Krieg in Osteuropa Ukraine macht widersprüchliche Angaben zu Explosionen auf der Krim

Rauchwolken nahe dem russischen Militärstützpunkt auf der Krim
Foto: REUTERSGewaltige Explosionen haben am Dienstag eine wichtige russische Luftwaffenbasis auf der 2014 annektierten Halbinsel Krim erschüttert. In sozialen Netzwerken kursierten Videos, die Detonationen und große Rauchwolken direkt in der Nähe von Schwarzmeer-Badestränden zeigten. Sie wurden angeblich bei dem Dorf Nowofjodorowka unweit des Seebades Jewpatorija aufgenommen. Ein Mensch soll bei dem Vorfall getötet und sieben weitere Personen verletzt worden sein.
Die Ursache der Explosionen auf dem russischen Stützpunkt Saki ist bisher unklar. Das ukrainische Verteidigungsministerium teilte mit , es könne nichts zur Ursache sagen. Auch der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak äußerte sich zu dem Thema. Auf die Frage des unabhängigen russischen Fernsehsenders Doschd, ob Kiew die Verantwortung für die Explosionen trage, antwortete er: »Natürlich nicht. Was haben wir damit zu tun?« Zuvor hatte Podoljak erklärt : »Das ist erst der Anfang.« Die Krim habe eine Zukunft als Reiseparadies ohne russische Besatzung vor sich.

Präsident Selenskyj Ende Juli in Kiew
Foto: Ukrainian Presidential Press Office / ZUMA Wire / IMAGOPräsident Wolodymyr Selenskyj versprach seinen Landsleuten derweil erneut eine Befreiung der Krim. »Die Krim ist ukrainisch, und wir werden sie niemals aufgeben«, sagte er in einer Videobotschaft am Dienstag. Mit der Annexion 2014 habe Russland die Krim in einen der gefährlichsten Orte verwandelt. »Die Schwarzmeerregion kann nicht sicher sein, solange die Krim besetzt ist«, sagte Selenskyj. »Dieser russische Krieg gegen die Ukraine, gegen das ganze freie Europa, hat mit der Krim begonnen und muss mit der Krim enden, mit ihrer Befreiung.«
Eine Quelle im russischen Verteidigungsministerium nannte einen Verstoß gegen Brandschutzregeln als wahrscheinlichste Ursache für die Explosionen. »Es gibt keine Anzeichen, Beweise oder gar Fakten, dass die Munition vorsätzlich zur Explosion gebracht wurde.« Flugzeuge wurden den Moskauer Angaben nach nicht beschädigt. Erste, noch nicht verifizierte Videos legten aber nahe, dass auch Kampfflugzeuge zerstört wurden.
Die »New York Times« berichtete , die ukrainische Armee habe den wichtigen russischen Luftwaffenstützpunkt mit einer nicht genannten selbst entwickelten Waffe angegriffen. Die Zeitung beruft sich dabei auf einen namentlich nicht genannten ranghohen ukrainischen Militär. Demnach hätten bei der Attacke auch örtliche Partisanen eine Rolle gespielt, die loyal zur Ukraine stünden.
International wird die Halbinsel mit ihren mehr als zwei Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern weiter als ukrainisches Territorium angesehen. Russland hingegen sieht die Krim als sein Staatsgebiet an und hat mehrfach mit Vergeltung gedroht, falls die Ukraine die Halbinsel angreifen sollte.
Ein massiver Angriff auf russische Militäreinrichtungen auf der Krim wäre für die Ukraine der zweite symbolträchtige Erfolg: Mitte April war der Kreuzer »Moskwa« versenkt worden , das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte.
Ukraine: Russland will besetztes AKW an die Krim anschließen
Am vergangenen Wochenende wurde das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja in der Stadt Enerhodar mehrfach beschossen. Russland und die Ukraine geben sich gegenseitig die Schuld daran. Unabhängig zu überprüfen sind die Vorwürfe bislang nicht. Immerhin: Die Internationale Atombehörde (IAEA) sieht nach dem Beschuss keine unmittelbare Bedrohung der nuklearen Sicherheit. Das teilte IAEA-Chef Rafael Mariano Grossi nun mit . Ukrainische Behörden hätten die IAEA informiert, dass es zwar Schäden gegeben habe, die Strahlungsmessungen aber weiterhin auf normalem Niveau lägen.
Die Regierung in Moskau beantragte am Dienstag ein Treffen des Uno-Sicherheitsrats, bei dem es um den Beschuss des Atomkraftwerks gehen soll. Der Rat soll am Donnerstagnachmittag (New Yorker Zeit) von Grossi über den Zustand des AKW unterrichtet werden.
Das AKW ist seit Anfang März von der russischen Armee besetzt. Und nach Angaben des Präsidenten des ukrainischen AKW-Betreibers Energoatom, Petro Kotin, will Russland es an die Krim anschließen. Die russischen Soldaten an dem Atomkraftwerk würden ein Vorhaben des russischen Atomkonzerns Rosatom umsetzen, das AKW »an das Stromnetz der Krim« anzuschließen, sagte Kotin.
»Dafür müssen zunächst die Stromleitungen des Atomkraftwerks beschädigt werden, die mit dem ukrainischen Energiesystem verbunden sind«, sagte Kotin im ukrainischen Fernsehen weiter. »Zwischen dem 7. und 9. August haben die Russen schon drei Stromleitungen beschädigt. Derzeit läuft das Werk mit einer einzigen Produktionsleitung, was ein äußerst gefährlicher Arbeitsmodus ist.«