Es ist ein Ringen um jede einzelne Kilowattstunde – Notfallteams in der Ukraine reparieren Stromleitungen nahe der Front. Die Teams haben viel zu tun: Russland greift seit Wochen gezielt die Energieversorgung der Ukraine an. Die Arbeit der Reparaturtrupps ist oft lebensgefährlich.
Serhii Batalov, Leitender Techniker:
»Wir arbeiten unter unterschiedlichen Bedingungen. Manchmal ist es ruhig, manchmal geraten wir unter Beschuss. Das hängt nicht von uns ab. Wir versuchen, unsere Arbeit schnell und qualitativ hochwertig zu erledigen, um den Gasfluss zu den Privathäusern und den dazwischen liegenden Pipelines wiederherzustellen.«
Die Region Cherson, monatelang von Russland besetzt und nun befreit. Auch hier wartet viel Arbeit auf die Reparaturtrupps.
Andrii Bosyi, stellv. technischer Direktor:
»In diesen Gebieten, in denen wir Stromleitungen reparieren, fanden brutale Kämpfe statt. Nicht explodierte Munition liegt praktisch überall. Es handelte sich um eine Verteidigungslinie, an einigen Stellen wurden Fallen und Minen installiert. Damit unsere Arbeiter ihre Arbeit sicher erledigen können, arbeiten wir eng mit der regionalen Militärverwaltung und den Rettungsdiensten zusammen.«
Die Versorgungslage in Cherson bleibt angespannt. Die anhaltenden russischen Angriffe beschädigen immer wieder Leitungen.
Ludmyla Buldakova, Anwohnerin Cherson:
» Wir haben hier eine unterirdische Gasleitung, aber die Leitung wurde gestern getroffen..." (laute Explosion) "Das sind unsere! Wir haben bereits gelernt, wo unsere sind und wo nicht. Das sind unsere Jungs, die schießen. «
Seit Wochen sitzen in der Ukraine immer wieder Menschen im Dunkeln. Präsident Selenskyj sprach von zeitweise rund 10 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainern, die von Stromausfällen betroffen seien.
Dass Russland versuchen würde, das Energienetz des Landes lahmzulegen, war für die Ukraine keine Überraschung. Gleich nach Kriegsausbruch koppelte die Ukraine ihr Stromnetz vom russischen und belarussischen ab. Stattdessen wurde es an das europäische Stromnetz angeschlossen. Seitdem könnten westliche Verbündete Hilfe bei aktuellen Stromengpässen leisten.
Bislang blieb der völlige Energiekollaps jedoch aus. Die meisten Wärme- und Wasserkraftwerke laufen, ebenso die Kernkraftwerke – mit Ausnahme des AKW Saporischschja. Normalerweise produziert das Land 115 Prozent seines eigenen Energiebedarfs.
Doch ohne intakte Leitungen fließt kein Strom und das hat Auswirkungen auf die Wasser- und Wärmeversorgung. Entsprechend groß ist der Druck auf die Reparaturtrupps vor dem einbrechenden Winter.
Serhii Hordienko, Techniker:
»Der schwierigste Teil ist das Wetter. Weil es regnet, gibt es Schlamm, die Fahrzeuge rutschen. Ansonsten geht es uns gut.«
Doch die kältesten Monate stehen noch bevor, und ein Ende der russischen Angriffe ist nicht in Sicht. Und so geht es jetzt erst einmal darum, die ukrainische Bevölkerung durch den Winter zu bringen – und da zählt jede Leitung und jede Kilowattstunde.
Iryna Ivanona, Einwohnerin Cherson:
»Es gab kein Gas für drei Monate. Wir haben Lagerfeuer angezündet. Es gab auch keinen Strom. Wir haben auf Lagerfeuern gekocht. Dann wurde der Strom wiederhergestellt, jetzt das Gas. Jetzt haben wir die Oberhand!«