Pyrotechnik, Stein- und Flaschenwürfe, Tränengas. In Serbien kam es am zweiten Tag in Folge zu massiven Ausschreitungen bei Corona-Protesten.
Tausende Menschen kamen vor dem Parlament in Belgrad zusammen. Eine Gruppe versuchte, die Linie der Polizisten vor dem Gebäude zu durchbrechen. Dutzende Beamte und Demonstranten wurden verletzt.
Die Menschen protestieren gegen die Corona-Politik der Regierung unter Aleksandar Vucic. Vor den ersten Demonstrationen hatte der Präsident eine erneute Ausgangssperre für das kommende Wochenende angekündigt. Diese werde es nun wohl doch nicht geben müssen. Strenger als zuletzt sollen die Maßnahmen nun allerdings wieder werden.
Ab Mitte März galt in Serbien eine nächtliche Ausgangssperre. Mitte Mai wurde der Ausnahmezustand aufgehoben und auch die Ausgangssperre ausgesetzt. Ab Juni waren selbst Großveranstaltungen wieder möglich, auch Sportevents. Die Lockerungen fielen mitten in den serbischen Wahlkampf. Kritiker werfen Vucic nun vor, er habe die Corona-Beschränkungen mit Blick auf die Parlamentswahlen zu rasch gelockert und so eine zweite Infektionswelle begünstigt. Die Abstimmung gewann Vucic mit seiner Fortschrittspartei am 21. Juni deutlich. Und kurz danach stiegen die Infektionen wieder rasant an.
Vucic bezeichnete die Demonstranten als "Faschisten". Die Opposition wirft ihm einen zunehmend autokratischen Führungsstil vor. Die Parlamentswahl war von den wichtigsten Oppositoinsparteien boykottiert worden.
Das Oppositionsbündnis "Allianz für Serbien", das hinter dem Boykott stand, hatte zu den aktuellen Demonstrationen aufgerufen. Die Proteste verliefen zunächst friedlich. Zu den gewalttätigen Konfrontationen mit der Polizei kam es, nachdem ein Großteil der Demonstranten die Kundgebung bereits verlassen hatte.
Bei den Protesten hielten die Menschen keinen Abstand zueinander. So könnten auch die Demonstrationen selbst zu weiteren Infektionen führen.
Das Gesundheitssystem in Serbien steht vor dem Kollaps. Schon jetzt warnen Behörden, dass die Krankenhäuser voll ausgelastet seien. Aktuell infizieren sich etwa 300 Menschen am Tag. Am Dienstag hatten die Behörden 13 Todesfälle binnen 24 Stunden verzeichnet - so viele wie noch nie seit Beginn der Ausbreitung des Coronavirus in Serbien.
Am Donnerstag entscheidet der Krisenstab, welche Maßnahmen die Pandemie nun wieder eindämmen sollen. Und davon dürfte abhängen, wie es mit den Protesten weitergeht.