Acht Milliarden – Putins Krieg Wer hat noch Einfluss auf Wladimir Putin?
Eine einzelne Frau wagt es, Wladimir Putin in dieser Woche medienwirksam zu kritisieren.
Seit ihrem Protest im russischen Staatsfernsehen wird die russische Journalistin Marina Owsjannikowa wie eine Heldin gefeiert. Aber Ihre weltweit beachtete Aktion wirkt wie eine einsame Blüte des Widerstands in einem Land, dessen Regierung jede Kritik unterdrückt, jede Opposition verbietet und jede Frau, jeden Mann, der etwas gegen das Regime sagt, mit furchtbarsten Strafen belegt. Gleichzeitig fliehen russische Intellektuelle, Wissenschaftler und Künstler zu Tausenden ins Ausland, aus Angst vor Repressalien.
Eine der meistdiskutierten Fragen in dieser dritten Kriegswoche ist, wer überhaupt noch irgendeinen Einfluss auf den russischen Präsidenten ausüben kann. Das Volk, das seit Jahren in einem Polizeistaat lebt? Mitglieder des russischen Sicherheitsrates, des engeren Zirkels russischer Macht? Die Oligarchen, die durch die Sanktionen des Westens Geld verlieren?
Die Politologin Sabine Fischer beschäftigt sich seit Jahren mit dem Machtgefüge in Russlands Führung, und schon lange warnte sie vor Putins Expansionsplänen.
»Es gibt aktuelle Umfrageergebnisse eines eher staatsnahen Umfrageinstituts. Man darf ja auch das Wort Krieg nicht in den Mund nehmen in Russland, deshalb haben sie nach der Unterstützung für Putin gefragt und man sieht, dass seit dem russischen Angriff, seit Ausbruch des Krieges, die Unterstützung für Wladimir Putin tatsächlich gestiegen ist«, berichtet sie, »von etwa 62, 63 Prozent auf jetzt 72 Prozent. Und es ist auch gar nicht so erstaunlich, weil ich denke, in jeder Gesellschaft in so einer Kriegssituation erst mal so eine Konsolidierungsphase einsetzt«.
Der höchst wirkungsvolle Propaganda-Apparat Putins, so Fischer weiter, verstärkt diesen Effekt außerdem. Und auch der innere Kreis der russischen Führung habe an Einfluss auf Putin eingebüßt.
»Der Kreis der Akteure, die überhaupt in seiner Nähe sind und möglicherweise auf ihn Einfluss nehmen können, ist immer kleiner geworden. Das sind vor allen Dingen Leute aus den Sicherheitsstrukturen«, sagt Sabine Fischer, »die Business-Bosse, die auch letztendlich irgendwo in seinem Umfeld sich bewegen, sind da schon politisch wesentlich irrelevanter als diese Geheimdienstleute. Und mittlerweile sagen viele Leute, die da tiefere Einblicke haben: Auch in Moskau hat eigentlich niemand mehr wirklich die Möglichkeit, ihn zu beeinflussen«.
So könnte eine Situation entstehen, die einen momentan kontrollierten Konfliktherd wieder entfesseln könnte. Dann nämlich, wenn sich auch das Verhältnis Putins zu Ramsan Kadyrow verschlechtert, dem Diktator Tschetscheniens von Putins Gnaden.
»Sollte zum Beispiel Putin stürzen, krank werden oder aus anderen Gründen die Macht verlieren, dann kann es durchaus zu einer Situation kommen, in der Ramsan Kadyrow dieses Arrangement mit Moskau gefährdet sieht. Und dann wäre zum Beispiel ein neuer tschetschenische Separatismus denkbar ja, in jedem Fall eine Gewalt-Explosion im Nordkaukasus und das wäre für Russland eine Katastrophe«.
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