Normandie-Treffen zu Russlands Drohungen gegen die Ukraine Neun Stunden, null Fortschritt

Frankreichs Präsident Macron drängte im Russlandkonflikt auf Gespräche. Ein Treffen in Berlin blieb aber ohne Ergebnis. Wie kam es dazu – und wie geht es nun weiter?
Ukrainische Soldaten an der Front im Donbass

Ukrainische Soldaten an der Front im Donbass

Foto: Stanislav Kozliuk / epa

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Die Gespräche sollen bald weitergehen, immerhin. Darüber waren sich die Teilnehmer nach gut neunstündigen Verhandlungen einig. Über viel mehr aber auch nicht.

Die jüngste Gesprächsrunde zu Russlands Drohungen gegen die Ukraine endete in der Nacht ohne Fortschritte. In Berlin waren die außenpolitischen Chefberater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und seines russischen Amtskollegen Wladimir Putin mit ihren Kollegen aus Deutschland und Frankreich zusammengekommen, die in diesem sogenannten Normandie-Format vermitteln. Am Ende konnten sie sich nicht einmal auf eine gemeinsame Erklärung einigen.

Die Gespräche seien »langwierig« und »schwierig« gewesen, hieß es aus Verhandlungskreisen. Hat sich der Raum für eine diplomatische Lösung der Krise dadurch verengt? Der Überblick.

Vor welchem Hintergrund fand das Treffen statt?

Die Vertreter der Ukraine, Russlands, Deutschlands und Frankreichs wachen im Rahmen des Normandie-Formats über die Einhaltung des Minsker Abkommens. Dieses trug dazu bei, die heißeste Phase des Kriegs in der Ostukraine 2015 zu beenden. Doch der Prozess steckt seit Längerem fest, weil Russland und die Ukraine entscheidende Punkte der Vereinbarung unterschiedlich interpretieren. Dazu zählt der Status der von prorussischen Separatisten kontrollierten Landesteilen ebenso wie die Frage nach der Kontrolle der Grenze zu Russland. (Mehr dazu lesen Sie hier .)

Die Krise spitzte sich in den vergangenen Monaten durch einen massiven russischen Truppenaufmarsch nahe der ukrainischen Grenze zu. Der französische Präsident Emmanuel Macron, der sich jüngst sowohl mit Putin als auch mit Selenskyj getroffen hatte, drängte deshalb zuletzt auf eine Fortsetzung des Prozesses. Das Minsker Abkommen sei der »einzige Weg« zum Frieden.

Warum gab es in Berlin keine Fortschritte?

Der russische Unterhändler Dmitri Kosak und sein ukrainischer Amtskollege Andrij Jermak kamen sich vor allem in einem Punkt nicht näher, der die Führungen in Moskau und Kiew schon seit Jahren trennt: Russland drängt auf direkte Gespräche zwischen der ukrainischen Regierung und den prorussischen Separatisten im Osten des Landes. Die Führung in Kiew verweigert sie, weil sie die Separatisten nicht anerkennt.

Kosak und Kremlsprecher warfen den Ukrainern deshalb vor, ihre Verpflichtungen aus dem Minsker Abkommen nicht zu erfüllen. Europäische Diplomaten weisen hingegen seit Längerem auf ein anderes Problem der Gespräche hin: Russland versucht, selbst nicht mehr als Konfliktpartei in der Ostukraine eingestuft zu werden, obwohl es die Separatisten dort nachweislich auch militärisch unterstützt.

Bei dem Treffen in Berlin sei es unter anderem um Gesetzestexte gegangen, die die ukrainische Regierung mit den Separatisten im Osten aushandeln solle, berichtet die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Quellen im Élysée-Palast. Außerdem sei über humanitäre Maßnahmen gesprochen worden, insbesondere über die Freilassung von Gefangenen.

Frankreichs Präsident Macron in Kiew: Ist seine Initiative schon gescheitert?

Frankreichs Präsident Macron in Kiew: Ist seine Initiative schon gescheitert?

Foto: Thibault Camus / dpa

Ist Macrons Initiative gescheitert?

Manche Beobachter gehen davon aus. So schreibt Ulrich Speck, Außenpolitik-Experte beim »German Marshall of the United States«: »Es ist klar, dass Moskau nur verhandelt, wenn es auf diplomatischem Weg bekommt, was es von der Ukraine will: entscheidenden Einfluss auf die Politik des Landes, über den Hebel Donbass.« Die Macron-Initiative und das Normandie-Treffen hätten dieses Ergebnis nicht geliefert, weshalb sie an Moskau gescheitert seien.

Deutsch-französische Verhandlungskreise betonten hingegen, dass man einen Durchbruch angesichts der derzeitigen Spannungen zwischen beiden Ländern auch nicht erwartet habe. Dennoch wird man das Ergebnis des Treffens in Berlin als Rückschlag einstufen müssen: Beim vorangegangenen Normandie-Treffen Ende Januar in Paris hatten sich die Gesprächspartner noch auf eine gemeinsame Erklärung  einigen können.

Wie geht es nun weiter?

Die Teilnehmer kündigten an, dass die Gespräche nach der nächsten Sitzung der sogenannten Trilateralen Kontaktgruppe im März fortgesetzt werden sollen. Der Trilateralen Kontaktgruppe gehören Vertreter Russlands, der Ukraine sowie der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit für Europa (OSZE) an. In der Gruppe, die sich alle 14 Tage trifft, kommt es auch zu begrenzten Kontakten zwischen der ukrainischen Regierung und den prorussischen Separatisten.

Dem russischen Verhandlungsführer Kosak zufolge werden die nächsten Gespräche im Rahmen des Normandie-Formats wahrscheinlich mit Offiziellen auf niedrigerem Level fortgeführt.

Am Montag reist Bundeskanzler Olaf Scholz zum Treffen mit Selenskyj nach Kiew und gleich im Anschluss nach Moskau, wo er mit Putin zusammenkommen wird. Es sei wichtig, »eine klare Botschaft zu senden an Russland, dass jede militärische Aggression Konsequenzen haben würde, die sehr hoch wären, auch für Russland«, sagte Scholz im Bundesrat. Details dazu nannte er allerdings erneut nicht.

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