Reaktionen auf Mladić-Urteil »Es ist Zeit, die Wahrheit zu akzeptieren«

Der finale Schuldspruch für Ratko Mladić wurde international begrüßt – doch in Bosnien-Herzegowina gab es auch andere Reaktionen.
Eine Muslima aus Bosnien nach der Verkündung des letztinstanzlichen Urteils

Eine Muslima aus Bosnien nach der Verkündung des letztinstanzlichen Urteils

Foto: DADO RUVIC / REUTERS

Fast 26 Jahre nach dem Völkermord von Srebrenica bestätigte das Uno-Kriegsverbrechertribunal die lebenslange Haftstrafe für den serbischen Ex-General Ratko Mladić. Seine Schuld an den Gräueltaten im Bosnienkrieg sei zweifelsfrei erwiesen, urteilten die Richter in Den Haag. Sie folgten damit dem Urteil der ersten Instanz von 2017. Der finale Schuldspruch wurde international begrüßt – in Bosnien-Herzegowina führte er hingegen zu geteilten Reaktionen.

Chefankläger Serge Brammertz begrüßte das Urteil und mahnte in Richtung Mladić' Anhänger: »Es ist Zeit, die Wahrheit zu akzeptieren.« Mladić sei einer der »berüchtigtsten Kriegsverbrecher der modernen Geschichte«, »endlich« gebe es Gerechtigkeit, schrieb er in einer Erklärung . Mladić habe seine militärische Führungsrolle genutzt, um unschuldige Zivilisten töten, foltern und vergewaltigen zu lassen. »Sein Name sollte in die Liste der verdorbensten und barbarischsten Personen der Geschichte aufgenommen werden«, schrieb Brammertz.

US-Präsident Joe Biden sprach von einem »historischen Urteil«. »Es stärkt auch unsere gemeinsame Entschlossenheit, künftige Gräueltaten überall auf der Welt zu verhindern.« EU-Ratspräsident Charles Michel sprach von einem wichtigen Schritt für Gerechtigkeit für die Opfer.

Der führende bosnische Serbenpolitiker Milorad Dodik behauptete dagegen, das Urteil habe »nichts mit Recht und Gerechtigkeit« zu tun. Der Völkermord in Srebrenica sei ein »Mythos«, der »nicht stattgefunden« habe. Mladić seien die ihm zur Last gelegten Verbrechen »nicht nachgewiesen« worden. Ohne seine Führung und seinen Geist hätte das serbische Volk noch mehr gelitten. Dodik ist der alles bestimmende Politiker im serbischen Landesteil Bosniens und serbisches Mitglied des bosnischen Staatspräsidiums.

Applaus und Tränen

Angehörige der Opfer und nichtserbische Politiker begrüßten das Urteil hingegen. Im Rathaus von Sarajevo wurde die Urteilsverkündung für die Öffentlichkeit live übertragen. Als das Urteil gesprochen wurde, applaudierte das Publikum, wie das Nachrichtenportal »ba.n1info.com«  berichtete.

Im Gedenkzentrum von Potočari bei Srebrenica fand ebenfalls eine öffentliche Übertragung des Urteils statt. Unter den Teilnehmern waren vor allem Angehörige jener Menschen, die beim Massaker von Srebrenica im Juli 1995 von den Mladić-Truppen getötet worden waren. Unter anderem wurde der Ex-General für dieses Genozidverbrechen verurteilt. In bedrückender Atmosphäre hörten die Anwesenden der Urteilsverkündung ruhig zu, viele mit Tränen in den Augen, wie das Portal »klix.ba«  schrieb.

Der Vorsitzende der bosniakischen Regierungspartei SDA, Bakir Izetbegović, sagte in Sarajevo: »Dieses Urteil möge dem serbischen Volk dabei helfen, sich von der Last zu befreien, die ihm von denen auferlegt wird, die in seinem Namen Kriegsverbrecher ehren, feiern und ihre Verbrechen leugnen.«

mrc/dpa
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