Nato und Ukrainekonflikt Putin fordert vom Westen sofortige Sicherheitsgarantien

Wladimir Putin bei seiner jährlichen Pressekonferenz in Moskau
Foto: EVGENIA NOVOZHENINA / REUTERSDie Spannungen zwischen Russland und dem Westen sind enorm – nun hat sich der russische Präsident Wladimir Putin bei seiner jährlichen Jahresend-Pressekonferenz zu den Entwicklungen nahe der ukrainischen Grenze geäußert. Dort zieht Russland seit Wochen Tausende Streitkräfte zusammen, viele Beobachter befürchten, dass es sich um Vorbereitungen für eine Invasion der Ukraine handelt.
»Sie müssen uns Garantien geben – jetzt«, sagte der Präsident an den Westen gerichtet. Russland müsse wissen, wie seine Sicherheit gewährleistet werde, so der Kremlchef. Damit wiederholte er Forderungen, die Moskau zuletzt schon an den Westen gestellt hatte. Er hoffe, dass die Krise friedlich bewältigt werden könne. Russlands weitere Aktionen hingen davon ab, ob das Land für sich selbst bedingungslose Sicherheit erreichen könne.
Auf die Frage, ob er garantieren könne, dass Russland nicht die Ukraine überfalle, antwortete Putin, sein Land werde so handeln, wie es seine Sicherheitsinteressen verlangten.
Russland wolle keinen Konflikt, sagte Putin, übte sich aber gleichzeitig in aggressiver Rhetorik und verwies auf eine angebliche Bedrohung aus dem Westen. »Wir haben das Gefühl, dass die Ukraine sich auf eine Militäroperation im Donbass vorbereitet«, sagte er. Die Nato habe Russland mit seinen »Wellen der Erweiterung« seit dem Ende des Kalten Krieges »betrogen«.
Es habe bereits »fünf Erweiterungswellen« gegeben, obwohl zugesichert worden sei, dass das westliche Militärbündnis die russische Sicherheit nicht gefährde. Besonders kritisierte Putin eine mögliche Aufnahme der Ukraine in die Nato. »Eine weitere Nato-Osterweiterung ist nicht zu akzeptieren. Was ist daran nicht zu verstehen?«, sagte Putin. Russland hatte der Nato, den USA und ihren Verbündeten vergangene Woche den Entwurf einer Vereinbarung übergeben. Darin fordert Moskau ein Ende der Nato-Osterweiterung, durch die es sich bedroht sieht. Die USA hatten daraufhin Gespräche angekündigt.
Putin bewertete die Verhandlungsbereitschaft der USA als positiv. »Unsere amerikanischen Partner haben uns gesagt, dass sie bereit sind, diese Diskussion, diese Verhandlungen Anfang kommenden Jahres in Genf zu beginnen.«
Die Themen der Putin-Pressekonferenz im Überblick
Die Pressekonferenz dauert oft mehrere Stunden. Putin sprach auch über andere Themen:
Die Coronalage in Russland: Er hoffe, dass es in Russland im kommenden Jahr eine Herdenimmunität gegen das Coronavirus gebe, sagte Putin. Die kollektive Immunität liege derzeit bei rund 60 Prozent, benötigt werde jedoch eine Quote von rund 80 Prozent. Dieses Niveau solle spätestens nach dem ersten Halbjahr 2022 erreicht sein. Putin appellierte an die Bevölkerung, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen.
Russlands Wirtschaft: Putin sagte, dass Bruttoinlandsprodukt werde in diesem Jahr um 4,5 Prozent wachsen. Die Arbeitslosigkeit könne auf 4,4 Prozent sinken, was ein guter Indikator für die gesamte Wirtschaft sei. Problematisch sei jedoch die Inflation von acht Prozent. »Wir müssen natürlich zu unserem Ziel zurückkommen, vier Prozent«, so der Kremlchef.
Die Vergiftung Alexej Nawalnys: Putin forderte erneut Beweise für den geplanten Mord an dem Kremlgegner. Der Westen habe bisher keinen Beleg für die »angebliche Vergiftung« mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok vorgelegt. »Nichts. Null«, so Putin. Dass es keine Beweise gibt, stimmt allerdings nicht. Mehrere internationale Labore, darunter eines der Bundeswehr, hatten die Vergiftung nachgewiesen. Nawalny hatte Putin persönlich für den Mordanschlag auf ihn verantwortlich gemacht. Der Kreml weist das zurück.
Gestoppte Gaslieferungen nach Deutschland: Europa habe sich die Gasprobleme selbst eingebrockt und sollte diese nun selbst lösen, sagte Putin. Der russische Energiekonzern Gazprom habe seine Lieferverpflichtungen aus langfristigen Gasverträgen erfüllt. Länder wie Deutschland, die langfristige Lieferverträge eingegangen seien, profitierten nun von niedrigeren Preisen und könnten Gas mit Gewinn an Nachbarländer verkaufen. Er vermute, dass ein Teil des an Deutschland gelieferten russischen Gases letztendlich an die Ukraine weiterverkauft werde.
Diplomatischer Boykott der Olympischen Winterspiele in Peking: Putin nannte es einen Fehler, dass diplomatische Vertreter mehrerer Staaten – darunter die USA, Australien und Großbritannien – den Spielen fernbleiben wollen. Dies sei vom Wunsch getrieben, Chinas Entwicklung aufzuhalten.