In vielen russischen Städten demonstrieren Menschen für die Freilassung des Kremlkritikers Alexej Nawalny – auch in Moskau, wo die Polizei derzeit versucht, den Protest unter Kontrolle zu bringen. Bereits im Vorfeld hatten die russischen Behörden vor einer Teilnahme an den Protesten gewarnt – offenbar ohne Erfolg.
Christina Hebel, SPIEGEL-Korrespondentin
»Die Menschen hier wollen nicht weichen. Sie wollen wieder auf die Straße gehen. Es gab hier sehr viele repressive Maßnahmen im Vorfeld der Demonstrationen: Festnahmen, Besuch von Polizisten, Razzien. All das hat die Menschen nicht abgeschreckt, heute auch auf die Straße zu gehen. Ich erlebe das hier als Solidaritätsaktion. Die Menschen helfen sich gegenseitig, waren sich vor der OMON-Sonderpolizei, ziehen durch die Hinterhöfe, um einen Weg weiter vorwärts zu finden.«
Ursprünglich war in Moskau eine Kundgebung für Nawalny vor dem Hauptquartier des FSB geplant – also des Geheimdienstes, der Nawalny mutmaßlich im August in Sibierien vergiftet hat. Nachdem die Polizei das FSB-Gebäude abgeriegelt hatte, verlegte das Team von Nawalny den Protest kurzerhand.
Christina Hebel, SPIEGEL-Korrespondentin
»Mich erinnert das hier heute in Moskau ein bisschen an Minsk, an die Proteste dort gegen Lukaschenko. Die Leute ziehen hier durch die Stadt von Metro-Station zu Metro-Station. Das Ziel ist jetzt das Gefängnis Matrosenstille, in dem Nawalny eingesperrt ist und die Menschen koordinieren sich dieses Mal hier, und das ist anders zu den Protesten am letzten Wochenende, durch das Internet, wo Nawalnys Mitstreiter immer wieder Updates geben, wo die Menschen hinziehen sollen. Hier sind die Menschen hinter mir gerade über eine Verkehrsstraße gegangen und haben das auch geschafft. Die Schätzungen sind schwierig, wie viele Leute dieses Mal an den Protesten teilnehmen, aber ich würde sagen, es sind mehrere Tausend und die ziehen nun weiter Richtung Gefängnis.«
Alexej Nawalny war nach dem Mordversuch im August in Berlin behandelt worden. Nach seiner Rückkehr am 17. Januar wurde er festgenommen und inhaftiert, vorerst für 30 Tage.