Deutscher Menschenrechtler Türkisches Gericht spricht Peter Steudtner frei

Der Prozess gegen Peter Steudtner dauerte mehr als zweieinhalb Jahre, das Verfahren in der Türkei galt als politisch motiviert. Jetzt hat das Gericht den deutschen Menschenrechtler freigesprochen.
Peter Steudtner war im Juli 2017 in der Türkei festgenommen worden

Peter Steudtner war im Juli 2017 in der Türkei festgenommen worden

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Michael Kappeler/ DPA

Der deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner ist in der Türkei von Terrorvorwürfen freigesprochen worden. Auch sein schwedischer Kollege Ali Gharavi erhielt Freispruch, wie das Gericht in Istanbul am Freitag nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa und von Amnesty International entschied.

Der Ehrenvorsitzende der Menschenrechtsorganisation Amnesty International in der Türkei, Taner Kilic, wurde allerdings zu einer Gefängnisstrafe von sechs Jahren und drei Monaten wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation verurteilt. Ebenso die frühere türkische Amnesty-Direktorin Idil Eser, wie Amnesty International mitteilte. Drei der insgesamt elf Angeklagten wurden wegen Terrorunterstützung verurteilt. Neben Steudtner und Gharavi wurden fünf weitere Menschenrechtler freigesprochen.

Unter großer internationaler Aufmerksamkeit war der Prozess gegen Steudtner und zehn weitere Menschenrechtler zuvor fortgesetzt worden. Das Verfahren fand ohne Steudtner statt, der zum Prozessauftakt im Oktober 2017 nach vier Monaten Untersuchungshaft ausreisen konnte.

Steudtner und den anderen Angeklagten, darunter Vertreter der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, wurde Unterstützung beziehungsweise Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vorgeworfen. Amnesty hatte am Freitag in einer gemeinsamen Presseerklärung mit weiteren Menschenrechtsorganisationen vor dem Istanbuler Gericht den Freispruch aller Angeklagten gefordert.

"Türkische Justiz hat große Chance verpasst"

Über die Urteile zeigte Steudtner sich bestürzt. "Die türkische Justiz hat eine große Chance verpasst, in Sachen Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte etwas zu bewegen", sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Zudem äußerte Steudtner Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit. Die Verurteilungen machten deutlich, "dass Menschenrechtsarbeit in der Türkei nicht geschätzt, sondern gezielt verfolgt wird". Der Aktivist will trotz seines Freispruchs erst einmal nicht in die Türkei einreisen. Dies könne sich aber ändern, sobald sich die Menschenrechtslage dort bessere, sagte er.

Angst hätte Steudtner vor dem Urteil nicht gehabt, "aber ein großes Unwohlsein", aus Sorge um seine Kollegen in der Türkei. "Leider haben sich die Sorgen bestätigt", so Steudtner. "Sicherlich spielte der internationale Druck eine Rolle bei den Freisprüchen", sagte er in Bezug auf seine Staatsbürgerschaft.

"Politische Strategie"

Der Istanbuler Staatsanwalt hatte im November Freispruch für Steudtner, seinen schwedischen Kollegen Gharavi und für drei weitere Angeklagte gefordert. Für sechs Angeklagte hatte er eine Verurteilung gefordert.

Steudtner, Gharavi und acht türkische Menschenrechtler waren Anfang Juli 2017 auf der Insel Büyükada vor der Küste Istanbuls bei einem Workshop, zu dem Steudtner und sein schwedischer Kollege als Referenten geladen waren, festgenommen worden. Kilic, dessen Fall später der Anklageschrift hinzugefügt wurde, saß mehr als ein Jahr im westtürkischen Izmir in Untersuchungshaft. Der Fall Steudtner sowie die Inhaftierung weiterer Deutscher hatte ab 2017 die türkisch-deutschen Beziehungen schwer belastet.

Amnesty International bewertete das Verfahren als politisch motiviert und kritisierte, dass keinerlei Beweise gegen die elf Angeklagten vorlägen. Auch Steudtner hatte am Dienstag in einem Pressegespräch von einer "politischen Strategie" gesprochen. Mit der Forderung nach einem Freispruch für die ausländischen Vertreter wolle die Türkei internationalen Druck vermeiden. Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestages, Gyde Jensen, (FDP) erklärte: "Ich fordere, dass alle elf Angeklagten freigesprochen werden - nicht nur diejenigen, die als deutsche Staatsbürger mit der Bundesregierung einflussreiche Fürsprecher haben."

kev/mst/dpa

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