Modellregion Phuket Thailand öffnet Urlaubsinsel für Geimpfte

Thailands Toptourismusziel Phuket hat einen ehrgeizigen Plan: Am 1. Juli soll hier die Saison für internationale Touristen starten. Wie geht das, trotz steigender Fallzahlen im Land?
Von Maria Stöhr und Karl Vandenhole (Fotos)
Blick auf Phukets Westküste und die Buchten Karon und Kata: Folgt hier bald das Tourismus-Comeback, das sich die thailändische Regierung erhofft?

Blick auf Phukets Westküste und die Buchten Karon und Kata: Folgt hier bald das Tourismus-Comeback, das sich die thailändische Regierung erhofft?

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Karl Vandenhole / DER SPIEGEL

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Der Irrtum über Comebacks besteht darin, anzunehmen, etwas sei nach der Rückkehr so, wie es vorher mal gewesen ist.

Auf Phuket, der Urlaubsinsel im Süden Thailands, wurde in den vergangenen Wochen viel von einem Comeback gesprochen. Zumindest vonseiten der Regierung, als sie das Projekt »Sandbox« vorstellte: Phuket soll Modellregion werden, die Insel für Urlauber wieder zugänglich sein, eineinhalb Jahre nach Beginn der Coronakrise. Das Comeback des internationalen Tourismus, das Comeback der Insel.

Ab dem 1. Juli geht es nun auch wirklich wieder los, ab da dürfen geimpfte Reisende aus dem Ausland ohne Quarantäne auf der Insel Urlaub machen. Ab dem 28. Juni kann man sich registrieren. Eine tolle Nachricht, sagte zum Beispiel ein Provinz-Gouverneur dem SPIEGEL. Endlich könnten dann die Leute in der Region, die alle vom Tourismus abhängig sind, wieder Geld verdienen. Endlich könne das Leben zurückkehren in die Straßen.

Gaeow verdiente ihr Geld vor der Krise mit Streetfood, vor allem Nudelsuppen, die sie auf ihrem Dreirad an Touristen verkaufte. Hier ist sie zu sehen mit ihrem kleinen Sohn Puum.

Gaeow verdiente ihr Geld vor der Krise mit Streetfood, vor allem Nudelsuppen, die sie auf ihrem Dreirad an Touristen verkaufte. Hier ist sie zu sehen mit ihrem kleinen Sohn Puum.

Foto: Karl Vandenhole / DER SPIEGEL

Vor einigen Wochen sah es so aus, als könnte das mitten in der Pandemie tatsächlich gut gehen: Menschen aus dem Ausland auf die Insel locken, ohne Quarantäne, die sich alle nach Strand und Sonne und Surfbrettern sehnen und dem ersten großen Urlaub nach der Krise. Auch die Coronastatistik in dem südostasiatischen Land sprach dafür: Thailand hatte in der Krise die Fallzahlen lange vergleichsweise niedrig halten können . Die Regierung in Bangkok versprach zudem, bis Jahresende 100 Millionen Impfdosen an seine 60 Millionen Einwohner zu verabreichen. Damit hätten viele bis Ende 2021 zweimal geimpft sein können.

Im Frühjahr dieses Jahres aber stiegen die Coronafallzahlen. Medien berichteten im Mai von einer »Covid-Explosion«, aktuell liegen die landesweiten Neuinfektionen bei 3.600 am Tag. Die Impfkampagne läuft schleppender als versprochen: Etwa drei Prozent der Bevölkerung sind vollständig geimpft; viele mit dem Mittel des chinesischen Herstellers Sinovac Biotech – bei dem fraglich ist, wie gut er gegen die Delta-Variante im Land überhaupt schützt. Die thailändische Pharmafirma Siam Bioscience, die dem König gehört und eigentlich den Impfstoff des britisch-schwedischen Herstellers AstraZeneca produzieren soll, hinkt stark im Produktionsplan hinterher.

Kurz vor der Wiedereröffnung glauben auf Phuket daher nur die wenigsten, dass ab kommender Woche alles wieder so wird, wie es auf der Insel einmal war.

