»Druck nicht beugen« Taiwans Präsidentin bringt sich gegen China in Stellung

Taiwan hat angekündigt, nach Drohgebärden aus China seine Verteidigung auszubauen. Die Inselrepublik werde sich dem Druck aus Peking nicht beugen, erklärte Präsidentin Tsai Ing-wen.
Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen: Peking biete »weder ein freies und demokratisches Leben noch Souveränität«

Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen: Peking biete »weder ein freies und demokratisches Leben noch Souveränität«

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Daniel Ceng Shou-Yi / picture alliance / ZUMAPRESS.com

Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen hat die Forderung von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping nach »Wiedervereinigung« zurückgewiesen. »Es sollte absolut keinerlei Illusionen geben, dass sich das taiwanische Volk Druck beugen wird«, sagte Tsai Ing-wen in einer Rede zum Nationalfeiertag in Taipeh.

Die Inselrepublik werde ihre Verteidigung ausbauen, um sicherzustellen, dass niemand Taiwan zwingen könne, den Weg zu nehmen, den Peking vorzeichne. Dieser biete »weder ein freies und demokratisches Leben noch Souveränität« für die 23 Millionen Taiwaner. In den vergangenen Wochen waren verstärkt chinesische Militärflieger in Taiwans Identifikationszone zur Luftverteidigung (ADIZ) eingedrungen. Auch am Sonntagmorgen meldeten lokale Medien, dass wieder eine Militärmaschine gesichtet worden sei.

Taiwans Präsidentin reagierte mit ihrer Aussage auch auf einen Aufruf von Chinas Staatschef vom Samstag, sich der kommunistischen Volksrepublik anzuschließen. Peking droht ansonsten mit einer gewaltsamen Eroberung Taiwans, das ein »untrennbarer Teil« der Volksrepublik sei. »Die vollständige Wiedervereinigung unseres Landes wird und kann verwirklicht werden«, bekräftigte Chinas Präsident Xi Jinping. Eine Vereinigung mit »friedlichen Mitteln« diene der Nation am besten. Er warnte aber zugleich, dass eine Abspaltung Taiwans »ein böses Ende« nehmen werde.

Taiwan hoffe auf eine Entspannung in den Beziehungen zu China und werde nicht unbesonnen handeln, versicherte hingegen Präsidentin Tsai Ing-wen. »Wir rufen dazu auf, den Status quo zu bewahren, und wir werden alles tun, um zu verhindern, dass der Status quo einseitig verändert wird.«

Komplizierte Beziehungen

China und Taiwan begehen gerade den 110. Jahrestag der Revolution von 1911. Bei der Revolution wurde die Republik China gegründet, die auf Taiwan bis heute existiert. Auf dem Festland hingegen setzten sich in einem späteren Bürgerkrieg die Kommunisten durch, und die Volksrepublik China wurde ausgerufen. Peking sieht Taiwan als Teil dieser Volksrepublik an.

Taiwans Präsidentin beschrieb die Beziehungen als so kompliziert wie nie zuvor in den vergangenen sieben Jahrzehnten. Damals waren die nationalchinesischen Kuomintang-Truppen nach der Niederlage im Bürgerkrieg gegen die Kommunisten auf die Insel geflüchtet.

Bei der Revolution von 1911 sei eine »demokratische Republik, nicht eine autoritäre Diktatur« gegründet worden, sagte ein Sprecher von Präsidentin Tsai Ing-wen. Unter Hinweis auf Hongkong, das oft als Vorbild für eine Vereinigung genannt wird, warf der Sprecher Peking vor, Versprechen gebrochen zu haben. Der Grundsatz »Ein Land, zwei Systeme« sei nicht machbar. Die Mehrheit der Taiwaner lehne das Modell ab. Sie verteidigten ihren demokratischen und freiheitlichen Lebensstil.

Tsai Ing-wen wird in Peking argwöhnisch betrachtet, da sie Taiwan als ein »bereits unabhängiges« Land bezeichnet, das nicht Teil des »einen Chinas« ist. Sie ist aber bislang davor zurückgeschreckt, die formale Unabhängigkeit der Insel zu erklären. Peking warnt seit Langem, dass dies eine »rote Linie« sei, die eine Invasion auslösen könne.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels wurde Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen als Regierungschefin bezeichnet. Wir haben den Fehler korrigiert.

irb/AFP/dpa
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