Terrorismus-Vorwürfe in der Türkei Kurdische Politikerin Leyla Güven zu 22 Jahren Haft verurteilt

Sie wurde bekannt, als sie für den inhaftierten PKK-Chef Öcalan in den Hungerstreik trat. Nun muss die kurdische Politikerin Leyla Güven wegen Terrorismus-Vorwürfen ins Gefängnis.
Leyla Güven nach ihrem Hungerstreik 2019

Leyla Güven nach ihrem Hungerstreik 2019

Foto: SERTAC KAYAR/ REUTERS

Ein türkisches Gericht hat die kurdische Politikerin und frühere Parlamentsabgeordnete Leyla Güven wegen Terrorismus-Vorwürfen zu 22 Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Das Gericht in Diyabarkir befand die 56-jährige Politikerin der prokurdischen HDP der Mitgliedschaft in einer Terrororganisation sowie der Verbreitung von Terrorpropaganda schuldig, berichtete die Nachrichtenagentur AFP.

Im Juni hatten die Behörden Güven und zwei weiteren Oppositionspolitikern ihre Abgeordnetenmandate entzogen. Alle drei wurden festgenommen. Die HDP hatte die Festnahmen als »gesetzeswidrigen Schritt« bezeichnet. Anhänger der Opposition sprachen von einem »Putsch im Parlament«.

Güvens Aufenthaltsort ist nicht bekannt

Güven hatte im Jahr 2018 Aufmerksamkeit erregt, als sie in einen Hungerstreik getreten war, um die Freilassung des inhaftierten PKK-Chefs Abdullah Öcalan zu fordern. Öcalan sitzt seit Februar 1999 eine lebenslange Freiheitsstrafe in fast völliger Isolation ab.

Bei der Urteilsverkündung war Güven nicht anwesend. Ihr Aufenthaltsort war zunächst unklar. Das Gericht ordnete Güvens sofortige Verhaftung an.

»Diese Verurteilung ist ein konkretes Beispiel für die Anwendung eines Feindstrafrechts gegen die Kurden«, sagte HDP-Sprecher Ebru Günay. Als Feindstrafrecht wird ein Strafrecht bezeichnet, das bestimmte Gruppen als Feinde der Gesellschaft behandelt.

Die HDP ist die zweitgrößte Oppositionspartei im türkischen Parlament. Sie gerät immer wieder wegen angeblicher Verbindungen zur Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ins Visier der Justiz: Die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan wirft der HDP vor, der verlängerte Arm der PKK zu sein. Die HPD streitet diese Vorwürfe vehement ab. Dutzende HDP-Bürgermeister und andere Parteimitglieder wurden im vergangenen Jahr in Haft genommen. Menschenrechtsorganisationen verurteilten die Festnahmen.

Tausende HDP-Funktionäre im Gefängnis

Die HDP ist die zweitgrößte Oppositionspartei im türkischen Parlament. Präsident Recep Tayyip Erdoğan bekämpft die HDP seit Jahren. Tausende Parteifunktionäre sitzen als angebliche Terrorhelfer im Gefängnis.

Mehr als zwei Drittel der 65 HDP-Bürgermeister wurden laut der Partei seit ihrer Wahl 2019 inzwischen von den türkischen Behörden abgesetzt und durch nicht gewählte Beamte ersetzt. Die Regierung von Erdoğan wirft der Partei vor, der verlängerte Arm der PKK zu sein.

mfh/AFP
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