Vor "Charlie Hebdo"-Prozess Präsident Macron verteidigt Recht auf Blasphemie in Frankreich

Emmanuel Macron (im Mai 2020): Darstellungen durch die Gewissensfreiheit abgedeckt
Foto: Francois Mori / AFPFünf Jahre ist der tödliche Angriff auf die Satirezeitung "Charlie Hebdo" her - nun müssen sich die Verantwortlichen dem Gericht stellen. Vor dem Beginn des Prozesses hat der französische Präsident Emmanuel Macron das Recht auf Blasphemie in seinem Land verteidigt.
Das Recht auf blasphemische Äußerungen und Darstellungen sei in Frankreich durch die Gewissensfreiheit abgedeckt. Das erklärte Macron am Dienstag während eines Besuchs in der libanesischen Hauptstadt Beirut.
Seine Rolle als Präsident sei es, "diese Freiheiten zu schützen", so Macron. Es sei nicht die Aufgabe des französischen Präsidenten, die redaktionellen Entscheidungen eines Journalisten oder einer Redaktion zu beurteilen.
"Charlie Hebdo" will zum Prozessbeginn erneut die Mohammed-Karikaturen veröffentlichen, die heftige Kritik unter Muslimen ausgelöst hatten. "Wir werden niemals ruhen. Wir werden niemals aufgeben", schrieb Reaktionsleiter Laurent Sourisseau alias "Riss" am Dienstag in der Online-Ausgabe.
In dem Prozess müssen sich ab Mittwochvormittag elf Verdächtige vor einem Schwurgericht wegen "Mitgliedschaft in einer Terrorgruppe" verantworten. Drei weitere Männer sind in Abwesenheit angeklagt, sie werden mit internationalem Haftbefehl gesucht.
Brüderpaar war von der Polizei erschossen worden
Die Verdächtigen sollen das islamistische Brüderpaar Chérif und Saïd Kouachi unterstützt haben, das die Redaktionsräume von "Charlie Hebdo" im Januar 2015 gestürmt und zwölf Menschen getötet hatte, darunter einige der bekanntesten Karikaturisten Frankreichs.
Zudem sollen die Angeklagten einen weiteren Islamisten unterstützt haben, der danach eine Polizistin tötete sowie vier Kunden eines von Juden besuchten Supermarkts. Den Angeklagten drohen Freiheitsstrafen bis zu lebenslänglich. Die Kouachi-Brüder selbst waren nach einer zweitägigen Verfolgungsjagd durch eine Spezialeinheit der Polizei aufgespürt und getötet worden.
Die Mohammed-Karikaturen sollen auf dem Titelbild der Mittwochsausgabe erscheinen. Zu sehen werden darauf ein Dutzend Karikaturen sein, die 2005 erstmals von der dänischen Tageszeitung "Jyllands-Posten" veröffentlicht und 2006 von "Charlie Hebdo" nachgedruckt worden waren. Weltweit fühlten sich viele Muslime durch die Abdrucke provoziert.
Pakistan protestiert gegen erneute Veröffentlichung der Bilder
Auf der Titelseite der neuen Ausgabe soll auch eine Zeichnung des Propheten gezeigt werden, die von dem "Charlie Hebdo"-Karikaturisten Jean Cabut - bekannt als "Cabu" - stammt. Cabu war unter den Todesopfern des Anschlags.
Die Regierung in Pakistan übte scharfe Kritik an dem erneuten Abdruck der Mohammed-Karikaturen. Pakistan verurteile dies "auf schärfste Weise", hieß es in einer auf Twitter veröffentlichen Erklärung des Außenministeriums. Durch die erneute Veröffentlichung würden "die Gefühle von Milliarden von Muslimen" absichtlich verletzt. Dies lasse sich nicht mit der Presse- oder Meinungsfreiheit rechtfertigen.
In Pakistan gibt es strikte Gesetze gegen die Blasphemie. Beleidigungen des Propheten Mohammed können dort mit der Todesstrafe geahndet werden.