Berüchtigte Haftanstalt Brand in Irans größtem Gefängnis für politische Häftlinge ausgebrochen

Im Ewin-Gefängnis in Teheran sitzen inhaftierte Demonstranten. Nun ist dort ein Feuer ausgebrochen, offenbar fielen auch Schüsse. Offiziell werden Konflikte zwischen Inhaftierten als Ursache genannt – doch die Lage ist unübersichtlich.
Teheran, Iran (Symbolbild): Mindestens acht Menschen wurden bei dem Brand verletzt, meldet die Nachrichtenagentur Irna

Teheran, Iran (Symbolbild): Mindestens acht Menschen wurden bei dem Brand verletzt, meldet die Nachrichtenagentur Irna

Foto: Abedin Taherkenareh / EPA

In einem Gefängnis in der iranischen Hauptstadt Teheran ist am Samstag ein Feuer ausgebrochen. Zunächst hatte darüber etwa die Tageszeitung »Shargh« berichtet. Die Brandursache ist demnach noch unklar. In den sozialen Netzwerken ist auch von Schüssen und Explosionen in der Haftanstalt die Rede. Augenzeugen berichteten der Nachrichtenagentur Reuters von Schüssen. Die Brandursache werde untersucht, schreibt »Shargh« auf Twitter .

Die dpa meldete am Abend unter Berufung auf Angaben der Gefängnisleitung, die Feuerwehr habe den Brand inzwischen gelöscht. Demnach war es angeblich zu einer kurzfristigen Meuterei gekommen. »Hooligans und Randalierer« hätten eine Auseinandersetzung mit den Gefängniswärtern begonnen und dann auch das Textillager der Anstalt in Brand gesteckt, hieß es.

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Derweil kursieren auf Twitter Fotos und Videos, die ein brennendes Gebäude zeigen, bei dem es sich um das Ewin-Gefängnis handeln soll. Ein solches Video teilte die ehemalige ARD-Korrespondentin Natalie Amiri auf Twitter. Dazu schreibt sie: »Man hört auf dem Video Schüsse. Vor dem Gefängnis stehen jeden Tag zig Familienangehörige und suchen nach ihren Kindern und Verwandten.«

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Die Situation vor Ort ist noch unübersichtlich. Die Gefängnisleitung teilte der staatlichen Nachrichtenagentur Irna zufolge mit, die Lage in der Haftanstalt sei wieder unter Kontrolle. Ein Zeuge sagte Reuters, es sei Rauch über dem Gefängnis aufgestiegen und Sirenen von Krankenwagen zu hören gewesen. Die Straßen zum Gefängnis seien abgeriegelt worden. Auch Hupkonzerte wurden vernommen, wie die dpa berichtet. Sie gelten als Zeichen der Solidarität mit den Demonstrationen.

Zeugen berichteten Reuters am Samstagabend, dass immer noch Schüsse zu hören seien. Die Familien von Inhaftierten hätten sich vor dem Gebäude versammelt. »Die Menschen in den benachbarten Gebäuden skandieren aus den Fenstern ›Tod Chamenei‹«, sagte ein weiterer Zeuge unter Verweis auf das geistliche Oberhaupt des Iran, Ajatollah Ali Chamenei.

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Teherans Staatsanwalt bestritt einen Zusammenhang mit den anhaltenden systemkritischen Protesten. Er behauptete, es handelte sich bei dem Zwischenfall um einen internen Konflikt im Gefängnis zwischen verurteilten Dieben. Die staatliche Nachrichtenagentur berichtete, mindestens acht Menschen seien verletzt worden, Tote habe es nicht gegeben. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen.

Politische Gefangene inhaftiert

Ein namentlich nicht genannter Regierungsvertreter sagte Irna, Unruhen unter »Schlägern« hätten zu dem Brand geführt.

Im Ewin-Gefängnis im Norden Teherans sitzen nicht nur zahlreiche politische Gefangene, sondern auch Demonstranten, die dort wegen ihrer Teilnahme an den systemkritischen Protesten der vergangenen vier Wochen inhaftiert sind. Auch mehrere Doppelstaatler, unter ihnen Deutsch-Iraner, sind dort wegen angeblicher Spionage in Haft.

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Die USA haben sich besorgt über die Lage geäußert. »Wir verfolgen die Berichte aus dem Ewin-Gefängnis mit großer Dringlichkeit«, schrieb der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, auf Twitter. »Iran trägt die volle Verantwortung für die Sicherheit unserer zu Unrecht inhaftierten Bürger, die unverzüglich freigelassen werden sollten.«

In Iran finden seit fast einem Monat regierungskritische Proteste statt, bei denen mehr als 200 Menschen ums Leben gekommen sein sollen.

Seit dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini letzten Monat demonstrieren landesweit Tausende Menschen gegen den repressiven Kurs der Regierung sowie den Kopftuchzwang. Amini wurde wegen ihres angeblich »unislamischen Outfits« von der Sittenpolizei festgenommen. Was genau mit Amini danach geschah, ist unklar. Die Frau war ins Koma gefallen und am 16. September in einem Krankenhaus gestorben. Laut Berichten in sozialen Medien prügelten Polizisten auf ihren Kopf ein, was die Polizei zurückweist.

svs/ani/Reuters/dpa
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