Russlands Krieg gegen die Ukraine USA schließen Kampfjet-Lieferungen nicht aus, Explosionen nahe AKW Saporischschja

Kampfflugzeuge für die Ukraine? Bidens Sicherheitsberater lehnt das nicht kategorisch ab. Die Uno meldet Detonationen in der Nähe des besetzten AKW Saporischschja. Und: mehr Flüchtlinge befürchtet. Die jüngsten Entwicklungen.
Amerikanische F-16-Kampfflugzeuge (Archivbild): »Wir werden das sehr sorgfältig diskutieren«

Amerikanische F-16-Kampfflugzeuge (Archivbild): »Wir werden das sehr sorgfältig diskutieren«

Foto: REUTERS/ USAF

Nach der Zusage mehrer westlicher Länder, Kampfpanzer in die Ukraine zu liefern, überzieht Russland das Land nach Angaben des ukrainischen Militärs mit einer Welle neuer Angriffe. Dabei wurden in mehreren Regionen mindestens 11 Menschen getötet, sagte ein Sprecher des staatlichen Katastrophenschutzes.

Luftalarm begleitet auch den morgendlichen Berufsverkehr in der Hauptstadt Kiew. Dort suchen die Menschen Schutz in den U-Bahn-Stationen.

Bidens Vize-Sicherheitsberater: »Wir werden das sehr sorgfältig diskutieren«

Die USA schließen die Lieferung von Kampfjets an die Ukraine nicht aus. Das sagte der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jon Finer, am Donnerstag (Ortszeit) im US-Fernsehsender MSNBC.

Auf die Frage, ob die USA die Lieferung von Kampfjets in Erwägung ziehen, sagte Finer, man habe kein bestimmtes Waffensystem ausgeschlossen. Man werde die Unterstützung danach ausrichten, was die Ukraine brauche. »Wir werden das sehr sorgfältig diskutieren«, sagte Finer im Hinblick auf Anfragen der Ukraine.

Zuvor hatte der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, moderne Kampfjets für den Abwehrkampf gegen den russischen Angriffskrieg gefordert. Die Verbündeten sollten eine starke Kampfjet-Koalition auf die Beine stellen, mit US-amerikanischen F-16 und F-35, Eurofightern und Tornados, französischen Rafale und schwedischen Gripen-Jets. Melnyk ist inzwischen stellvertretender Außenminister der Ukraine.

Andrij Melnyk (im Februar 2022): Ruf nach Kampfjet-Koalition

Andrij Melnyk (im Februar 2022): Ruf nach Kampfjet-Koalition

Foto: Political-Moments / IMAGO

Vergangene Woche hatte der niederländische Außenminister Wopke Hoekstra dem niederländischen Parlament übereinstimmenden Medienberichten zufolge gesagt, man stehe dem Thema offen gegenüber, es gebe keine Tabus. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schloss nach der Zusage von Leopard-2-Kampfpanzern am Mittwoch eine Lieferung von Kampfjets aus.

Medienberichten zufolge schließt auch Frankreich eine Lieferung von Kampfjets an die Ukraine nicht aus. »Wir müssen Anfragen von Fall zu Fall untersuchen und alle Türen offen lassen«, sagte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses der französischen Nationalversammlung, Thomas Gassilloud, britischen Medienberichten zufolge am Donnerstag in London. »Wir werden in den kommenden Wochen sehen, was als nächstes passiert, denn die Dinge bewegen sich schnell«, sagte Gassilloud demnach nach Gesprächen mit seinem britischen Kollegen Tobias Ellwood und Verteidigungsminister Ben Wallace.

Britischen Medienberichten zufolge nannte Gassilloud als Bedingungen, dass eine Lieferung von Kampfjets die französische und europäische Sicherheit nicht gefährden dürfe und den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht eskaliere.

Selenskyj: »Jede russische Rakete ist ein Argument für mehr Waffen«

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nannte nicht explizit Kampfflugzeuge, bekräftigte aber den Bedarf seines Landes an weiteren Waffenlieferungen über die nun zugesagten Kampfpanzer hinaus. »Die russische Aggression kann nur mit adäquaten Waffen gestoppt werden. Der Terrorstaat wird es anders nicht verstehen«, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache am Donnerstag.

Die jüngste russische Angriffswelle wenige Stunden zuvor habe das noch einmal gezeigt, betonte er. »Jede russische Rakete gegen unsere Städte, jede von den Terroristen eingesetzte iranische Drohne ist ein Argument für mehr Waffen.«

Uno-Atomaufseher: »Acht starke Detonationen«

Die Atomaufsichtsbehörde der Vereinten Nationen meldete am Donnerstag mehrere starke Explosionen in der Nähe des von Russland besetzten ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja und forderte erneut eine Sicherheitszone um die Anlage.

AKW Saporischschja (im November 2022)

AKW Saporischschja (im November 2022)

Foto: ALEXANDER ERMOCHENKO / REUTERS

»Gestern waren gegen 10 Uhr Ortszeit acht starke Detonationen zu hören und heute gab es wieder welche«, sagte IAEA-Chef Rafael Grossi in einer Erklärung.

Rosenergoatom, der Betreiber der russischen Kernkraftwerke, nannte die Äußerungen von Grossi der russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge unbegründet und eine Provokation.

Uno-Flüchtlingskommissar: »Seien Sie bereit«

Nach Ansicht von Uno-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi muss sich Europa angesichts des zunehmenden Drucks der russischen Armee im Osten der Ukraine wieder auf mehr Flüchtlinge aus dem Kriegsland einstellen. »Jede Verschärfung des Krieges bedeutet das Risiko neuer Flüchtlingsbewegungen«, sagte der Chef des Uno-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) am Donnerstag in Kiew der Nachrichtenagentur AFP. »Wir müssen uns darauf vorbereiten.«

»Jedes Mal, wenn die Kämpfe sich verschärfen, wollen die Menschen sich natürlich in Sicherheit bringen«, sagte Grandi. Dies sei auch schon so gewesen, als sich die Kämpfe um Mariupol und Cherson verstärkt hatten.

Uno-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi in Charkiw (am 24. Januar 2023)

Uno-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi in Charkiw (am 24. Januar 2023)

Foto: STRINGER / REUTERS

Angesichts der jetzigen Entwicklung im Osten der Ukraine appellierte der UNHCR-Chef an die Regierung in Kiew und auch an die Nachbarländer: »Seien Sie bereit, bereiten Sie sich auf alle Eventualitäten vor.«

Das ukrainische Verteidigungsministerium hatte am Mittwoch erklärt, dass Russland den militärischen Druck im Kampf um die Stadt Bachmut in der ostukrainischen Donezk-Region nochmals erhöht habe. Moskau schicke eine große Anzahl von Soldaten sowie viel militärische Ausrüstung und Waffen in den Kampf. Die ukrainischen Truppen mussten sich bereits aus dem zuvor heftig umkämpften Ort Soledar zurückziehen, der etwa 15 Kilometer nordöstlich von Bachmut liegt.

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