Die Rollläden vor vielen Bars und Souvenirläden: heruntergelassen. Die Regale: nicht aufgefüllt. Die Straßen im Ausgehviertel »Soi Bangla«: leer. Viele Ferienhäuser stehen zum Verkauf. Zumindest am Flughafen werden jetzt die Etagen gereinigt. Wer dort ab Juli landet oder abfliegt, wird dennoch weiterhin den Seiteneingang nehmen müssen. Die große Eingangshalle des Airports ist immer noch geschlossen.

Geschäftiges Aufräumen und Vorbereiten vor der Öffnung Phukets? Nicht einmal auf der Ausgehmeile »Soi Bangla« scheinen die Betreiber mit einem großen Ansturm der Touristen zu rechnen

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Foto: Karl Vandenhole / DER SPIEGEL

Der Fotograf Karl Vandenhole war für den SPIEGEL auf Phuket unterwegs. Er traf Menschen, die seit Monaten fast kein Einkommen haben, Livemusiker, Verkäuferinnen, den Chef eines Elefantenparks. Er war in den Ortschaften unterwegs, wo in den Hotels vor der Coronakrise jedes Jahr 15 Millionen Touristen übernachteten.

Er begegnete zum Beispiel Sa San Maw, 29 Jahre, die aus Myanmar stammt und seit zehn Jahren auf Phuket lebt. Normalerweise arbeitet sie in einem Hotel, in der Krise fand sie einen Teilzeitjob als Kellnerin. Der Fotograf sprach mit ihr im lokalen Impfzentrum von Patong, Phuket. Sa San Maw sagt, sie verdiene halb so viel wie vor der Pandemie. »Ich denke, dass sich die Situation erst nächstes Jahr verbessern wird.«

Auch die Masseurin Morakot sprach über ihre Erwartungen von der Öffnung Phukets und der Krisenstrategie der Politiker: »Ich bin von der Regierung enttäuscht und fühle mich alleingelassen«

Auch die Masseurin Morakot sprach über ihre Erwartungen von der Öffnung Phukets und der Krisenstrategie der Politiker: »Ich bin von der Regierung enttäuscht und fühle mich alleingelassen«

Foto: Karl Vandenhole / DER SPIEGEL

Vandenhole traf auch die Streetfood-Verkäuferin Gaeow, 41 Jahre, die wie viele andere nur ihren Vornamen nannte. Sie sagt: »Ich bin skeptisch, was diese Wiederöffnung angeht. Das Virus ist doch noch da. Andererseits hoffe ich, dass wieder Touristen kommen. Lange halte ich es nicht mehr aus. Wenn das noch Jahre so weitergeht, dann weiß ich auch nicht.«

»Die ›Sandbox‹-Idee«, sagt Vandenhole, »ist überhaupt nicht zu Ende gedacht. Die Hürden für Reisende sind zu hoch – Tests, Impfungen, und jeder muss eine App mit GPS-Überwachung aufs Handy laden, sobald er auf Phuket landet. Viele Freizeitaktivitäten und Bars müssen geschlossen bleiben. Und die Einheimischen haben Angst vor einer Infektion.« Das große Tourismus-Comeback, schätzt er, werde erst mal ausbleiben.

Sehen Sie in der Fotogeschichte, wie sich die Insel auf die Touristen vorbereitet – und wie es den Menschen vor Ort damit geht:

Fotostrecke

»Ohne Touristen können wir hier nicht überleben«

Foto: Karl Vandenhole / DER SPIEGEL

Dieser Beitrag gehört zum Projekt Globale Gesellschaft

Unter dem Titel »Globale Gesellschaft« berichten Reporterinnen und Reporter aus Asien, Afrika, Lateinamerika und Europa – über Ungerechtigkeiten in einer globalisierten Welt, gesellschaftspolitische Herausforderungen und nachhaltige Entwicklung. Die Reportagen, Analysen, Fotostrecken, Videos und Podcasts erscheinen in einer eigenen Sektion im Auslandsressort des SPIEGEL. Das Projekt ist langfristig angelegt und wird von der Bill & Melinda Gates Foundation (BMGF) unterstützt.

Ein ausführliches FAQ mit Fragen und Antworten zum Projekt finden Sie hier.

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