Konflikt mit der EU Polens Parlament beschließt Auflösung der Disziplinarkammer am Obersten Gericht

Über dem Haupteingang des Obersten Gerichts in Warschau hing 2018 ein Protestbanner mit der Aufschrift »Konsytucja« (Verfassung)
Foto: Natalie Skrzypczak/ DPADas polnische Parlament hat am Donnerstag die Abschaffung der umstrittenen Disziplinarkammer am Obersten Gerichtshof beschlossen. Das berichteten die Nachrichtenagenturen AFP, Reuters und APA (Österreich). Die Kammer, die Richter sowie Staatsanwälte bestrafen und entlassen konnte, steht im Zentrum des Konflikts um die Justizreformen der nationalkonservativen polnischen Regierung. Die Mitglieder der Kammer wurden vom politisch kontrollierten Landesjustizrat ausgewählt.
Ihre Tätigkeit ist nach Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht mit EU-Regeln zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz vereinbar. Das polnische Verfassungsgericht jedoch hatte entschieden, dass die entsprechenden Anordnungen des EuGH zur Abschaffung der Kammer nicht mit der polnischen Verfassung vereinbar seien.
Die Disziplinarkammer soll nun durch eine »Kammer für berufliche Verantwortung« ersetzt werden.
Überraschend kommt die Entscheidung zu diesem Zeitpunkt nicht. Bereits im vergangenen August hatte Vizepremier Jaroslaw Kaczynski die Auflösung des Gremiums in Aussicht gestellt, im Februar legte Staatspräsident Andrzej Duda einen entsprechenden Gesetzentwurf vor. Und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird kommende Woche in Warschau erwartet.
Der Konflikt zwischen der EU und Warschau über den Abbau des polnischen Rechtsstaats schwelt seit Jahren. Die polnische Regierung hat die Justiz und öffentlich-rechtliche Medien weitgehend unter politische Kontrolle gestellt. Zuletzt hatte sie mehrere EuGH-Urteile missachtet und die Zahlung der deswegen verhängten Bußgelder verweigert.
Allein für die Weigerung, die Disziplinarkammer abzuschaffen, hatte der EuGH eine Strafe von einer Million Euro pro Tag verhängt. Die EU-Kommission hat Polen ihrerseits Fördermittel in dreistelliger Millionenhöhe gekürzt und die Auszahlung von Coronahilfsgeldern blockiert.