Präsidentschaftskandidatenkür So funktionieren die Vorwahlen in den USA
Am 3. November dieses Jahres wird zum 59. Mal der US-Präsident gewählt. Doch wer tritt für die Demokraten gegen Donald Trump an? Diese Frage klärt sich in einem Vorwahl-Marathon.
Es waren die Demokraten, die Anfang der 1970er-Jahre feste Grundregeln für ihre Vorwahlen einführten- 1968 war es am Rande ihres Parteitags in Chicago zu Tumulten gekommen. Die Parteielite hatte Hubert Humphrey nominiert, den ein Teil der Basis ablehnte, weil er ein Befürworter des Vietnam-Kriegs war. Die Folge: Seit der Wahl 1972 erfolgt die Kandidatenkür transparenter und basisdemokratischer - womit nicht alle glücklich sind.
Christian Lammert, Politologe, FU Berlin
„Also wenn man sich das Vorwahl-System anschaut – diese Offenheit, dann ist das ein Nachteil für die Partei-Organisation und die Parteiführung. Weil sie weniger Einfluss hat, welcher Kandidat sich dann durchsetzen kann.” Man sieht das nicht nur bei den Republikanern sondern auch bei den Demokraten, wo Hillary Clinton 2016 große Schwierigkeiten hatte, sich gegen Bernie Sanders durchzusetzen."
Und so laufen die Vorwahlen: An insgesamt 22 Terminen über vier Monate, wird über die Präsidentschaftsbewerber abgestimmt. Gewählt wird getrennt in den einzelnen US-Bundesstaaten, in den Außengebieten und in Washington DC.
Den Anfang macht Iowa – mit gut drei Millionen Einwohnern kein besonders bedeutender Bundesstaat, für die Vorwahlen aber mit Signalwirkung. In Iowa und sechs weiteren Bundesstaaten und Außengebieten kommt bei den Demokraten das sogenannte Caucus-Verfahren zum Einsatz. Die Republikaner wählen dieses Jahr in vier Außengebieten auf diese Weise ihren Kandidaten. Registrierte Wähler einer Partei treffen sich dabei auf mehreren Versammlungen. Vertreter der Kandidaten werben dort um ihre Stimmen. Dann stellen sich die Anwesenden zum Beispiel in Gruppen zusammen - je nachdem, für wen sie sind. Aus dem Vorwahlergebnis leitet sich die Anzahl der Delegierten ab, die im Sommer für ihren Kandidaten auf den nationalen Parteitagen abstimmen.
Christian Lammert, Politologe, FU Berlin
“Ich war 2008 in den USA und habe mir einen solchen Caucus angeschaut bei den Demokraten. Da ist es wirklich der Fall, wenn nicht klar ist: Die Leute mobilisieren die Menschen, sie sollen in bestimmte Ecken gehen. Und dann habe ich erlebt, wie jemand durch die Toiletten ging und fragte: “Sind hier noch Obama-Unterstützer? Wir brauchen euch! Es geht um alles. Das ist wirklich so: Vor Ort wird mobilisiert, um diese Delegierten auszuwählen, die dann ja auf dem Parteitag letztlich die Abstimmung machen.”
Das zweite Wahlverfahren namens Primary wird in deutlich mehr Bundesstaaten angewendet. Hierbei werden die Kandidaten in einer geheimen Abstimmung gewählt - entweder von registrierten Anhängern einer Partei oder – bei den sogenannten “Open Primaries” - sogar über die Parteigrenzen hinweg. Mehr als ein Dutzend Primaries finden am 3. März statt – dem Super Tuesday. Oft ein Tag der Vorentscheidung.
Christian Lammert, Politologe, FU Berlin
„Das kann man nachweisen: Je länger der Wahlkampf dauert, desto negativer wird er auch. Weil die Leute natürlich immer härtere Bandagen einsetzen, um sich durchzusetzen. Deswegen haben beide Parteien eigentlich ein Interesse daran, möglichst schnell einen Kandidaten zu finden. Und deswegen hat man dann irgendwann versucht, diesen Super Tuesday immer weiter nach vorne zu ziehen. Dieses Jahr ist er ziemlich früh.“
Anfang Juni finden die letzten Vorwahlen statt. Gut einen Monat später entscheiden die Demokraten auf ihrem Parteitag über ihren Präsidentschaftskandidaten. Die Delegierten setzen sich entsprechend der Ergebnisse bei den Vorwahlen zusammen. Steht nach einem Wahlgang kein Sieger fest, dürfen bei den Demokraten sogenannte Superdelegierte mitwählen, die nicht an die Ergebnisse der Vorwahlen gebunden sind. Die Republikaner verzichten auf einen parteiinternen Wettstreit.
Christian Lammert, Politologe, FU Berlin
“Dieser Amtsbonus ist einer der Hauptfaktoren, der erklären kann, warum jemand wiedergewählt wird. Und das würde natürlich konterkariert werden, wenn man jetzt versuchen würde, schon Gegenkandidaten im Vorwahlkampf zu präsentieren, Weil das ist immer das Schwierige – und damit werden auch die Demokraten zu kämpfen haben: Jetzt kritisiert man sich gegenseitig und produziert dafür Fernsehspots für den Hauptwahlkampf der anderen Seite.”
Donald Trump konnte 2016 übrigens gleich die zweite Vorwahl in New Hampshire für sich entscheiden – es war der Beginn seines Siegeszuges.