Krieg in der Ukraine Mehr Luftangriffe, mehr Sanktionen – das geschah in der Nacht

Ein Feuerwehrmann nach einem Luftangriff in Schytomyr
Foto: STATE EMERGENCY SERVICE OF UKRAINE / via REUTERSDer gewaltige russische Militärkonvoi aus Panzern und anderen Fahrzeugen kommt Kiew immer näher. Die Ukrainer melden derweil mehrere Luftangriffe auf verschiedene Städte, während sie weiter Widerstand leisten. Zudem hat es in der Nacht zwei Reden mit Kritik an Russland und der Bekanntgabe neuer Konsequenzen wegen des Vorgehens in der Ukraine gegeben. Das Wichtigste im Überblick:
Was in den vergangenen Stunden geschah
Aus der ukrainischen Großstadt Schytomyr ist ein Luftangriff gemeldet worden. Vermutlich Marschflugkörper des russischen Typs »Kalibr« hätten zahlreiche Gebäude beschädigt, darunter ein Krankenhaus, meldete die Agentur Unian. Der Berater des Innenministeriums, Anton Geraschtschenko, sprach mit Verweis auf lokale Behörden von vier Toten. Auf Videos, die in sozialen Netzwerken geteilt wurden, waren brennende Häuser und Rettungskräfte zu sehen. Schytomyr liegt rund 140 Kilometer westlich der Hauptstadt Kiew.

Trümmer in der Stadt Schytomyr
Foto: STATE EMERGENCY SERVICE OF UKRAINE / via REUTERSAuch in der Großstadt Charkiw habe es erneut einen Luftangriff gegeben, sagte Geraschtschenko. Die ukrainische Armee berichtete, in der Nacht zu Mittwoch hätten russische Luftlandetruppen die zweitgrößte Stadt der Ukraine angegriffen. »Russische Luftlandetruppen sind in Charkiw gelandet (...) und haben ein örtliches Krankenhaus angegriffen«, erklärte die ukrainische Armee bei Telegram. »Es findet ein Kampf zwischen den Invasoren und den Ukrainern statt.« Die Angaben ließen sich nicht von unabhängiger Seite überprüfen.
Bei Luftangriffen auf die Hafenstadt Mariupol sind nach Angaben von Bürgermeister Wadym Bojtschenko bereits mehr als hundert Bewohner verletzt worden. »Heute sind 128 Menschen in unseren Krankenhäusern. Unsere Ärzte gehen nicht einmal mehr nach Hause«, sagte Bojtschenko der Agentur Unian zufolge.
Belarus schickt derweil weitere Truppen an die Grenze zur Ukraine. Präsident Alexander Lukaschenko sagte bei einer Sitzung des belarussischen Sicherheitsrats der staatlichen Nachrichtenagentur Belta zufolge, dass »fünf taktische Bataillonsgruppen« zusätzlich zum »Schutz« der Grenzregion im Süden entsandt werden sollen. Solche Einheiten bestehen in der Regel aus Hunderten Soldaten mit gepanzerten Fahrzeugen und Artilleriewaffen.
Die Türkei hat den Versuch Russlands abgewiesen, weitere Kriegsschiffe durch die türkischen Meerengen ins Schwarze Meer zu bringen. Moskau habe Anträge auf Durchfahrt für Schiffe gestellt und sie zurückgenommen, nachdem die türkische Seite sie freundlich dazu aufgefordert hätte. Das sagte Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu am Dienstagabend im Interview mit »Habertürk« .
Was Deutschland sagt:
Außenministerin Annalena Baerbock hat am Dienstagabend bei der Dringlichkeitssitzung der Uno-Vollversammlung in New York gesprochen. Dabei rief sie die Staaten der Welt mit einem emotionalen Appell dazu auf, den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine scharf zu verurteilen.

Annalena Baerbock spricht vor den Vertretern der 193 Uno-Mitgliedstaaten
Foto: ANDREA RENAULT / AFPDem russischen Außenminister Sergej Lawrow warf Baerbock vor, Russlands Macht als Ständiges Mitglied im Uno-Sicherheitsrat zu missbrauchen. An ihn gewandt, sagte Baerbock: »Ihre Panzer bringen kein Wasser. Ihre Panzer bringen keine Nahrung für Babys. Ihre Panzer bringen keinen Frieden. Ihre Panzer bringen Tod und Zerstörung.«
Baerbock rief zudem die Vertreterinnen und Vertreter der 192 weiteren Uno-Mitgliedsstaaten in der Vollversammlung auf, eine am Mittwoch anstehende Abstimmung über eine gegen Russland gerichtete Resolution zu unterstützen. Es gehe um nichts weniger als um das Leben und den Tod der ukrainischen Bevölkerung, die Sicherheit Europas und die Charta der Vereinten Nationen. Mehr zu Baerbocks Auftritt vor der Uno können Sie hier nachlesen.
Was die USA sagen:
Der amerikanische Präsident Joe Biden hat seine erste Rede zur Lage der Nation für eine Abrechnung mit Wladimir Putin genutzt. Der russische Präsident habe gedacht, er könne den Westen spalten und die Nato würde nicht reagieren, sagte Biden. Aber: »Putin hat sich geirrt. Wir sind bereit.« Der Kremlherrscher sei inzwischen »isolierter von der Welt als je zuvor«.

Joe Biden bei seiner Rede zur Lage der Nation
Foto: AL DRAGO / AFPDer US-Präsident verteidigte in seiner Rede vor beiden Kammern des US-Kongresses im Kapitol in Washington außerdem die Sanktionen gegen Russland – und kündigte neue an: Die USA werden ihren Luftraum für russische Flugzeuge schließen, sagte Biden. Ab wann das gilt, ist bisher nicht bekannt. Mehr zu Bidens Rede können Sie hier nachlesen.
Unternehmen ziehen Konsequenzen
Wegen Putins Vorgehen in der Ukraine stellen einige Unternehmen ihre Geschäfte in Russland ein:
Der US-Ölkonzern ExxonMobil kündigte an, dass er sich schrittweise aus dem Betrieb eines großen Ölfelds in Russland zurückziehen will.
Auch der italienische Ölkonzern Eni erklärte, dass er aus dem Projekt der Blue-Stream-Gaspipeline zwischen Russland und der Türkei aussteigen wird.
Boeing setzt Wartung und Support für russische Fluggesellschaften aus. Zuvor hatte der Rivale Airbus bereits den Betrieb seines Trainingscampus in Moskau ausgesetzt und sein Büro in Kiew vorübergehend geschlossen.
Apple stoppt vorerst den Verkauf seiner Produkte in Russland. Auch sei der Bezahlservice Apple Pay eingeschränkt worden und die Apps RT und Sputnik nicht mehr verfügbar.
Der US-Autobauer Ford will sich bis auf Weiteres aus Russland zurückziehen. Der Schritt erfolge mit sofortiger Wirkung.
Produkte von Nike können in Russland nunmehr weder über die Website des US-Konzerns noch über seine App gekauft werden.
Botschaften werden geschlossen
Das russische Militär hat angekündigt, Kommunikations- und Geheimdiensteinrichtungen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew zu bombardieren. Infolgedessen haben Belgien und Japan ihre Botschaften geschlossen:
Japan wird stattdessen in der westukrainischen Stadt Lviv nahe der Grenze zu Polen vorübergehend ein Verbindungsbüro betreiben.
Belgien will Unterstützung für Landsleute an der Grenze zu Nachbarländern leisten.