Spannungen zwischen Russland und Armenien Putin könnte bald auch bei einem Verbündeten eine Verhaftung drohen

Frostige Zeiten zwischen zwei Verbündeten: Der armenische Außenminister Ararat Mirzoyan (l.) mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow
Foto: - / dpaArmenien und Russland – das war in den vergangenen Jahren eine tiefe Freundschaft, die Russland mit seiner Unterstützung im Bergkarabachkonflikt pflegte. Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine verschlechtern sich die Beziehungen zwischen Eriwan und Moskau jedoch. Nun erleben sie einen neuen Tiefpunkt.
Armenien erwägt, das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) zu ratifizieren. Das Verfassungsgericht des Landes verkündete in der vergangenen Woche laut Medienberichten wie der Nachrichtenagentur Armenpress , dass es sich im Einklang mit dem armenischen Gesetz befinde. Einer Ratifizierung durch das Parlament stehe demnach nichts mehr im Weg.
Russland reagierte erbost. Die Nachrichtenagentur Ria zitierte bereits am Montag aus dem Außenministerium in Moskau, dass man die Pläne Eriwans für »absolut inakzeptabel« halte. Demnach habe man Armenien vor »ernsten Konsequenzen« gewarnt.
Hintergrund ist ein Haftbefehl des IStGH gegen Kremlchef Wladimir Putin. Putin wird darin vorgeworfen, verantwortlich für Kriegsverbrechen im Ukrainekrieg zu sein. Mitgliedstaaten des IStGH sind dadurch verpflichtet, Putin festzunehmen, wenn der russische Machthaber das jeweilige Staatsgebiet betritt.
Der Kreml hatte die Entscheidung aus Den Haag zwar als sinnlos bezeichnet und erkennt den IStGH und seine Zuständigkeit ohnehin nicht an. Dennoch würde die Welt für Putin durch armenische Ratifizierung des Statuts immer kleiner.
Für Aufregung sorgte zudem ein Interview des Parlamentsabgeordneten Gagik Melkonjan von der Regierungspartei Bürgervertrag. Dem Nachrichtenportal factor.am sagte Melkonjan bezogen auf eine mögliche Verhaftung Putins, das Römische Statut würde ratifiziert: »Es ist besser für Putin, in seinem Land zu bleiben.«
Am Donnerstag legte Moskau offiziell nach. Man erwarte, dass die Situation um einen möglichen Beitritt Eriwans zum IStGH auf »verbündete und für beide Seiten akzeptable Weise gelöst wird«, sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, laut Ria .
Das Thema sei Gegenstand von Diskussionen hochrangiger Kontakte, hieß es. Zuletzt hatten sich die Außenminister der Länder, Armeniens Ararat Mirzoyan und Russlands Sergej Lawrow, am 20. März in Moskau getroffen .
Russland als Schutzmacht
Das krisengeschüttelte Armenien ist stark auf Russland als Schutzmacht angewiesen, gemeinsam sind sie Teil eines Militärbündnisses. Im schwelenden Bergkarabachkonflikt mit Aserbaidschan warf es Russland zuletzt jedoch immer wieder Untätigkeit vor – und sagte deswegen sogar eine gemeinsame Militärübung auf armenischem Boden ab.
Russland hatte einen Waffenstillstand in dem Konflikt vermittelt und 2000 Soldaten zum Schutz der Grenzen und des Korridors in der Region stationiert. Aber die russischen Truppen beobachten nur und verweisen darauf, dass sie kein Mandat besäßen einzugreifen.
Einen Beigeschmack bekommt die Situation für Eriwan dadurch, dass Putin enge Kontakte zum aserbaidschanischen Herrscher Ilham Alijew pflegt. Zwei Tage vor der russischen Invasion in die Ukraine trafen sich beide in Moskau.
Nachdem Eriwan im Januar durch Regierungschef Nikol Paschinjan persönlich die angekündigte Übung mit Russland, Belarus und Kasachstan absagte, hatte es bereits einmal eine öffentliche Stellungnahme aus Moskau zu den Spannungen mit dem Verbündeten gegeben. Kremlsprecher Dmitri Pesko hatte gesagt, dass Armenien nach wie vor ein enger Partner sei, zugleich aber »sehr komplizierte Probleme« eingeräumt.