Spanien Rechtspopulisten scheitern mit Misstrauensvotum gegen Sánchez

Die spanische Oppositionspartei Vox wollte Premier Sánchez im Parlament stürzen. Doch alle anderen Parteien stimmten gegen den Misstrauensantrag - auch die Konservativen setzten ein unerwartet deutliches Zeichen.
Misstrauensvotum überstanden: Premier Pedro Sánchez im Parlament in Madrid

Misstrauensvotum überstanden: Premier Pedro Sánchez im Parlament in Madrid

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POOL / REUTERS

Die rechtspopulistische spanische Partei Vox ist mit dem Versuch, die linke Regierung mit einem Misstrauensvotum zu stürzen, deutlich gescheitert. Ihr Antrag wurde von allen anderen Fraktionen im Madrider Parlament abgelehnt. 298 der insgesamt 350 Abgeordneten stimmten am Donnerstag gegen die Initiative zur Abwahl des sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez.

Nur die 52 Vertreter der umstrittenen Partei Vox, die von den meisten Medien und Beobachtern als faschistisch eingestuft wird, gaben eine Ja-Stimme ab. Mit einer solch überwältigenden Mehrheit war in Spanien bisher keiner der vorangegangenen Misstrauensanträge zurückgewiesen worden.

Dass die Minderheitsregierung von Sánchez im Amt bleiben würde, stand zwar von vornherein fest. Mit Spannung war aber das Abstimmungsverhalten der konservativen Volkspartei (PP) von Oppositionschef Pablo Casado erwartet worden. Die PP, die die Regierung immer wieder in aller Schärfe kritisiert und deshalb bis zuletzt eine Enthaltung erwogen hatte, distanzierte sich am Ende mit ihrem "No" deutlich von Vox. Und das, obwohl die zweitstärkste Partei im "Congreso de los Diputados" damit nach Medienanalysen im Kampf um das rechte Lager weitere Wähler an die Rechtspopulisten verlieren könnte.

Vox-Chef Santiago Abascal hatte seinen Antrag am Vortag in einer polemischen Rede damit begründet, die "verbrecherische" Regierung Sánchez arbeite mit Mafiaorganisationen und separatistischen Gruppen zusammen und wolle Spanien, die Nation und die Monarchie zerstören.

Sie sei "die schlechteste Regierung der vergangenen 80 Jahre" - und bewertete damit implizit die Diktatur von Francisco Franco (1939-1975) mit ihren geschätzten 100.000 bis 150.000 zum Teil bis heute verschwundenen Opfern als besser. Abascal hatte auch die Politik der Regierung während der Corona-Pandemie kritisiert, die Spanien so hart trifft wie kaum ein anderes Land Westeuropas.

Vox hat einen kometenhaften Aufstieg hinter sich. Die vor knapp sieben Jahren von ehemaligen PP-Mitgliedern gegründete Partei war im April 2019 erstmals ins Parlament eingezogen und bei der Neuwahl im November vorigen Jahres zur drittstärksten Fraktion hinter den Sozialisten und der PP avanciert. Der Aufstieg ist vor allem dem redegewandten Abascal zu verdanken, der nicht nur vehement gegen Separatisten und Migranten wettert, sondern sich auch gegen Abtreibung und gleichgeschlechtliche Ehen einsetzt. Nun wurden Abascal und der erfolgsverwöhnten Vox erstmals die Grenzen aufgezeigt.

PP-Chef Casado zu Abascal: "Wir wollen nicht wie Sie sein"

Unter Casado, seit Mitte 2018 Parteichef, hatte die PP auf die neue Konkurrenz von rechtsaußen bisher mit immer radikaleren Positionen reagiert. Mit wenig Erfolg: 2019 hagelte es die schlechtesten Wahlergebnisse der Parteigeschichte. Nun scheint Casado auf die gemäßigteren Stimmen in der PP gehört zu haben. "Wir wollen nicht wie Sie sein", sagte der 39-Jährige in einer vielbeachteten Rede zu Abascal. Die renommierte Zeitung "El País" und der staatliche Fernsehsender RTVE kamen zum selben Schluss: "Casado bricht mit Vox." Die Rechtspopulisten seien nun "allein auf weiter Flur".

Es war der fünfte Misstrauensantrag in Spanien seit dem Ende der Diktatur. Die beiden ersten blieben in den 1980er-Jahren erfolglos. Der dritte wurde 2017 vom Linksbündnis Unidas Podemos gegen die konservative Minderheitsregierung von Mariano Rajoy eingebracht - und deutlich abgewiesen. Etwa ein Jahr später, Anfang Juni 2018, wurde Rajoy aber doch gestürzt, als Sánchez sich mit seinem konstruktiven Misstrauensvotum durchsetzte.

mes/dpa
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