Sorge um russischen Vater und seine Tochter »Ich habe dich sehr lieb und weiß, dass du an nichts schuld bist«

Der alleinerziehende Alexey Moskaljow, der wegen »Diffamierung der Streitkräfte« zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde, ist weiter auf der Flucht. Nun wurde ein Brief seiner Tochter öffentlich.
Vater Moskaljow ist auf der Flucht – in Russland drohen ihm zwei Jahre Straflager

Vater Moskaljow ist auf der Flucht – in Russland drohen ihm zwei Jahre Straflager

Foto:

AP

Von Alexey Moskaljow fehlt auch 24 Stunden nach dem Urteil jede Spur. Der 54 Jahre alte Mann aus der russischen Kleinstadt Jefremow war in der Nacht zum Dienstag aus dem Hausarrest geflohen. Trotzdem verurteilte ihn ein Gericht am Dienstagnachmittag zu zwei Jahren Straflager wegen wiederholter »Diffamierung« der russischen Streitkräfte. Es wird vermutet, dass Moskaljow sich ins Ausland absetzen will. Die frühere russische Fernsehjournalistin und Kriegsgegnerin Marina Owsjannikowa hatte am Dienstag mitgeteilt, Moskaljow befinde sich »in verlässlichen Händen«. Sie selbst war mithilfe von Aktivisten über die grüne Grenze aus Russland geflüchtet, noch bevor ihr eigener Prozess begann.

Der Fall von Moskaljow bewegt viele Menschen, weil der Vogelzüchter im vergangenen Frühjahr durch eine Zeichnung seiner 13 Jahre alten Tochter Mascha ins Visier der Behörden geraten war . Das Mädchen hatte im Zeichenunterricht in der Schule ein Bild gegen den Krieg in der Ukraine gemalt. »Nein zum Krieg« und »Ruhm der Ukraine«, hatte die Sechstklässlerin auf die Zeichnung geschrieben. Die Schulleiterin schaltete daraufhin die Polizei ein.

Der Anwalt der Familie weiß nicht, wo die Tochter ist

Im Laufe der Ermittlungen wurden auf einem Social-Media-Konto von Moskaljow Äußerungen gegen Russlands Krieg in der Ukraine gefunden. Der Vater wurde zunächst zu einer Geldstrafe verurteilt. Weil er später abermals Äußerungen gegen den Krieg verbreitet haben soll, wurde ein Strafverfahren gegen ihn eröffnet. Seine Tochter, die Moskaljow allein erzieht, wurde Anfang März in ein Kinderheim gebracht und seitdem dort festgehalten.

Wladimir Biljenko, der Anwalt von Moskaljow, zeigt Zeichnungen von Tochter Mascha

Wladimir Biljenko, der Anwalt von Moskaljow, zeigt Zeichnungen von Tochter Mascha

Foto: AP

Niemand wisse derzeit, wo genau das Mädchen sei und ob es ihm gut gehe, sagt Wladimir Biljenko, der Anwalt von Moskaljow, dem SPIEGEL am Mittwoch am Telefon. »Alexey machte sich sehr große Sorgen um seine Tochter«, sagt Biljenko. »Ich wollte sie besuchen, um mich zu vergewissern, dass es ihr gutgeht und um ihn vor dem Urteil wenigstens ein bisschen beruhigen zu können.« Doch die Heimleitung habe ihn nicht zu dem Mädchen gelassen. Als er zum Termin erschienen sei, habe die Direktorin ihm mitgeteilt, dass sich Mascha bei einem kulinarischen Wettbewerb außerhalb aufhalte, berichtet der Anwalt. Man habe ihm lediglich Zeichnungen des Mädchens mitgegeben.

Am Mittwoch tauchte nun unerwartet ein Brief von Mascha an ihren Vater auf. Dmitri Sachwatow, der Anwalt von Marina Owsjannikowa, hatte ihn in seinem Telegram-Kanal veröffentlicht. Moskaljow habe ihn kontaktiert und gebeten, den Brief zu publizieren, teilte Sachwatow mit. Wann genau Mascha die Botschaft verfasst hat, ist allerdings unklar. »Mir geht es gut«, schreibt das Mädchen in dem Brief, »ich habe dich sehr lieb und weiß, dass Du an nichts schuld bist. Ich glaube, dass alles gut werden wird und wir zusammen sein werden.« Sie glaube an ihn, schreibt die Tochter weiter . »Du bist stark, wir sind stark, wir können es schaffen.«

Überraschend setzte sich am Mittwoch auch Söldnerführer Jewgeni Prigoschin für Moskaljow ein. In einem Brief an den zuständigen Staatsanwalt in der Oblast Tula hatte Prigoschin das Urteil gegen den alleinerziehenden Vater als ungerecht bezeichnet. Seine Kämpfer stürben für die Heimat und die Zukunft der Kinder, heißt es in dem Schreiben, das Prigoschins Pressedienst veröffentlichte . Viele Kinder der gefallenen Söldner, die keine Verwandten hätten, kämen in Heime, schrieb Prigoschin. Das sei eine Tragödie für das Land. Moskaljows Anwalt Biljenko sagte dem SPIEGEL, die Unterstützung des Söldnerchefs komme für ihn nicht nur unerwartet, sondern sei auch völlig unerklärlich.

boy
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Playlist
Speichern Sie Audioinhalte in Ihrer Playlist, um sie später zu hören oder offline abzuspielen. Zusätzlich können Sie Ihre Playlist über alle Geräte mit der SPIEGEL-App synchronisieren, auf denen Sie mit Ihrem Konto angemeldet sind.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten