»Kein ›business as usual‹« EU-Parlament stoppt Abkommen mit Katar

EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola kündigt Reformen zur Bekämpfung von Korruption an. »Es wird nichts unter den Teppich gekehrt«, sagt sie. Katar-Lobbyisten sollen ausgesperrt werden.
Parlamentspräsidentin Roberta Metsola: »Ich werde dafür sorgen, dass alles getan wird, um sicherzustellen, dass das Parlament nicht zum Verkauf steht«

Parlamentspräsidentin Roberta Metsola: »Ich werde dafür sorgen, dass alles getan wird, um sicherzustellen, dass das Parlament nicht zum Verkauf steht«

Foto: Johanna Geron / REUTERS

Ein mutmaßlicher Korruptionsskandal um die verdächtigte EU-Politikerin Eva Kaili erschüttert das EU-Parlament. Als Konsequenz hat Parlamentspräsidentin Roberta Metsola nun »weitreichende« Reformen angekündigt. Derweil sprach sich das EU-Parlament dafür aus, alle gesetzgeberischen Tätigkeiten zu Katar auszusetzen.

Metsola erklärte, zu den Reformen gehörten ein »Verbot aller inoffizieller Freundschaftsgruppen, eine Überprüfung der Einhaltung unseres Verhaltenskodexes und eine gründliche Überprüfung unserer Beziehungen zu Drittländern«. Zuvor hatte es Beratungen mit den EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel gegeben.

Metsola sagte zudem, »alle Treffen« von Abgeordneten und Mitarbeitern »mit jeglichem Akteur eines Drittstaats« sollten verpflichtend in das EU-Transparenzregister aufgenommen und neue Sanktionen eingeführt werden. »Wo es Schlupflöcher gibt, will ich sie stopfen«, so Metsola. Botschafter und Diplomaten von Drittländern sind bislang von den Regeln ausgenommen.

Visaerleichterung ausgesetzt

Die Abgeordneten in Straßburg stimmten derweil in einer nicht bindenden Absichtserklärung dafür, »alle Arbeiten an Gesetzgebungsdossiers im Zusammenhang mit Katar« auszusetzen, »bis die Vorwürfe entweder bestätigt oder zurückgewiesen werden«.

Der Absichtserklärung zufolge gilt die Aussetzung vor allem für eine Visaerleichterung für Bürger aus Katar, für ein Luftverkehrsabkommen zwischen der EU und dem Golfstaat und für geplante Reisen nach Katar. 541 Abgeordnete stimmten dafür, zwei dagegen und drei enthielten sich. Bereits am Montag hatte Metsola bekannt gegeben, dass geplante Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten über Visaerleichterungen für Bürger aus Katar ausgesetzt seien.

Der zuständige Ausschuss im Parlament sowie die Mitgliedsländer hatten sich grundsätzlich dafür ausgesprochen, dass sich Bürger aus Katar und Kuwait bis zu 90 Tage lang ohne Visum in der EU aufhalten dürfen. Für den Start der Verhandlungen fehlte aber noch die formelle Ankündigung im Plenarsaal, die nun ausgesetzt wurde.

Katar-Lobbyisten sollen ausgesperrt werden

Die Abgeordneten sprachen sich zudem dafür aus, die Zugangsausweise zum Parlament für Lobbyisten, die die Interessen Katars vertreten, zu sperren, »bis die gerichtlichen Ermittlungen einschlägige Informationen und Klarstellungen liefern«. Darüber muss den Parlamentsregeln zufolge abschließend Metsola entscheiden.

Die Absage einer für die kommende Woche geplanten Katar-Reise von Abgeordneten des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten hatte ein EU-Parlamentssprecher bereits am Sonntag bestätigt.

Die belgische Justiz ermittelt seit Monaten wegen mutmaßlicher Korruption, Geldwäsche und Einflussnahme aus dem Ausland im Umfeld des Europaparlaments. Im Raum steht, dass das Golfemirat Katar, das derzeit die Fußballweltmeisterschaft ausrichtet, mit Geld- und Sachgeschenken versucht hat, Entscheidungen zu beeinflussen.

Seit Freitag hat die belgische Justiz sechs Verdächtige festgenommen. Von ihnen sitzen vier in Untersuchungshaft – unter ihnen die Griechin Eva Kaili , die mittlerweile vom Europaparlament als Vizepräsidentin abgesetzt wurde, ihr Freund, der als Assistent eines Abgeordneten im Parlament arbeitet, sowie der ehemalige sozialdemokratische Europaabgeordnete Antonio Panzeri .

»Es braucht Jahre, um Vertrauen aufzubauen«

»Es wird keine Straffreiheit geben. Es wird nichts unter den Teppich gekehrt. Es wird kein ›business as usual‹ geben«, betonte Metsola. Die Vorwürfe seien ein Schlag gegen alles, woran man seit vielen Jahren gearbeitet habe. »Es braucht Jahre, um Vertrauen aufzubauen, und nur einen Moment, um es zu zerstören«, sagte Metsola.

Die Spitzenpolitikerin schloss jedoch nicht aus, dass es in Zukunft zu ähnlichen Skandalen kommen könnte. »Aber ich werde dafür sorgen, dass alles getan wird, um sicherzustellen, dass das Parlament nicht zum Verkauf steht«, sagte sie. Konkret kritisierte sie etwa, dass es zu viele Organisationen gebe, deren Finanzierung unklar und intransparent sei. Dagegen werde man vorgehen.

ptz/AFP/dpa
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