Tod von Tyre Nichols Polizei in Memphis löst Sondereinheit auf

Die polizeiliche Sondereinheit, die für den Tod des Schwarzen Tyre Nichols verantwortlich gemacht wird, muss ihre Arbeit einstellen. Sie war erst 2021 gegründet worden, um besser gegen Organisierte Kriminalität vorzugehen.
Menschen demonstrieren am Samstag in Boston gegen Polizeigewalt

Menschen demonstrieren am Samstag in Boston gegen Polizeigewalt

Foto: Vincent Ricci / / ZUMA Wire / IMAGO

Drei Wochen nach dem gewaltsamen Tod des Schwarzen Tyre Nichols bei einer Verkehrskontrolle in Memphis hat die Polizei eine in den Fall verwickelte Sondereinheit aufgelöst. Dieser Schritt sei »im besten Interesse aller«, teilte die Polizei in der US-Stadt am Samstag mit. Die Mitglieder der Sondereinheit hätten der Entscheidung »vorbehaltlos zugestimmt«.

Auch Nichols' Familie befürwortete die Auflösung der Einheit, die erst 2021 gegründet worden war, um besser auf Organisierte Kriminalität und Drogendelikte reagieren zu können. Sie trug den Namen Scorpion, was laut BBC für »Street Crimes Operation to Restore Peace in Our Neighborhoods« stand. 50 Menschen hätten der Einheit angehört.

Der Tod von Tyre Nichols sorgt in den USA seit Tagen für Wut und Empörung. Fünf Polizisten wurden festgenommen und angeklagt. Sie werden verdächtigt, den 29-jährigen Nichols am 7. Januar bei einer Verkehrskontrolle zu Tode geprügelt zu haben. Die Beschuldigten gehörten alle der nun aufgelösten Sondereinheit an.

Ihnen wird unter anderem Mord zweiten Grades, schwere Körperverletzung und Kidnapping zur Last gelegt. Mord zweiten Grades ist im Bundesstaat Tennessee, in dem Memphis liegt, eine Zwischenstufe zwischen Mord und Totschlag. Kidnapping bezieht sich in diesem Fall auf das illegale Festhalten eines Menschen.

Auf Videoaufnahmen des Einsatzes ist zu sehen, wie die Polizisten versuchen, Nichols mit Tränengas und einer Taser-Pistole zu Boden zu bringen. Ihr Opfer versucht zu flüchten, die Beamten stoppen ihn. Später ist zu sehen, wie Nichols unter Schmerzen stöhnt, als die Polizisten immer wieder auf ihn einschlagen und -treten, während er auf dem Boden liegt. Drei Tage später erlag er im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen.

Am Samstag protestierten Dutzende Demonstranten in Memphis gegen Polizeigewalt. Sie verlangten eine Polizeireform und forderten, dass die Verantwortlichen für Nichols' Tod zur Rechenschaft gezogen werden. Der Fall ist auch deswegen brisant, weil Nichols schwarz war und es in den USA immer wieder zu tödlicher Polizeigewalt kommt, der – bezogen auf ihren Bevölkerungsanteil – überproportional häufig schwarze Menschen zum Opfer fallen. In diesem Fall sind die fünf angeklagten Ex-Polizisten ebenfalls schwarz. Ein Vorstandsmitglied der Black-Lives-Matter-Bewegung sagte dazu, jeder, der in einem System arbeite, das staatlich sanktionierte Gewalt anwende, mache sich der Aufrechterhaltung weißer Vorherrschaft mitschuldig.

In der Vergangenheit haben ähnliche Übergriffe wiederholt heftige Proteste im ganzen Land ausgelöst. So führte die Ermordung des Afroamerikaners George Floyd  durch den weißen Polizisten Derek Chauvin im Mai 2020 zu landesweiten Demonstrationen und teils gewaltsamen Ausschreitungen. Nichols’ Fall wird auch oft mit dem Angriff auf Rodney King verglichen. King war 1991 in Los Angeles brutal von der Polizei verprügelt worden. Anders als Nichols überlebte King jedoch schwer verletzt. In schwarzen Familien in den USA ist es üblich, dass Eltern ihren Kindern besondere Verhaltensregeln beibringen, um deren Überlebenschancen bei einer Konfrontation mit der Polizei zu erhöhen.

lov/AFP/dpa
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