Die umstrittene Rentenreform wurde verabschiedet, die Reaktion folgte prompt: In zahlreichen französischen Städten brachen am Montagabend erneut heftige Proteste aus. Die Polizei setzte Tränengas ein, so wie hier in Lille.
Emmanuelle Jourdan Chartier, Demonstrantin: »Wie alle anderen bin auch ich sehr enttäuscht und wütend. Der Kampf gegen den außerordentlichen sozialen Rückschritt, den dieses Gesetz darstellt, geht weiter. Wir haben von Anfang an dagegen gekämpft. Die unverhältnismäßige Polizeigewalt gegen die Demonstranten bei den Aktionen der letzten Tage heizt die Wut noch weiter an.«
Vladimir Niedou, Demonstrant und Renter: »Das ist natürlich keine große Überraschung für uns. Aber es wird die Bewegung nur größer machen. Sie ist bei weitem nicht die letzte Waffe, die wir in dieser politischen, sozialen und institutionellen Krise haben.«
In Paris zündeten Demonstranten Müllberge an, die wegen der Streiks tagelang nicht abgeholt wurden. Die Polizei nahm mehr als 140 Personen fest. Mit nur neun Stimmen überstand die Regierung zuvor knapp das Misstrauensvotum im französischen Parlament, an dem die Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron hing. Wäre es erfolgreich gewesen, hätte es seine Regierung zu Fall gebracht - und mit ihr das Gesetz, das das Rentenalter um zwei Jahre auf 64 Jahre anheben soll.
Yael Braun-Pivet, Präsident französische Nationalversammlung: »Hier sind die Ergebnisse der Abstimmung. Die erforderliche Mehrheit für das Misstrauensvotum, die absolute Mehrheit dieser Versammlung, liegt bei 287. Für die Annahme des Antrags: 278. Da die erforderliche Mehrheit nicht erreicht wurde, ist das Misstrauensvotum nicht angenommen.«
Die Opposition verließ nach dem Ergebnis den Saal, Linke wie Rechtspopulisten forderten den Rücktritt der Premierministerin Elisabeth Borne. Die Gewerkschaften riefen direkt am Montagabend dazu auf, die Proteste zu verstärken, bis die Reform zurückgenommen werde. Die Linken wollen noch versuchen, die Reform mit einem Referendum zu verhindern. Am Mittwoch will Macron eine Ansprache halten, am Donnerstag sind weitere Streiks und Massendemonstrationen gegen die Reform geplant.