Putsch im Sudan Militärführung setzt mehrere Botschafter ab

Das Militär hat die Macht im Sudan übernommen – mehrere Spitzendiplomaten des Landes sympathisieren aber mit den Kritikern des Regimes. Jetzt wurden sechs von ihnen gefeuert, darunter der Botschafter bei der EU.
Gegen den Protest auf der Straße geht das Militär mit Tränengas vor

Gegen den Protest auf der Straße geht das Militär mit Tränengas vor

Foto: - / AFP

Kurz nach dem Militärputsch im Sudan hat die Armeeführung Berichten zufolge den Botschafter des Landes bei der Europäischen Union und fünf weitere Diplomaten von ihren Aufgaben entbunden. Abgesetzt wurden demnach neben dem Botschafter bei der EU in Brüssel auch jene in den USA, China, Frankreich und Katar sowie der Leiter der sudanesischen Mission in Genf. Das berichteten das sudanesische Staatsfernsehen und der TV-Kanal Al Arabiya in der Nacht zum Donnerstag.

Das Militär hatte am Montag nach wachsender Zuspitzung der politischen Lage die Macht in dem ostafrikanischen Land mit rund 44 Millionen Einwohnern übernommen. General Abdel Fattah al-Burhan verkündete die Entmachtung der zivilen Regierungsmitglieder und verhängte einen Ausnahmezustand.

Entmachteter Regierungschef befindet sich zu Hause

Der entmachtete Regierungschef Abdalla Hamdok ist nach Angaben der Vereinten Nationen wohlauf. Man habe sich in Hamdoks Residenz mit ihm treffen können, teilte die Uno-Mission in Khartum am Mittwochabend auf Twitter mit. An dem Treffen nahmen neben dem Uno-Sondergesandten Volker Perthes die Botschafter Deutschlands, Frankreichs, der EU und der ranghöchste US-Diplomat im Land teil.

Die Botschafter Deutschlands und anderer Länder forderten daraufhin die Wiedereinsetzung des entmachteten Ministerpräsidenten. Man erkenne Abdalla Hamdok weiterhin als Regierungschef an und verlange ein Treffen mit ihm, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der EU-Delegation sowie der Botschaften Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, der USA und anderer Länder am Mittwoch. Zudem wurde die sofortige Freilassung rechtswidrig festgesetzter Minister und Vertreter der Zivilgesellschaft gefordert.

Die Afrikanische Union suspendierte die Mitgliedschaft des Landes, bis die entmachtete Übergangsregierung unter ziviler Führung wiederhergestellt ist. Die Weltbank setzte ihre Zahlungen an den Sudan vorerst aus – ebenso wie die USA, die inzwischen den nicht dringend benötigten Mitarbeitern ihrer Botschaft in Khartum genehmigt haben, das Land zu verlassen.

Der Sudan war fast 30 Jahre lang von Omar al-Baschir regiert worden. Im April 2019 wurde der Langzeitmachthaber dann nach Massenprotesten und einem Militärputsch aus dem Amt getrieben. Daraufhin einigten sich das Militär und die zivile Opposition auf eine gemeinsame Übergangsregierung, die den Weg zu Wahlen ebnen sollte. Es folgten zahlreiche Reformen, wodurch sich das ölreiche, aber verarmte Land aus einer jahrzehntelangen Isolation befreien konnte. Durch den Putsch droht nun der Verlust dieser hart erkämpften Errungenschaften, wogegen breite Teile der Bevölkerung vehement Widerstand leisten.

muk/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten