
Unfassbare Gewalt in der Krisenregion Tigray Ich hatte bei jedem Interview Tränen in den Augen


Eine Frau mit Kind auf der Flucht aus Tigray
Foto: MOHAMED NURELDIN ABDALLAH / REUTERSEs war eine Reise in eine Region der Angst, voller Geschichten, die uns Frauen in stickigen Zimmern, an versteckten Orten mit leisen, tränenerstickten Stimmen erzählten. Geschichten von Vergewaltigungen, so grausam, dass auch ich keines der Interviews ohne Tränen in den Augen beendete.
Die Frauen erzählten, wie ihnen heiße Eisenstäbe eingeführt wurden, wie ganze Gruppen von Soldaten über sie herfielen. Man wolle ihre Blutlinie reinigen, wurde ihnen gesagt. Eine Frau konnte nicht mehr liegen vor Schmerzen. »Ich brauche Hilfe«, flehte sie uns an. Krankenschwestern erzählten von Familien, die gezwungen wurden zuzusehen, während ihre Töchter vergewaltigt wurden.
Die Uno ging im April von mindestens 22.500 solcher Fälle aus. Es sind monströse Zahlen, hinter denen erschütterndes Leid steht. All diese Menschen können wir seit unserer Abreise nicht mehr erreichen. Denn die äthiopische Regierung hält eine De-facto-Blockade von Tigray aufrecht, und weder Telefon- noch Internetdienste funktionieren.
Nachdem tigrayische Soldaten Zentral- und Osttigray zurückerobert und die eritreischen Truppen sich weitgehend zurückgezogen hatten, gingen die Berichte über Misshandlungen zurück. Dass die Opfer ausreichend behandelt werden, ist unwahrscheinlich. Die medizinische Infrastruktur in Tigray ist zerstört. »Ich weiß nicht, was die Zukunft bringen wird. Ich sehe nur Hunger und Tod«, sagte uns eine der Frauen.