Russische Invasion Putin sagt Sturm auf Stahlwerk in Mariupol ab – und ordnet Blockade an

Bis zu tausend Zivilisten sollen noch neben dem Asow-Regiment im Stahlwerk von Mariupol ausharren. Kremlchef Putin will nun das Gelände komplett abriegeln. Den Rest Mariupols erklärt Russland für erobert.
Rauch steigt über dem umkämpften Asow-Stahl-Werk auf

Rauch steigt über dem umkämpften Asow-Stahl-Werk auf

Foto: Alexander Ermochenko / REUTERS

Seit Wochen ist Mariupol Schauplatz schwerer Kämpfe – kaum ein Ort in der Ukraine hat so unter dem russischen Angriffskrieg gelitten wie die ukrainische Hafenstadt. Nun behauptet Russland, Mariupol eingenommen zu haben.

Dies gilt allerdings nicht für ein Stahlwerk, in dem sich ukrainische Soldaten verschanzt haben und in dem sich immer noch Zivilisten aufhalten. Pläne, das Asow-Stahl-Werk in Mariupols Industriegebiet einzunehmen, würden nicht mehr umgesetzt, sagte nun der russische Präsident Wladimir Putin.

Die Anlage solle aber derartig blockiert werden, dass noch nicht mal mehr eine Fliege durchkomme, ohne entdeckt zu werden, zitieren russische Medien den Kremlchef. Die Kontrolle über die Hafenstadt im Südosten der Ukraine erlangt zu haben, sei ein Erfolg.

Auch der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu sagte, Mariupol sei eingenommen. In dem Stahlwerk Asow-Stahl befänden sich aber immer noch mehr als 2000 ukrainische Soldaten. Unterschiedlichen Angaben zufolge haben dort auch zwischen 300 und 1000 Zivilisten Schutz gesucht. Nach Darstellung Schoigus sind die ukrainischen Einheiten vollständig blockiert. Der Minister versicherte, dass die Fabrik in drei bis vier Tagen ebenfalls eingenommen werden solle.

Die Industrieanlage gilt als letzte Hochburg des Widerstands in Mariupol und liegt seit Tagen unter Beschuss. Am Mittwochvormittag wandten sich die ukrainischen Einheiten in der Anlage mit einem Appell an die Weltöffentlichkeit: Sie erbaten einen Abzug in ein neutrales Drittland. In den vergangenen Tagen hatte Russland mehrere Ultimaten gestellt, die den Kämpfern und Zivilisten aus dem Asow-Stahl-Werk einen Abzug zu ihren Konditionen ermöglichen sollten. Die ukrainischen Behörden lehnten dies ab.

»Wir sind jederzeit bereit, zu Verhandlungen zu kommen«

Nach Angaben der stellvertretenden Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk konnten am Vormittag jedoch vier Busse mit Zivilisten Mariupol verlassen. Über die russischen Behauptungen, die Stadt sei nun unter Kontrolle, äußerte sich Kiew zunächst nicht.

Zwei Vertreter der ukrainischen Delegation – der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak und Chefunterhändler Dawyd Arachamija – hatten sich zuvor bereit erklärt, für Verhandlungen nach Mariupol zu fahren. Vertreter der ukrainischen Delegation hielten ständigen Kontakt mit den Streitkräften des Landes in Mariupol, schrieb Arachamija auf Twitter. Am Mittwoch habe es in einem Gespräch mit den Verteidigern der Stadt den Vorschlag gegeben, direkt in Mariupol Verhandlungen über die Räumung der ukrainischen Militärgarnison zu führen. »Wir sind jederzeit bereit, zu solchen Verhandlungen zu kommen, sobald wir eine Bestätigung von russischer Seite erhalten.«

Mariupol wurde am 1. März kurz nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs komplett von russischen Truppen eingeschlossen. Die Stadt und auch der Hafen gelten zu großen Teilen als zerstört.

mrc/Reuters
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