Istanbul-Konvention Polen will Abkommen gegen häusliche Gewalt aufkündigen

"Frauenstreik": Frauen und Männer demonstrieren in Warschau gegen die Pläne der Regierung, sich aus der Istanbul-Konvention zurückzuziehen
Foto: WOJTEK RADWANSKI/ AFPDer polnische Justizminister Zbigniew Ziobro will ein internationales Abkommen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt aufkündigen. "Es enthält Elemente ideologischer Natur, die wir für schädlich halten", sagte er bei einer Pressekonferenz.
Die von mehr als 30 Staaten unterzeichnete sogenannte Istanbul-Konvention sieht unter anderem vor, dass Geschlechtergerechtigkeit im Schulunterricht thematisiert und gegen Diskriminierung vorgegangen wird. Er wolle am Montag das Familienministerium auffordern, den Ausstieg aus dem Abkommen vorzubereiten, sagte Ziobro.
Polen hatte die Istanbul-Konvention unter der liberal-konservativen Regierung von Ex-Präsident Bronislaw Maria Komorowski ratifiziert. Nachdem die nationalkonservative Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) 2015 an die Regierung kam, signalisierte sie, dass sie die Konvention aufkündigen wolle. Sechs EU-Länder haben die Konvention nicht ratifiziert, darunter Ungarn und Bulgarien.
Die PiS vertritt konservative Familienwerte. In der Vergangenheit hatte die Regierung etwa versucht, ihre ohnehin restriktiven Abtreibungsgesetze noch zu verschärfen. Die PiS ist der Ansicht, Polen habe eigene Gesetze, die Frauen effektiver schützten.
Die Ankündigung kommt zu einer Zeit, in der häusliche Gewalt in ganz Europa zunimmt: Während des Lockdowns stiegen die Anrufe bei Hilfehotlines laut WHO deutlich an. Experten warnen immer wieder davor, dass vor allem Frauen und Kinder der partnerschaftlichen Gewalt während der Coronakrise hilflos ausgeliefert sind.
Am Freitagabend hatten Tausende in Warschau und anderen polnischen Städten gegen die Pläne der Regierung demonstriert. Einige Demonstrantinnen trugen Plakate mit der Aufschrift "PiS ist die Hölle für Frauen". "Das Ziel ist, häusliche Gewalt zu legalisieren", sagte eine der Organisatorinnen des Protests, Magdalena Lempart.