Waldbrände in Griechenland, Türkei und Italien Südeuropa erlebt weitere Nacht im Feuerschein

Ob auf der griechischen Insel Euböa oder im türkischen Köycegiz: Südeuropa kämpft weiter gegen die Waldbrände. Oft versuchen auch Zivilisten, die Flammen zu stoppen, mit einfachsten Mitteln. Nun kommt internationale Hilfe.
Waldbrand in Griechenland

Waldbrand in Griechenland

Foto: ALEXANDROS AVRAMIDIS / REUTERS

Im Süden Europas ist weiterhin kein Ende der zerstörerischen Waldbrände absehbar. In Griechenland stehen große Teile der Insel Euböa und der Halbinsel Peloponnes in Flammen. In Italien meldeten die Einsatzkräfte am Samstagabend landesweit rund 800 Einsätze wegen Waldbränden; zwei Menschen sollen dort bei Feuern ums Leben gekommen sein. Auch in der Türkei waren sechs Feuer weiterhin außer Kontrolle.

Vielerorts war nachts aus der Ferne der rote Schein des Feuers zu sehen, roch es nach Rauch und regnete Asche. Im Norden von Griechenlands zweitgrößter Insel Euböa kämpften die Menschen mit allen Mitteln die Nacht hindurch gegen die Flammen. Fast 500 Feuerwehrleute und zahllose Bürger waren im Einsatz.

Die Anwohner versuchten, mit Traktoren Schneisen zu schlagen und das Übergreifen der Flammen auf ihre Häuser zu verhindern. In weiten Teilen der Insel ist der Strom ausgefallen und immer mehr Ortschaften werden evakuiert, während sich das Feuer über das dicht mit Pinien bewaldete Eiland frisst.

Der griechische Zivilschutzchef Nikos Chardalias sprach am Abend von zwei großen Feuerfronten auf Euböa und einer extrem schwierigen Situation im ganzen Land. Lediglich im Norden Athens schien sich die Lage zuletzt etwas zu entspannen. Allerdings seien die Einsatzkräfte in höchster Alarmbereitschaft, weil immer wieder neue Brände aufloderten, sagte Chardalias. Neben der Feuerwehr ist dort auch das Militär im Einsatz, um neue Großbrände zu verhindern. Regierungschef Kyriakos Mitsotakis sprach von einem »albtraumhaften« Sommer.

Bisher wurden auf Euböa 39 Ortschaften evakuiert, für weitere Dörfer gab es am Samstagnachmittag entsprechende Anweisungen per Notfall-SMS. Kriegsschiffe der Marine waren vor der Nordküste der Insel in Alarmbereitschaft, sollten weitere Evakuierungen nötig werden.

Auf dem Peloponnes versuchten am Samstagnachmittag mehrere Dutzend Männer, den bereits evakuierten Ort Nemouta zu schützen. Der staatliche Sender ERT zeigte, wie sie - nur mit einem Gartenschlauch ausgerüstet - vor meterhohen Flammenwänden standen. Traktoren fuhren durch dichten Rauch, um Wasser zu liefern. Feuer, die binnen Sekunden mit dem Wind die Richtung wechselten, rasten auf den Ort zu.

Griechische Freiwillige versuchen, Brandherde mit Olivenzweigen zu löschen

Griechische Freiwillige versuchen, Brandherde mit Olivenzweigen zu löschen

Foto: Joseph Galanakis / NurPhoto via Getty Images

Zunehmend erreichen auch Helfer aus dem Ausland Griechenland. Am Samstagabend kamen zwei Hubschrauber samt Besatzung aus Ägypten an. Hilfe wurde auch aus Polen, der Slowakei, Tschechien, Großbritannien, Katar und Kuwait zugesagt. Deutschland will 200 Feuerwehrleute und Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks schicken; am Sonntagmorgen sollen sich unter anderem knapp 60 Helfer aus Nordrhein-Westfalen auf den Weg nach Athen machen.

