlaubnis, zum Gipfel der Pazifik-Allianz nach Mexiko zu reisen und ließ das Treffen damit platzen. Zwei von Castillos Vorgängern waren in ähnlichen Verfahren des Amtes enthoben worden.