Wie lange hält Bachmut noch stand? Nach Monaten erbitterterer Kämpfe scheint der Widerstand der ukrainischen Truppen in der Stadt im Donbass zu schwinden. Nach Einschätzung britischer Militärexperten sind russische Soldaten und Kämpfer der Söldnergruppe Wagner dabei, Bachmut einzukreisen.
Christoph Reuter, DER SPIEGEL
»Wir stehen hier im Stadtzentrum von Bachmut, ungefähr zwei Kilometer von den vorrückenden russischen Stellungen entfernt. Die meisten von den wenigen, die noch hier sind, die noch hier leben, sagen im Moment, tagsüber sei es vergleichsweise ruhig, nachts viel schlimmer, werde viel mehr bombardiert als jetzt, wo es schon unheimlich genug klingt.«
Aus Sicht westlicher Militärexperten ist die strategische Bedeutung der Stadt gering – die symbolische Bedeutung ist dafür umso höher. Russlands Militärführung will unbedingt einen Prestigeerfolg, für die Ukraine ist Bachmut ein Monument des unbeugsamen Verteidigungswillens.
Christoph Reuter, DER SPIEGEL
»Wir sind hier in einer vorgeschobenen Position der 17. Panzerbrigade im Donbass zwischen Bachmut und Soledar. Sie werden, sagen die Soldaten hier, diese Position aufgeben müssen, nicht mehr lange halten können, weil die russischen Truppen mit allem schießen, was sie haben - Mörsergranaten, Panzergranaten.«
Die militärische Lage vor Ort immer schwieriger. Die Regierung gibt Durchhalteparolen aus.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident Ukraine
»In der Region Donezk ist es sehr schwierig - es gibt heftige Kämpfe. Doch egal, wie schwierig es ist und wie stark der Druck ist, wir müssen durchhalten. Wir müssen jeden Tag und jede Woche nutzen, um unsere Verteidigung an der Front zu verstärken, um unsere internationale Position zu festigen und um den Druck auf Russland zu erhöhen. Wir müssen unserem Volk neue Möglichkeiten geben, um diese schwierige Zeit zu überstehen. Wir haben keine andere Möglichkeit, als uns zu verteidigen und zu gewinnen.«
Selenskyj hatte zuletzt eine Reihe hochrangiger Staatsbediensteter ausgewechselt und dies mit Korruptionsvorwürfen begründet. Trotz zunächst anderslautender Aussagen soll es an der Spitze des ukrainischen Verteidigungsministeriums diese Woche noch keinen personellen Wechsel geben, wie ein Regierungsvertreter in Kiew am Montag mitteilte.
In Bachmut begraben derweil die wenigen verbliebenen Anwohner ihre Toten - stets begleitet vom Donnergrollen der russischen und ukrainischen Waffen.
Christoph Reuter, DER SPIEGEL
»Wir haben eine Woche lang die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des letzten und einzigen Bestattungsinstituts von Bachmut begleitet, die sich um jene kümmern, die es nicht überlebt haben von den Zivilisten. Aber die fünf Männer und eine Frau, die hier arbeiten, weigern sich zu gehen, weil sie sagen, einer muss sich doch kümmern um die Alten, die sterben, und man habe doch einen Anspruch darauf, dass man in Würde begraben wird auf dem letzten Friedhof, der noch zugänglich ist, und sie wollen nicht gehen.«
Bei dem seit fast einem Jahr andauernden Krieg wird immer wieder auch zivile Infrastruktur getroffen. Nach UN-Angaben sind seit dem russischen Einmarsch mehr als 7000 Zivilisten getötet worden.