Der französische Präsident Emmanuel Macron erklärte sich am Samstag solidarisch mit Griechenland. In einem Tweet, den Macron aus dem Urlaub auf griechisch sendete, hieß es: »Frankreich steht zu Griechenland, das stark unter den Feuerkatastrophen leidet.« Nachdem er sich mit dem griechischen Premier Kyriakos Mitsotakis telefonisch verständigt hätte, seien aus Frankreich drei Löschflugzeuge und 80 Rettungskräfte nach Griechenland geschickt worden. «Solidarität als Europäer - immer», schloss Macron.

Tausende Freiwillige in der Türkei

Die Hilfe ist dringend nötig, die Einsatzkräfte und die Bewohner der betroffenen Regionen sind nach über einer Woche Dauereinsatz am Ende ihrer Kräfte. Zunehmend machen sich deshalb Freiwillige aus anderen Landesteilen auf den Weg in die Krisengebiete, etwa in der Türkei. »Über uns sind mindestens 2000 Freiwillige in den betroffenen Gebieten«, sagte ein Sprecher der Katastrophenschutzbehörde Afad. Unzählige andere, die auf eigene Faust in die Brandgebiete reisen, kämen hinzu.

In den Bergen der Gemeinde Köycegiz in der westtürkischen Provinz Mugla brennt es seit Tagen. Drei Dörfer mussten in der Nacht auf Samstag evakuiert werden. Deniz Demirbas aus Yalova in der Nähe von Istanbul ist seit vier Tagen im Wald unterwegs. Über dem Wald schwebt ein Schleier von Qualm, an vielen stellen kokelt es im Unterholz, eine Kilometer weiter entfernt steigt dichter Rauch auf, Löschhubschrauber entleeren fast im Minutentakt ihre Tanks darüber.

Ausgestattet mit einer Wasserspritze befeuchten Demirbas und viele weitere alles im Wald, was qualmt - aber nicht brennt. Von Feuern müssen sich Freiwillige fernhalten, so die Anweisung der Feuerwehr. Andere schneiden mit Kettensägen trockene Äste ab, um die Ausbreitung der Feuers im Falle eines Brandes zu verlangsamen. »Es ist doch unser Wald. Ich hätte ein schlechtes Gewissen, wenn ich jetzt zu Hause säße und nichts tun würde«, sagt Demirbas. Geht ihm und seiner Gruppe das Wasser aus, versuchen sie die qualmende Stellen mit bloßen Händen zu löschen.

Über 100.000 Hektar verbrannt

Landesweit sollen Experten zufolge bisher weit über 100.000 Hektar Land gebrannt haben. Seit Beginn der Brände vergangene Woche wird immer wieder Kritik am Krisenmanagement der Regierung laut. Zu Beginn der Brände standen etwa kaum einsatzfähige Löschflugzeuge zur Verfügung. Mit Hilfe aus dem Ausland sind mittlerweile 20 Flieger und mehr als 50 Hubschrauber gegen das Feuer im Einsatz.

Zahlreiche Nichtregierungsorganisationen (NGOs) unterstützen Helfende und Bewohner dieser Tage. An den Rändern der Straßen, die in die Berge führen, bauen sie Stände mit Essen und Getränken auf.

Die Brände in der Türkei sind vor mehr als zehn Tagen ausgebrochen. Neben Mugla war auch Antalya besonders stark von den Feuern betroffen. Die Behörden haben aber mittlerweile Entwarnung für die Region gegeben, alle Brände in Antalya seien unter Kontrolle.

Auch in Italien ist die Feuerwehr im Dauereinsatz. Mehr als 180 Mal rückte sie Stand Samstagabend allein auf Sizilien wegen Waldbränden aus. Die beliebte Urlaubsinsel war damit am stärksten betroffen. Mehr als 100 Einsätze hatten die Retter zudem in Kalabrien im äußersten Süden Italiens und in Apulien an der Adria. In Kalabrien loderten die Flammen unter anderem in einem Nationalpark. Aus der Region meldete die Feuerwehr auch zwei Todesopfer, die bei den Waldbränden ums Leben kamen.

dab/dpa/AFP
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