Russischer Angriffskrieg Selenskyj umreißt russische Verluste in Bachmut – und ehrt getöteten Scharfschützen seiner Armee

Ukrainische Einheiten in Bachmut (am 8. März)
Foto: Aris Messinis / AFPDas sagt Kiew
Bei der Schlacht um die ostukrainische Stadt Bachmut erleidet das russische Militär nach Angaben der Ukraine weiterhin sehr hohe Verluste. In weniger als einer Woche seien mehr als 1100 Russen in der Nähe von Bachmut im Kampf gegen ukrainische Truppen gestorben, sagt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner nächtlichen Videoansprache. Zudem seien 1500 russische Soldaten so schwer verletzt worden, dass sie nicht mehr einsatzfähig seien. Um Bachmut wird seit Monaten heftig gekämpft.
Selenskyj hat zudem einen im russischen Angriffskrieg getöteten Scharfschützen posthum mit dem Titel »Held der Ukraine« geehrt. Der 42-Jährige sei »ein Mann, an den man sich für immer erinnern« werde, sagte Selenskyj in einer am Sonntag in Kiew verbreiteten Videobotschaft. Das Video mit dem unbewaffneten Mann, der nach Äußerung des Spruchs »Ruhm der Ukraine« mit mehreren Schüssen getötet worden war, sorgte international für Entsetzen. Nach ukrainischen Angaben wurde die Identität des Mannes nun durch Analysen endgültig geklärt.
Dem ukrainischen Geheimdienst SBU zufolge handelt es sich bei dem Soldaten um einen mutmaßlich von russischen Soldaten erschossenen Kriegsgefangenen. Ein Video einer mutmaßlichen Erschießung eines Mannes in ukrainischer Uniform durch Russisch sprechende Männer löste auch in Deutschland Bestürzung aus. Der Mann rief demnach vor den Schüssen den Gruß der ukrainischen Armee »Ruhm der Ukraine!«. Die Echtheit des Videos war von unabhängiger Seite zunächst nicht überprüfbar.
Der Scharfschütze starb dem Geheimdienst zufolge am 30. Dezember 2022. Die Leiche sei im Februar übergeben worden. Selenskyj sagte, der Soldat sei ein Mann, »den alle Ukrainer kennen werden«. Er zeichne ihn aus »für seine Tapferkeit, für seinen Glauben an die Ukraine und für sein ›Ruhm der Ukraine‹«.

Wolodymyr Selenskyj
Foto: Antti Aimo-Koivisto / dpaDie Strafmaßnahmen der Ukraine gegen einen mit Russland verbundenen Zweig der orthodoxen Kirche sind nach den Worten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj Teil des Bestrebens, »geistige Unabhängigkeit« zu erlangen. In dieser Woche sei ein weiterer Schritt zur Stärkung der geistigen Unabhängigkeit der Ukraine unternommen worden, sagte Selenskyj in seiner nächtlichen Videoansprache ohne direkten Verweis auf das Vorgehen der ukrainischen Behörden am Freitag.
Die Kirche war am Freitag aufgefordert worden, ihren Sitz im 980 Jahre alten Klosterkomplex Pechersk Lavra bis zum 29. März zu verlassen. Das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kirill, bat daraufhin Papst Franziskus und andere religiöse Führer um Hilfe. Kirill hat den Einmarsch Russlands in die Ukraine nachdrücklich unterstützt. Selenskyj und andere Politiker beschuldigen die alteingesessene Ukrainische Orthodoxe Kirche (UOC), die Ukraine zu untergraben und mit der Regierung in Moskau zu kollaborieren.
Humanitäre Lage
Der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko hat nach eigenen Angaben wegen der massiven russischen Luftangriffe auf die Infrastruktur im Winter die Evakuierung der ukrainischen Hauptstadt in Betracht gezogen. »Wir waren im Januar ziemlich nah dran, die Bevölkerung zur Evakuierung aufzurufen«, sagte Klitschko dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). »Der schlimmste Blackout dauerte 14 Stunden. Da gab es keinen Strom, kein Wasser, keine Heizung.« Glücklicherweise sei das Wetter mild gewesen.
Die Infrastruktur der Stadt mit ihren knapp drei Millionen Einwohnern sei nur durch »sehr viel Kraft und Energie« vor dem Zusammenbruch bewahrt worden, sagte Klitschko dem RND weiter. Die Mitarbeiter der kommunalen Unternehmen hätten rund um die Uhr gearbeitet.
