Saudi-Arabien Intellektueller offenbar wegen Social-Media-Nutzung zum Tode verurteilt

Der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman, nach dem Kashoggi-Mord zurück auf der Weltbühne, herrscht offenbar weiter mit Repressionen gegen Dissidenten. Laut einem Bericht des »Guardian« droht einem Professor die Hinrichtung.
Saudi-arabischer Machthaber bin Salman beim G20-Gipfel auf Bali im vergangenen November

Saudi-arabischer Machthaber bin Salman beim G20-Gipfel auf Bali im vergangenen November

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Leon Neal / PA Wire / dpa

In Saudi-Arabien ist ein bekannter Professor offenbar zum Tode verurteilt worden – unter anderem, weil er einen Twitteraccount besaß. Darüber berichtet der »Guardian«  mit Verweis auf Gerichtsdokumente. Darin heiße es, der 65-jährige Theologe Awad al-Qarni habe auch WhatsApp benutzt, um »feindliche« Nachrichten über das Königreich zu verbreiten.

Al-Qarni wurde im September 2017 festgenommen. Der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman, damals neuer Machthaber im Land, ging hart gegen Regimekritiker vor. Die Nachrichtenagentur Middle East Eye berichtete bereits 2018, dass die Staatsanwaltschaft die Todesstrafe für al-Qarni und weitere Kleriker  fordere.

Laut »Guardian« gilt al-Qarni als angesehener Intellektueller mit einer großen Fangemeinde in den sozialen Netzwerken. Sein Twitteraccount, auf dem er zuletzt im September 2017 veröffentlichte, hat zwei Millionen Follower . In Staatsmedien soll al-Qarni jedoch als gefährlicher Prediger dargestellt worden sein.

Die Gerichtsdokumente hat der »Guardian« dem Bericht zufolge von al-Qarnis Sohn, der im vergangenen Jahr aus Saudi-Arabien geflohen sei und inzwischen in Großbritannien lebe. Demnach habe al-Qarni gestanden, Social Media genutzt zu haben, um seine Meinung zu äußern.

Der »Guardian« zitiert die Menschenrechtsgruppe Reprieve damit, dass der Fall in einen Trend passe. Gelehrten und Akademikern drohten demnach die Todesstrafe, weil sie getwittert und ihre Meinung geäußert hätten. Dabei investieren die Saudi-Araber selbst in soziale Netzwerke wie Twitter oder Facebook. »Wenn es nicht so unheimlich wäre, wäre es lächerlich«, sagte Jeed Basyouni, Regionsleiter von Reprieve, dem »Guardian«.

Fall erinnert an Kashoggi

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hatte bereits nach al-Qarnis Festnahme im Jahr 2017 Repressionen gegen Dissidenten und friedliche Aktivisten in Saudi-Arabien beklagt . Der Journalist Jamal Kashoggi wurde 2018 im saudi-arabischen Generalkonsulat in Istanbul brutal ermordet.

Der amerikanische Geheimdienst macht bin Salman für den Mord verantwortlich. Der Kronprinz bestreitet das.

Der Fall Kashoggi hatte zu Verwerfungen zwischen Saudi-Arabien und dem Westen geführt. Inzwischen ist bin Salman jedoch auf die internationale Bühne zurückgekehrt: Im vergangenen Sommer traf der Kronprinz etwa US-Präsident Joe Biden, Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron.

Bei den Treffen mit bin Salman ging es angesichts der explodierenden Energiepreise wegen des Ukrainekriegs auch um Saudi-Arabien als Energielieferant.

hba
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