Trotz Massenprotesten Putin setzt inhaftierten Gouverneur von Chabarowsk ab

Seit Tagen gibt es in der russischen Region Chabarowsk wegen der Verhaftung des Gouverneurs Sergej Furgal Massenproteste. Jetzt hat Präsident Wladimir Putin ihn per Dekret des Amtes enthoben.
Der inhaftierte Gouverneur Furgal nach der Gerichtsverhandlung

Der inhaftierte Gouverneur Furgal nach der Gerichtsverhandlung

Foto: Alexander Zemlianichenko/ dpa

Wladimir Putin zeigt sich von den Protesten Zehntausender Menschen im russischen Chabarowsk unbeeindruckt. Russlands Präsident setzte per Dekret den inhaftierten Gouverneur Sergej Furgal ab. Nun soll der 39 Jahre alte Moskauer Parlamentsabgeordnete Michail Degtjarjow als Interimschef die Region im äußersten Osten des Landes zur Ruhe bringen.

Ermittler in Moskau werfen Furgal vor, den Mord an zwei Unternehmern in seiner Zeit als Geschäftsmann vor rund 15 Jahren in Auftrag gegeben zu haben. In einem dritten Fall soll es beim versuchten Mord geblieben sein. Der Politiker weist die Vorwürfe zurück. Belastet wird er nach Darstellung der Ermittler von bereits inhaftieren Straftätern.

Seit Tagen gibt es Massenproteste wegen Furgals Verhaftung (lesen Sie hier eine Analyse). Viele Demonstranten halten die Vorwürfe für eine Inszenierung - der beliebte, aber vom Kreml nicht steuerbare Politiker solle mundtot gemacht werden.

Demonstranten fordern die Freilassung des Gouverneurs

Demonstranten fordern die Freilassung des Gouverneurs

Foto: Igor Volkov / DPA

Nachfolger Degtjarjow ist wie Furgal von der so bezeichneten Liberaldemokratischen Partei Russlands (LDPR) des Ultranationalisten Wladimir Schirinowski. Die Partei verhält sich dem Kreml loyal gegenüber, hatte aber davor gewarnt, ihr den Gouverneursposten in der Region zu nehmen. Furgal hatte zum Ärger der Regierung in Moskau 2018 die Wahl gegen den Kandidaten der Kremlpartei Geeintes Russland gewonnen.

Seit der Festnahme Furgals vor zwei Wochen setzen sich in der Region Zehntausende Menschen für den Politiker ein. Kommentatoren in Moskau hatten sich gewundert, dass der Kreml diesen größten Menschenansammlungen seit Jahren tatenlos zuschaut. Zudem sind Massenveranstaltungen dort wegen der Corona-Pandemie verboten. In der Hauptstadt enden solche ungenehmigten Proteste in der Regel mit massiven Polizeieinsätzen und Festnahmen.

Der Interimsnachfolger Degtjarjow dankte Putin in einer Videokonferenz für das Vertrauen. "Ich bin bereit, umgehend in die Region Chabarowsk zu fliegen", sagte er. Putin meinte, dass der Abgeordnete jung, aber sehr gut vorbereitet sei für den Posten. Wie die Menschen in Chabarowsk auf den neuen Gouverneur reagieren werden, wird sich erst noch zeigen. Zum Zeitpunkt der Absetzung Furgals und der Bekanntgabe der neuen Personalie in Moskau war es dort schon tiefe Nacht.

als/dpa
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