Über das deutsche Luftverteidigungssystem Iris-T sagte Klitschko, das Abwehrsystem habe bei den Luftangriffen auf Kiew »Tausende« Menschenleben gerettet.
Waffenlieferungen an die Ukraine
Die Ukraine ist in Folge des russischen Angriffskriegs innerhalb eines Jahres zu einem der größten Importeure von Rüstungsgütern weltweit geworden. Seit der Unabhängigkeit der ehemaligen Sowjetrepublik 1991 wurden nur wenige schwere Waffen aus dem Ausland eingeführt – vergangenes Jahr stieg die Ukraine durch die Militärhilfen aus den USA und Europa jedoch zum drittgrößten Rüstungsimporteur auf. Das geht aus einem Bericht hervor, den das Friedensforschungsinstitut Sipri aus Stockholm am Montag veröffentlichte. Vor der Ukraine liegen nur Katar und Indien.
Im Zeitraum 2018 bis 2022 steht die Ukraine mit einem Anteil von zwei Prozent am Volumen der globalen Rüstungseinfuhren auf Platz 14. Ihre wichtigsten Lieferanten waren die USA, Polen und Deutschland. Die Lieferungen seien von entscheidender Bedeutung für die Bemühungen gewesen, die russische Offensive zu stoppen, schrieb Sipri. Russland habe sich dagegen fast ausschließlich auf selbst hergestellte Waffen gestützt, aber auch unbemannte Luftfahrzeuge und fliegende Bomben aus Iran besorgt.
Im Zuge des Ukrainekriegs und der stark wahrgenommenen Bedrohung durch Russland stiegen die europäischen Rüstungsimporte im Vergleich der vergangenen beiden Fünfjahreszeiträume dem Bericht zufolge um 47 Prozent – die von europäischen Nato-Staaten gar um 65 Prozent. Weltweit ging das Volumen der Waffenlieferungen zwischen Staaten dagegen um 5,1 Prozent zurück. Die USA bleiben der absolute Branchenprimus, Deutschland einer der fünf größten Lieferanten.
Internationale Reaktionen
Die politische Lage in der Republik Moldau bleibt angespannt. Wie die moldauische Polizei am Sonntag mitteilte, enttarnten Ermittler ein von Russland gesteuertes Netzwerk, dessen Ziel die Destabilisierung des an die Ukraine grenzenden Staates gewesen sei. Nach Razzien am Samstagabend seien 25 Männer befragt und sieben festgenommen worden, erklärte Polizeichef Viorel Cernauteanu. In der Hauptstadt Chisinau demonstrierten am Sonntag erneut Tausende Menschen gegen die prowestliche Regierung des Landes.
Die enttarnte Gruppe bestehe aus Menschen, die »aus Russland mit einer ganz bestimmten Aufgabe« ins Land gekommen seien, sagte Polizeichef Cernauteanu. Einem Beamten sei es gelungen, verdeckt in dem Netzwerk zu ermitteln und zehn Stunden Ton- und Videoaufnahmen zu sammeln. Die Behörden in Moldau hätten gehandelt, nachdem sie über »destabilisierende Aktionen durch russische Geheimdienste« informiert worden seien, die »mittels Demonstrationen« auf moldauischem Staatsgebiet organisiert werden sollten.
Seit Wochen veranstaltet die Partei des aus dem Land geflohenen prorussischen Oligarchen Ilhan Shor Proteste gegen die prowestliche Regierung Moldaus. Am Sonntag versammelten sich bei einer unter anderem von Shor organisierten Demonstration in Chisinau erneut Tausende Menschen vor dem Parlament und versuchten, zum Regierungssitz zu gelangen.
Sicherheitskräfte stoppten die Demonstranten und nahmen 54 Menschen fest. Die Stimmung war nach Berichten von AFP-Journalisten vor Ort angespannt, es kam zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Zahlreiche Protestierende forderten den Rücktritt der proeuropäischen Staatschefin Maia Sandu und riefen Parolen wie »Nieder mit der Diktatur!«
Was heute passiert
Britische Regierung stellt überarbeitete Verteidigungs- und Sicherheitsstrategie vor: Mit Spannung werden Signale für eine Erhöhung des Verteidigungsetats erwartet. Nach Ansicht von Kritikern befindet sich die Armee in marodem Zustand. Großbritannien ist einer der größten Unterstützer der Ukraine im Krieg gegen Russland.