Ehemaliger Uno-Botschafter Heusgen Putin strebt »Wiederherstellung eines russischen Reiches an«

Angesichts des Truppenaufmarsches an der Grenze zur Ukraine gibt es Befürchtungen, Russland könnte das Nachbarland angreifen. Angela Merkels langjähriger Berater Christoph Heusgen rät dem Westen zu einer harten Haltung.
Christoph Heusgen war viele Jahre außen- und sicherheitspolitischer Berater Angela Merkels

Christoph Heusgen war viele Jahre außen- und sicherheitspolitischer Berater Angela Merkels

Foto: Luiz Rampelotto / dpa

Der designierte neue Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, bescheinigt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin »Expansionsgelüste« und rät dem Westen zu einer harten Haltung im Ukrainekonflikt. Putin sehe die USA und Europa durch die Regierungswechsel und wegen des unrühmlichen Endes des Afghanistaneinsatzes als geschwächt an und suche nach einem Anlass, in die Ukraine einzumarschieren, sagte der frühere deutsche Botschafter bei den Vereinten Nationen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland .

In diesem Fall müssten Sanktionen auch die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland umfassen sowie den Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem Swift, sagte Heusgen. »Eine weiche Reaktion würde Putin als Schwäche interpretieren und seine Expansionsgelüste nur stimulieren.«

Heusgen, langjähriger außen- und sicherheitspolitischer Berater Angela Merkels, sagte weiter: »Putin lebt in seiner eigenen, nostalgischen Welt, in der internationales Recht kein Maßstab ist.« Er verkläre die Sowjetunion und sogar das Stalin-Regime. »Er strebt eine Wiederherstellung eines russischen Reiches an, das an die Sowjetunion erinnert.« Putins Behauptung, die Nato habe versprochen, sich nach dem Zerfall des Warschauer Paktes nicht nach Osten auszudehnen, sei »reine Propaganda« und entbehre jeder Grundlage. »Putin weiß das alles genau.«

Angesichts der Spannungen zwischen Russland und der Nato hatte das Verteidigungsministerium in Moskau erst am Montag westliche Militärattachés vor der Gefahr eines bewaffneten Konflikts gewarnt. »In der letzten Zeit ist die Allianz zu einer Praxis direkter Provokationen übergegangen, die ein hohes Risiko darstellen, sich zu einer bewaffneten Konfrontation auszuweiten«, sagte der stellvertretende Verteidigungsminister Alexander Fomin.

Seit Wochen lösen im Westen vor allem Erkenntnisse Sorgen aus, wonach Russland in Gebieten unweit der Ukraine Zehntausende Soldaten zusammengezogen hat. Putin hatte vergangene Woche aber seine Bereitschaft bekundet, die Spannungen diplomatisch zu lösen. Für Januar sind Gespräche mit den USA angesetzt.

Moskau fordert ein Ende der Nato-Osterweiterung, durch die es sich bedroht sieht. Zudem will Russland erreichen, dass die Ukraine kein Nato-Mitglied wird.

Vertreter der USA und Russlands wollen am 10. Januar über den Ukrainekonflikt sowie über Atomwaffenkontrolle beraten. Zwei Tage später sind Treffen zwischen Vertretern Russlands und der Nato geplant, am 13. Januar sollen Beratungen zwischen Russland und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) folgen.

svs/dpa
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