Wladimir Maraktajew, Kriegsdienstverweigerer / Student
»Ich weiß nicht mehr ganz genau, wie ich reagiert habe. Aber ich erinnere mich, dass ich mit leerem Blick auf dieses Stück Papier starrte, das ich in meinem Briefkasten fand. Erst war mir nicht klar, was es genau zu bedeuten hatte. Ich las es wieder und wieder. Als mir die Bedeutung schließlich klar wurde, rannte ich in meine Wohnung, nahm ein paar Klamotten mit und rannte so schnell ich konnte davon.«
Der Brief, den Wladimir Maraktajew in der Post fand, enthielt seine Einberufungspapiere für die russischen Armee, er sollte in der Ukraine kämpfen. Der 23-jährige verließ sofort sein Zuhause in der sibirischen Stadt Ulan Ude – und floh über die Grenze in die benachbarte Mongolei. Dann reiste er über die Philippinen weiter nach Südkorea. Seit dem 12. November sitzt der Linguistikstudent nun am Flughafen Seoul fest.
Wladimir Maraktajew, Kriegsdienstverweigerer / Student
»Mein Leben ist wie der ›Murmeltier-Tag‹«. Es gibt nichts Aufregendes zu berichten. Wir warten einfach hier. Es sind schon zwei Monate vergangen, der dritte Monat hat begonnen. Den ganzen Tag tue ich so gut wie nichts.«
Wladimir ist einer von fünf russischen Männern, die auf dem Flughafen festsitzen. Ins Land dürfen sie nicht – der Asylantrag, den sie bei ihrer Ankunft stellten, wurde abgelehnt. Trotzdem ist der Schwebezustand das kleinere Übel im Vergleich zur Rückkehr nach Russland.
Wladimir Maraktajew, Kriegsdienstverweigerer / Student
»Sollte ich zurückkehren, werden sie mich höchstwahrscheinlich an der Grenze festnehmen. Dann übergeben sie mich der Polizei. Die wird mich an das Militär übergeben, an die Einberufungsbehörde, und die wiederum wird mich an die Front schicken.«
In seiner Heimatregion Burjatien fand eine der aggressivsten Mobilisierungskampagnen in Russland statt – auch Freunde wurden eingezogen.
Wladimir Maraktajew, Kriegsdienstverweigerer / Student
»Vor zwei Wochen habe ich erfahren, dass ein Schulfreund im Herbst gestorben ist. Sie wissen nicht einmal, ob seine Leiche überführt wird. Das wünscht man nicht einmal seinem ärgsten Feind.«
Nun allerdings kommt Bewegung in die Sache – die Behörden wollen erneut über den Asylantrag der fünf Männer verhandeln. Der Termin ist für den 31. Januar festgelegt.