Russischer Angriffskrieg Selenskyj schwört Vergeltung für Saporischschja, USA liefern Waffen für 400 Millionen Dollar

Zehn Menschen werden nach dem Beschuss eines Wohnhauses in Saporischschja vermisst – und Präsident Selenskyj droht Russland. Brasilien will neutral bleiben. Und: neue Hilfen der USA. Die jüngsten Entwicklungen.
Ukrainische Einheiten nahe Bachmut (am 1. März 2023)

Ukrainische Einheiten nahe Bachmut (am 1. März 2023)

Foto: Evgeniy Maloletka / dpa

Das sagt Kiew

Nach dem russischen Raketenangriff auf die Stadt Saporischschja mit mindestens zwei Toten hat Präsident Wolodymyr Selenskyj Vergeltung angekündigt. »Auf den heutigen brutalen russischen Raketenangriff auf Saporischschja werden wir militärisch und rechtlich reagieren«, sagte Selenskyj am Donnerstag in seiner Videoansprache. »Der Besatzer wird unweigerlich unsere Stärke spüren, die Kraft der Gerechtigkeit im wahrsten Sinne des Wortes.«

Bei dem russischen Luftangriff in der Nacht zum Donnerstag war ein mehrstöckiges Wohngebäude in der südukrainischen Stadt von einer Rakete getroffen worden. Zwei Bewohner wurden getötet, acht Menschen wurden verletzt. Zehn Bewohner wurden am Donnerstagabend nach offiziellen Angaben noch vermisst.

Rettungskräfte in Saporischschja (am 2. März 2023)

Rettungskräfte in Saporischschja (am 2. März 2023)

Foto: Kateryna Klochko / dpa

Der ukrainische Verteidigungsminister Olexey Reznikov geht davon aus, dass schon bald Kampfjets aus dem Westen in die Ukraine geliefert werden. »Ich bin mir sicher, dass wir zwei bis drei unterschiedliche Arten von Kampfjets bekommen werden«, sagt er der »Bild« einem Vorabbericht zufolge. Westliche Partner hätte der Ukraine signalisiert, dass sie bereit seien, mit der Ausbildung von Piloten zu beginnen. Sie verstünden, dass Kampfjets der nächste Schritt zur Stärkung des Luftverteidigungssystems seien, so der Minister. Auf die Frage, wann eine Lieferung zu erwarten sei, antwortet Reznikov, er wisse es noch nicht: »Aber ich bin zuversichtlich, dass sie kommen werden.«

Zudem lehnte er Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin kategorisch ab. Präsident Selenskyj habe ganz klar erklärt, »dass wir nicht mit dem derzeitigen Kremlchef verhandeln werden«, sagte Resnikow. Die Ukraine werde nur »über Reparationen, ein internationales Tribunal und die Verantwortung für die Kriegsverbrechen des Kremlpersonals« sprechen.

»Ich bin ein Optimist, ich sehe die Situation auf dem Schlachtfeld, ich sehe die Entwicklung der Unterstützung und ich sehe wirklich, dass es eine Chance gibt, diesen Krieg in diesem Jahr mit unserem Sieg zu beenden«, sagte Minister Reznikov weiter. Es gehe dabei um »die Befreiung aller unserer zeitweilig besetzten Gebiete bis zu unseren international anerkannten Grenzen von 1991«.

Zurückhaltend reagierte er auf von Bundeskanzler Olaf Scholz angesprochene »Sicherheitszusagen« für die Ukraine nach Kriegsende. »Die Ukraine muss echte Sicherheitsgarantien erhalten«, sagte Reznikov. Einen Fall der umkämpften Stadt Bachmut schloss er nicht aus. Damit erringe Russland aber nur »einen kleinen Sieg«.

