Vom EuGH verhängtes Zwangsgeld Polens Justizminister will »nicht auch nur einen einzigen Zloty« zahlen

Es geht um Milliarden Euro: Polens Justizminister wehrt sich gegen das von der EU-Justiz verhängte Zwangsgeld. Doch die EU-Kommission sitzt am längeren Hebel.
Polens Justizminister Zbigniew Ziobro

Polens Justizminister Zbigniew Ziobro

Foto: Mateusz Marek / EPA

Polens Justizminister Zbigniew Ziobro lehnt die Zahlung des von der EU-Justiz verhängten Zwangsgeldes strikt ab. »Polen kann und sollte nicht auch nur einen einzigen Zloty zahlen«, sagte der Minister am Donnerstag vor Journalisten. Sein Land dürfe sich zudem »nicht der Gesetzlosigkeit unterwerfen«. Weder dürfe im Fall des Braunkkohle-Tagebaus in Turow noch im Streit um den Umbau des polnischen Justizwesens das Zwangsgeld gezahlt werden.

Am Mittwoch hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) Warschau angewiesen, der EU-Kommission täglich eine Million Euro Zwangsgeld zu zahlen, da Polen die EuGH-Entscheidung zur umstrittenen Disziplinarkammer für Richter nicht umgesetzt hat. Dies sei aber notwendig, um ernsthaften und irreparablen Schaden von den europäischen Werten, vor allem der Rechtsstaatlichkeit in der EU, abzuwenden. Im September war Polen bereits zu täglichen Zahlungen von einer halben Million Euro verurteilt worden, weil es entgegen einer einstweiligen Anordnung den Braunkohleabbau in Turow an der Grenze zu Tschechien nicht stoppte.

Ziobros Ablehnung der Strafzahlungen dürfte in Brüssel indes kaum jemanden beeindrucken. Denn sollte Warschau nichts überweisen, könnte die EU-Kommission Polens Fördermittel entsprechend kürzen. Davon profitiert kein anderes EU-Land auch nur annähernd so sehr wie Polen. Allein 2019 hat das Land rund zwölf Milliarden Euro mehr aus Brüssel erhalten, als es dorthin überwiesen hat – fast zweieinhalb Mal so viel wie Ungarn, der zweitgrößte Nettoempfänger von EU-Geldern.

Die EU-Kommission und Polen streiten seit Langem über die Einhaltung der für EU-Staaten verbindlichen rechtsstaatlichen Grundsätze. Polen wird deren Missachtung vorgeworfen, seit die nationalkonservative Regierung den Umbau des polnischen Justizwesens in die Wege leitete. Der Streit eskalierte weiter, als das polnische Verfassungsgericht Anfang Oktober entschied, dass EU-Recht keinen Vorrang gegenüber nationalem Recht habe.

Von der Leyen möchte Corona-Hilfsfonds auszahlen – aber nur unter drei Bedingungen

In der EU – und auch durch die polnische Opposition – werden vielfach Forderungen erhoben, die Zahlungen an Polen im Zuge des Corona-Hilfsfonds zur Wiederankurbelung der Wirtschaft zurückzuhalten. Dabei geht es um bis zu 57 Milliarden Euro. Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki nennt dies »Erpressung« und spricht davon, dass seiner Regierung »die Pistole auf die Brust« gesetzt werde. Zugleich aber sollen polnische Diplomaten in Brüssel ihrerseits gedroht haben, wichtige EU-Vorhaben wie etwa deren Klimaschutz-Pläne zu torpedieren, sollte das Corona-Geld nicht überwiesen werden.

Am Donnerstag erläuterte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erstmals, welche Bedingungen die EU-Kommission für die Auszahlung des Geldes stellt. Die polnische Regierung müsse dafür die Disziplinarkammer abschaffen und das Disziplinarregime reformieren oder beenden, mit dem Richterinnen und Richter unter Druck gesetzt werden können. Zudem müsse ein Prozess begonnen werden, um bereits entlassene Richter wieder einzustellen.

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»Ich denke, das ist machbar, und ich hoffe, dass wir eine Einigung erzielen werden. Aber die Reform ist eine conditio sine qua non«, sagte von der Leyen auf einer Pressekonferenz.

slü/mbe/AFP/Reuters
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