Truppenaufmarsch in der Grenzregion Moskaus EU-Botschafter: Russland bereitet keine Invasion in der Ukraine vor

Russland hat Zehntausende Soldaten unweit der Ukraine zusammengezogen – nach eigenen Angaben aber nicht für einen Einmarsch im Nachbarland. Auch eine deutsche Diplomatin gibt vorsichtig Entwarnung.
Russische Soldaten auf einem Übungsplatz in der Region Rostow, die an die Ukraine grenzt

Russische Soldaten auf einem Übungsplatz in der Region Rostow, die an die Ukraine grenzt

Foto: Sergey Pivovarov / REUTERS

Die starke Präsenz der russischen Streitkräfte in der Grenzregion zur Ukraine sorgt über die Region hinaus für Verunsicherung. Nun bemüht sich Moskau, die Sorgen vor einem russischen Einmarsch in die Ukraine zu zerstreuen. »Ich kann versichern, dass keine russischen Truppen mit den Vorbereitungen für eine Invasion in die Ukraine beschäftigt sind«, sagte Russlands EU-Botschafter, Wladimir Tschischow, der »Welt«.

Er verstehe nicht, warum Europa so besorgt über russische Truppenbewegungen sei, die sich auf Russlands eigenem Territorium abspielten, so Tschischow weiter. »Nicht ein einziger russischer Soldat hat sich jenseits der russischen Grenze bewegt«, betonte er. Russland verfolge zwar eine Politik, die russischsprachige Bevölkerungsgruppen, die in anderen Ländern leben, unterstützt. »Aber Russland hat niemals gesagt, dass wir beabsichtigen, dazu militärische Mittel einzusetzen«, betonte der Topdiplomat.

Erst am Mittwoch hatte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bekräftigt, dass sie »große Sorgen« wegen der russischen Truppenbewegungen an der Grenze zur Ukraine habe. Sie rief Moskau auf, zum Verhandlungstisch zurückzukehren. Die Nato versetzte zuletzt bereits ihre Einheiten in Einsatzbereitschaft, auch eine Truppenverstärkung in den östlichen Ländern des Verteidigungsbündnisses wurde diskutiert.

DER SPIEGEL

Die Spannungen zwischen Russland und dem Westen wegen des Ukraine-Konflikts hatten sich zuletzt deutlich verschärft. Angesichts des massiven russischen Truppenaufmarsches gibt es Befürchtungen, Moskau könnte die Ukraine angreifen. Der Kreml weist dies zurück und wirft der Ukraine und der Nato seinerseits Provokationen vor.

Russlands Präsident Wladimir Putin wirft auch dem Westen eine »eindeutig aggressive Haltung« vor und drohte mit einer »militärisch-technischen« Reaktion. Vergangene Woche hatte Moskau für einen Spannungsabbau gefordert, dass die Nato eine weitere Osterweiterung formell ausschließt und die USA auf die Errichtung von US-Militärstützpunkten in Staaten der ehemaligen sowjetischen Einflusssphäre verzichten. Nato und Washington lehnten dies ab.

Stoltenberg: Russland soll »friedliches und erholsames Weihnachtsfest« gewährleisten

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg signalisierte am Donnerstag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa jedoch Gesprächsbereitschaft. »Wir sind bereit, uns mit Russland im Nato-Russland-Rat zusammenzusetzen und zu reden«, sagte Stoltenberg. Er wolle den Rat im neuen Jahr so schnell wie möglich einberufen.

Mit Blick auf die russischen Truppenbewegungen sprach Stoltenberg von einem »bedeutenden militärischer Aufbau«. »Und es gibt keine Anzeichen dafür, dass dieser Aufmarsch stoppt oder sich verlangsamt«. Es liege an Moskau »ein friedliches und erholsames Weihnachtsfest für uns alle zu gewährleisten, indem es Spannungen abbaut und seine Truppen zurückzieht«, so der Generalsekretär.

Deutsche Botschafterin in Kiew hält Angriff für unwahrscheinlich

Anka Feldhusen, deutsche Botschafterin in der Ukraine, zeigte sich derweil überzeugt, dass die deutlichen Worte europäischer Politiker und eine frühzeitige Koordinierung die richtigen Signale Richtung Moskau gesendet hätten. Sie halte »die Wahrscheinlichkeit eines breiten Angriffs Russlands weiter für niedrig«, schrieb Feldhusen in einer Mail an Bundesbürger, die in der Ukraine leben. »In den vergangenen Wochen konnten wir zudem keinen signifikanten Truppenaufwuchs nahe der russischen Grenze mit der Ukraine feststellen.«

»Wie alle unsere Partner nehme auch ich das russische Vorgehen sehr ernst«, betonte Feldhusen. In dieser Situation müssten »Ruhe und Besonnenheit, aber auch Achtsamkeit« an den Tag gelegt werden.

Äußert sich Putin bei der traditionellen Pressekonferenz?

Weitere Informationen könnte es bei der traditionellen Pressekonferenz Putins zum Jahresende am Donnerstag (ab 10 Uhr deutscher Zeit) geben. Anders als vor einem Jahr, als wegen Corona-Einschränkungen nur handverlesene Reporter zugelassen waren, werden diesmal dem Kreml zufolge wieder bis zu 500 Journalisten aus dem In- und Ausland anwesend sein. Im Januar sind zudem direkte Gespräche zwischen Moskau und den USA sowie der Nato geplant.

fek/AFP/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten