Auszeichnung des Europaparlaments Opposition in Belarus erhält Sacharow-Preis

Das EU-Parlament zeichnet die Opposition in Belarus mit dem Sacharow-Menschenrechtspreis aus. Führende Aktivistinnen wie Swetlana Tichanowskaja wurden stellvertretend für ihren Kampf gegen Machthaber Lukaschenko geehrt.
Belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja Anfang Oktober in Berlin

Belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja Anfang Oktober in Berlin

Foto: Kay Nietfeld / dpa

Der renommierte Sacharow-Preis des Europaparlaments geht in diesem Jahr an die Opposition in Belarus. Das gab der Präsident des Europaparlaments bekannt. In Belarus demonstrieren die Menschen seit mehr als zwei Monaten trotz des gewalttätigen Vorgehens der Behörden gegen Machthaber Alexander Lukaschenko.

Die Auszeichnung richte sich an die demokratische Opposition in Belarus vertreten durch den Koordinierungsrat, politische Aktivistinnen wie Swetlana Tichanowskaja und Persönlichkeiten aus der Zivilgesellschaft wie die politisch engagierte Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch, erklärte das Europaparlament.

Mit dem Sacharow-Preis zeichnet das Europaparlament seit 1988 Menschen oder Organisationen aus, die sich für Menschenrechte und Grundfreiheiten einsetzen. Der Preis ist nach dem verstorbenen russischen Dissidenten und Physiker Andrej Sacharow benannt und mit 50.000 Euro dotiert. Er wird am 16. Dezember im Rahmen einer Zeremonie im Plenarsaal des Parlaments verliehen.

Tichanowskaja hatte überraschend eine Zulassung zur Präsidentenwahl im August erhalten, nachdem Machthaber Lukaschenko ihren Ehemann im Gefängnis hatte einsperren lassen. Sergej Tichanowski erhielt ebenso wenig eine Zulassung zur Wahl wie der zum Start des Wahlkampfs inhaftierte Viktor Babariko. Tichanowskaja hatte trotz Drohungen der Behörden kandidiert.

Großer Zulauf trotz massiver Repressionen

Mit Babarikos Wahlkampfmanagerin Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo, der Ehefrau des politisch engagierten IT-Unternehmers Waleri Zepkalo, schloss sich Tichanowskaja zu einem kämpferischen Trio zusammen. Sie hatten bei ihren Auftritten im Straßenwahlkampf großen Zulauf - trotz massiver Behinderung durch die Behörden.

Die Frauen-Troika mit Tichanowskaja an der Spitze wurde schnell zum Symbol des Widerstands gegen Lukaschenko. Der 66-Jährige ließ sich dann nach 26 Jahren an der Macht zum sechsten Mal in Folge zum Präsidenten ausrufen - mit mehr als 80 Prozent der Stimmen. Doch Tichanowskaja zweifelte das Ergebnis an. Ihre Anhänger erklärten sie zur wahren Siegerin, doch wurde die Mutter zweier Kinder zur Ausreise in das EU-Nachbarland Litauen gezwungen. Dort hatte sie aus Angst um die Familie die Kinder im Wahlkampf in Sicherheit bringen lassen.

Auch Zepkalo ging ins Ausland, über Wochen führte die in Stuttgart ausgebildete Musikerin Kolesnikowa die Massenproteste gegen Lukaschenko an. Nach ihrer Entführung durch den Geheimdienst KGB und der gescheiterten Abschiebung in die Ukraine landete die Oppositionsführerin im Gefängnis - wie viele ihrer Mitstreiter.

Seither ist Tichanowskaja die führende Stimme im Exil gegen Lukaschenko. Sie trifft immer wieder auf internationaler Ebene Staats- und Regierungschefs, unter ihnen Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Die EU erkennt Lukaschenko nicht mehr als Präsidenten an und hat Tichanowskaja und der Demokratiebewegung breite Unterstützung zugesichert. Belarus sieht sie als Gefahr für die nationale Sicherheit und hat die Bürgerrechtlerin deshalb zur Fahndung ausgeschrieben.

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Für den Menschenrechtspreis waren in diesem Jahr neben der Opposition in Belarus die ermordete honduranische Aktivistin Berta Cáceres und weitere Umweltaktivisten sowie der Erzbischof der nordirakischen Stadt Mossul, Nadschib Michail Musa, in der engeren Auswahl.

Im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung an den chinesisch-uigurischen Wirtschaftswissenschaftler und Regierungskritiker Ilham Tohti.

mrc/mes/dpa
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