Bisheriger Regierungschef Ranil Wickremesinghe gewinnt Präsidentenwahl in Sri Lanka

Ranil Wickremesinghe: Das Volk sieht in ihm einen Verbündeten des früheren Präsidenten
Foto: Chamila Karunarathne / EPASri Lanka befindet sich in einer historischen Krise. Nun hat das Land einen neuen Präsidenten. Das Parlament hat den geschäftsführenden Präsidenten Ranil Wickremesinghe zum neuen Staatsoberhaupt gewählt. Der 73-Jährige tritt die Nachfolge von Gotabaya Rajapaksa an, der sich in der vergangenen Woche inmitten von Massenprotesten ins Ausland abgesetzt und seinen Rücktritt erklärt hatte.
Der Rücktritt des bisherigen Präsidenten Rajapaksa wurde vergangenen Freitag rechtskräftig. Noch am selben Tag wurde Regierungschef Wickremesinghe als Übergangspräsident vereidigt. Der neue amtierende Staatschef erklärte kurz nach seiner Vereidigung, er wolle in Sri Lanka für Recht und Ordnung sorgen und sich an die Verfassung halten. Mit der Entscheidung des Parlaments, Wickremesinghe als Staatsoberhaupt zu bestätigen, übernimmt er den Posten nun für die restliche Amtszeit Rajapaksas, dessen Mandat regulär im November 2024 geendet hätte.
Die Rajapaksa-Familie hat Sri Lanka mehr als 15 Jahre lang politisch dominiert. Rajapaksa war vor gut zwei Wochen kurz vor der Erstürmung des Präsidentenpalastes durch Demonstranten aus der Hauptstadt Colombo geflohen. Er setzte sich dann mit seiner Ehefrau in einem Militärflugzeug auf die Malediven ab. Seine Ankunft dort löste allerdings Proteste aus. Rajapaksa reiste daraufhin weiter nach Singapur und erklärte schließlich seinen Rücktritt via Mail.
Neue Proteste angekündigt
Seit Monaten war es in Sri Lanka immer wieder zu Protesten gekommen, die zum Teil von Gewalt begleitet waren. Den 22 Millionen Einwohnern mangelt es an Lebensmitteln, Treibstoff und Medikamenten. Grund ist unter anderem eine starke Abwertung der Landeswährung, wodurch Importe erheblich teurer wurden. Die Demonstranten in Sri Lanka machen Rajapaksa und Wickremesinghe für die schwere Wirtschaftskrise in Sri Lanka verantwortlich. Inzwischen hat Sri Lanka den Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie Russland um Hilfe gebeten.
»Wickremesinghe ist ein im Volk unbeliebter Politiker. Sollte er Präsident werden, dann sollten wir keine Rechenschaft erwarten«, sagte der Verfassungsrechtler Gehan Gunatilleke noch wenige Tage vor der Abstimmung im SPIEGEL-Interview. (Lesen Sie hier ein Interview mit ihm). Die Demonstranten in Sri Lanka sehen in Wickremesinghe einen Verbündeten von Rajapaksa. Sie haben angekündigt, weiter gegen ihn zu protestieren.