Der Bahnhof von Lwiw am Mittwochabend: Ankunft von Tausenden Kriegsflüchtlingen aus dem Osten der Ukraine. Darunter nigerianische Austauschstudenten, die in der Stadt Sumy nahe der russischen Grenze eingeschlossen waren und dann den landesweit bisher offenbar einzigen funktionierenden Fluchtkorridor nutzen konnten. Sie sind erleichtert, der unmittelbaren Bedrohung entkommen zu sein.
Edward Fiberesima, Austauschstudent: "Wir hörten die Geräusche der Bombardierung, wir mussten immer in den Keller rennen, sahen es brennen – das hat mir Angst gemacht. Es war eine lange Fahrt, aber sie war es wert. Jetzt fühle ich mich schon viel sicherer. Nur meine Mutter macht sich große Sorgen. Sie hat vier Kinder, drei davon sind hier."
Die Universität von Sumy hat in Afrika und Indien einen guten Ruf. Die russische Invasion traf die rund 1200 internationalen Studierenden völlig unvorbereitet. Tagelang mussten sie ohne fließendes Wasser auf ihre Evakuierung warten.
Williams-Daka Sosthenes, Austauschstudent: "Es war schwierig Sumy zu verlassen, weil es belagert wurde. Wir kamen einfach nicht raus. Als es dann die Möglichkeit gab, mussten wir schnell aufbrechen. Kinder und Mütter sollten als erstes in den Zug einsteigen. Aber es gab keine Diskriminierung, weil wir Schwarze sind."
Auch die eigene Regierung habe die Studenten bei der Flucht unterstützt, berichtet Medizinstudent Sosthenes.
Williams-Daka Sosthenes, Austauschstudent: "Sie haben unsere Evakuierung geplant, uns Geld, Verpflegung und den Transport organisiert."
Nigeria gehört neben Indien, Marokko und Ägypten zu den zehn Ländern mit den meisten Austauschstudenten in der Ukraine. Laut ukrainischem Bildungsministerium kommen insgesamt 16.000 Studierende aus diesen Staaten. Der Ägypter Hatem Sarhan ist auf der Flucht vor dem Krieg schon eine Station weitergekommen – nach Polen.
Hatem Sarhan, Austauschstudent: "Ich bin gerade erst angekommen. Ich kenne nicht einmal den Namen der Stadt, wo ich jetzt bin. Ich weiß nicht, wo ich mich gerade befinde, weil ich direkt von der Grenze hierhergebracht wurde. Ich hoffe, dass ich zurück nach Ägypten gelangen werde."
Fünf Jahre lang hat Sarhan in Dnipro Informatik studiert und würde dies eigentlich gern fortsetzen. Nun brauchte er vier Tage, um in dieses Flüchtlingscamp zu gelangen, später ging es für ihn weiter nach Warschau. Bereits am Donnerstagmorgen waren 100 indische Austauschstudenten in ihrer Heimat gelandet – ausgeflogen mit einer Maschine der indischen Luftwaffe. Auch sie hätten aus der Ukraine zunächst in europäische Nachbarländer fliehen müssen, berichten sie.