Internationale Reaktionen

Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva hat auf Twitter nach einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj erklärt, er wolle andere Länder ermutigen, sich an Friedensgesprächen zur Beendigung des Konflikts zu beteiligen. »Ich habe den Wunsch Brasiliens bekräftigt, mit anderen Ländern zu sprechen und sich an jeder Initiative zur Schaffung von Frieden und Dialog zu beteiligen. Krieg kann für niemanden von Interesse sein.« Lula lehnte es ab, der Ukraine Munition aus deutscher Produktion zu liefern, über die Brasilien verfügt. Er bekräftigte zudem, sein Land werde in dem Konflikt neutral bleiben. Russland habe aber mit dem Einmarsch in ein souveränes Land einen Fehler gemacht.

DER SPIEGEL

US-Präsident Joe Biden möchte, dass sowohl Finnland als auch Schweden bald der Nato beitreten, egal in welcher Reihenfolge. »Finnland und Schweden werden großartige Nato-Verbündete sein«, sagt John Kirby, ein Sprecher des nationalen Sicherheitsteams des Weißen Hauses, bei einem Briefing für Reporter, als er gefragt wurde, ob Biden es unterstützen würde, Finnland vor Schweden in die Nato aufzunehmen. Es sei für die USA wichtig, dass beide Länder Nato-Verbündete würden, die Reihenfolge sei dabei »nicht unsere Hauptsorge«. Die beiden Länder haben im vergangenen Jahr aufgrund des russischen Einmarsches in der Ukraine einen Antrag auf Beitritt zum Verteidigungsbündnis gestellt und erklärt, dass sie der Nato gemeinsam beitreten wollen. Ungarn und die Türkei sind die einzigen Nato-Mitglieder, die die Anträge noch nicht ratifiziert haben.

Waffenlieferungen an die Ukraine

Die USA wollen der Ukraine offenbar ein 400 Millionen Dollar schweres Militärhilfspaket zur Verfügung stellen. Dies haben mehrere mit der Angelegenheit vertraute Person aus amerikanischen Regierungskreisen erfahren. Das Hilfspaket soll auch ein wichtiges Thema zwischen US-Präsident Joe Biden und dem Bundeskanzler Olaf Scholz bei ihrem Treffen am Freitag im Weißen Haus sein, so die Insider. Es werde erwartet, dass die Hilfe hauptsächlich gelenkte Mehrfachraketenwerfer (GMLRS) für Himars-Werfer, Munition für Bradley-Schützenpanzer sowie Brückenlegepanzer umfasse. Seit dem Kriegsbeginn vor einem Jahr haben die USA der Ukraine bisher Sicherheitshilfen in Höhe von rund 27,2 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt.

Einen Tag vor dem erwarteten Urteil im Prozess gegen den bekannten belarussischen Menschenrechtsaktivisten Ales Beljazki hat die Uno-Sonderberichterstatterin für Belarus vor einer weiteren Verschlechterung der ohnehin fatalen Menschenrechtslage dort gewarnt. Ihrer Einschätzung nach habe sich die Situation »dramatisch verschlechtert«, sagte Anais Marin am Donnerstag am Rande der Sitzung des Uno-Menschenrechtsrats in Genf. »Es wird immer schlimmer.«

Podcast Cover

Die Expertin soll dem Gremium diesen Monat gemeinsam mit dem Uno-Menschenrechtsbüro einen Bericht über Verstöße im Zusammenhang mit den umstrittenen Präsidentschaftswahlen vor drei Jahren vorlegen. Damals hatten Zehntausende Oppositionsanhänger wochenlang friedlich gegen Machthaber Alexander Lukaschenko protestiert, dem sie massiven Wahlbetrug vorwarfen. Der autoritär regierende Staatschef ließ die Proteste gewaltsam niederschlagen. Tausende Menschen wurden festgenommen oder flohen ins Ausland.

Was heute passiert

  • Die USA wollen ein neues Paket an Militärhilfen für die Ukraine bekannt geben. Der Sprecher des Weißen Hauses nannte vor Reportern keine Details und auch kein Volumen, Eckdaten wurden aber dennoch kolportiert (siehe oben). Es wird erwartet, dass die Hilfe für die Ukraine ein zentrales Gesprächsthema zwischen Präsident Biden und Bundeskanzler Scholz im Weißen Haus sein wird.

jok/dpa/Reuters
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