Flucht über Meerenge Taiwan prüft Sicherheitsvorkehrungen nach Schlauchboot-Überfahrt

Die Taiwanstraße steht unter massiver militärischer Beobachtung, auch die USA führen in dem Seegebiet Übungen durch (Archivbild)
Foto: Mass Communication Specialist 2nd Class Markus Castaneda / APDie Überfahrt scheint abenteuerlich – und würde die Grenzschützer düpieren: Mit einem Gummiboot, keine drei Meter lang und nur mit einem kleinen Außenbordmotor ausgestattet, will ein Chinese die etwa 100 Seemeilen (rund 180 Kilometer) weite Überfahrt vom Festland auf die Insel Taiwan geschafft haben. Dabei gehört die Meerenge zu den am strengsten überwachten Passagen der Welt.
Der Mann war bereits am Samstag in der Hafenstadt Taichung festgenommen worden. Bei seiner Vernehmung durch die Polizei gab er an, er sei aus China geflüchtet, um in »Freiheit und Demokratie« zu leben. Bei der rund zehnstündigen Schlauchboot-Überfahrt soll der 33-Jährige laut Medienberichten nur 90 Liter Treibstoff und sonst kaum weitere Gegenstände dabeigehabt haben.
Zweifel an Schilderungen des mutmaßlich Geflüchteten
Der Chinese befindet sich nun in einer zweiwöchigen Quarantäne und muss wegen des illegalen Grenzübertritts eine mehrjährigen Gefängnis- oder eine Geldstrafe von umgerechnet mehreren Tausend Dollar fürchten. Die taiwanische Marine rätselt derweil darüber, wie dem Mann die Überfahrt gelingen konnte. Der taiwanische Verteidigungsminister Chiu Kuo-cheng sagte, er werde mit der Küstenwache beraten, um mögliche Versäumnisse bei der Überwachung der Taiwanstraße zu überprüfen.
Wie die BBC berichtet, gibt es aber auch Zweifel an den Darstellungen des mutmaßlichen Republikflüchtlings. Chiang Cheng-kuo, Stabschef der taiwanischen Marine, sagte dem Sender zufolge, der Mann habe nicht genug Treibstoff für die Überfahrt dabeigehabt. Es sei hingegen möglich, dass er von den Radaranlagen an Land und auf den Patrouillebooten unentdeckt geblieben sei, weil sein Schlauchboot so klein sei.

An der engsten Stelle ist die Meerenge zwischen China und der Insel Taiwan keine 200 Kilometer breit
Foto: Gallo Images / Getty ImagesIn dem Seegebiet zwischen dem chinesischen Festland und der Insel Taiwan patrouillieren Militär- und Küstenwache-Einheiten Chinas und Taiwans. China sieht das demokratische, freiheitliche Taiwan als Teil der Volksrepublik an, obwohl es nie dazugehört hat. Wiederholt hat die kommunistische Führung angedroht, das autonome Gebiet zu erobern.
Die USA haben sich der Verteidigungsfähigkeit Taiwans verpflichtet und liefern Waffen dafür. US-Marineschiffe fahren regelmäßig durch die strategisch wichtige Meeresenge. Zuletzt hatte China gegen die Durchfahrt eines US-Zerstörers in der Passage protestiert und den Vorgang als Akt der Einmischung bezeichnet.
Überfahrten nach Taiwan sind selten
Angesichts der engmaschigen Kontrollen kommt es selten vor, dass Menschen aus Festlandchina über den Seeweg nach Taiwan flüchten. In Taiwan gibt es zudem kein Recht auf Asyl. Geflüchtete aus China wurden in der Vergangenheit wieder in ihre Heimat geschickt, auch wenn Dissidenten aus der Volksrepublik gelegentlich in Taiwan geduldet werden. Auch Menschen aus Hongkong, die aus Angst vor politischer Unterdrückung aus der chinesischen Sonderverwaltungszone flüchteten, wurden in Taiwan aufgenommen.
Wie gut die Kontrolle durch China normalerweise funktioniert, zeigt laut dem »Guardian« ein Fall aus dem vergangenen Jahr. Demnach versuchten zwölf Aktivisten aus Hongkong aus der Sonderverwaltungszone zu fliehen, weil sie wegen ihrer Teilnahme an Demokratieprotesten angeklagt werden sollten. Sie wurden gefasst, noch bevor sie die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatten.