Krieg in Osteuropa Etwa 800 Zivilisten harren offenbar in Chemiefabrik in Sjewjerodonezk aus

Laut dem Betreiber eines Chemieunternehmens in Sjewjerodonezk suchen Hunderte Menschen in dem Gebäude Zuflucht. Und: Die Mehrheit der Polen sieht die Aufnahme von Ukraine-Flüchtlingen positiv. Das waren die News am 07.06.
Laut der Unternehmens-Website halten sich 800 Zivilisten in einer Chemiefabrik in Sjewjerodonezk auf, darunter 200 Fabrikarbeiter

Laut der Unternehmens-Website halten sich 800 Zivilisten in einer Chemiefabrik in Sjewjerodonezk auf, darunter 200 Fabrikarbeiter

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Unbekannt / dpa

Das Wichtigste in Kürze
  • Nach Angaben des Betreibers einer Chemiefabrik haben in der heftig umkämpften ostukrainischen Stadt Sjewjerodonezk etwa 200 Fabrikarbeiter sowie 600 Einwohner der Stadt Zuflucht gesucht.

  • Der Kampf um die strategisch wichtige Stadt Sjewjerodonezk in der Ostukraine geht weiter, die Lage ändert sich laut dem Bürgermeister »stündlich«. Laut ukrainischer Armee liegt der derzeitige Schwerpunkt der russischen Offensive im Osten des Landes auf der vollständigen Einnahme der Industriestadt. Erklärtes Ziel Moskaus ist es, die gesamte Donbass-Region einzunehmen.

  • Die Ukraine hofft darauf, beim EU-Gipfel Ende des Monats zum EU-Beitrittskandidaten gekürt zu werden. Kurz vorher wird die EU-Kommission dazu eine Empfehlung abgeben. Ein Sondergesandter Kiews soll in Berlin für die EU-Beitrittsperspektive werben.

  • Litauens Staatspräsident Gitanas Nauseda dringt angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine auf eine stärkere Nato-Präsenz in den baltischen Staaten: »Der Nato-Gipfel in Madrid muss der Gipfel der Entscheidungen sein.«

  • Bundeskanzler Olaf Scholz hat den baltischen Staaten eine Stärkung der Nato-Ostflanke zugesichert. Das deutsche Engagement solle »in Richtung einer robusten Kampfbrigade« entwickelt werden.

Weltbank bewilligt weitere 1,5 Milliarden Dollar für die Ukraine

23.47 Uhr: Die Weltbank bewilligt neue Hilfen für die Ukraine. Das Direktorium segnet zusätzliche 1,5 Milliarden Dollar ab, mit denen Gehälter von Regierungsmitarbeitern und Sozialarbeitern bezahlt werden sollen. Damit werde die bereits zugesagte Unterstützung für Kiew auf über vier Milliarden Dollar erhöht. Die jüngste Finanzierungsrunde werde unter anderen von Großbritannien, den Niederlanden, Litauen und Lettland garantiert.

Gouverneur - Abwehr russischer Angriffe in Sjewjerodonezk ist schwer

21.55 Uhr: Es sei schwer für die ukrainischen Soldaten in Sjewjerodonezk, die russischen Angriffe im Zentrum der Stadt abzuwehren, teilt der Gouverneur der Region Luhansk, Serhiy Gaidai, mit. Die russischen Truppen hätten aber nicht die Kontrolle über die Stadt erlangt. Die Zwillingsstadt Lysytschansk auf der anderen Seite des Flusses Siwerskij Donets werde andauernd beschossen, erklärt der Gouverneur in einer Kurznachricht im Internet.

Betreiber: Rund 800 Zivilisten harren in Chemiefabrik in Sjewjerodonezk aus

20.09 Uhr: Hunderte Zivilisten haben nach Angaben des Betreibers in einer Chemiefabrik in der heftig umkämpften ostukrainischen Stadt Sjewjerodonezk Zuflucht gesucht. Etwa 800 Menschen harrten derzeit dort aus, hieß es am Dienstag auf der Unternehmens-Website. Unter den Schutzsuchenden seien 200 Fabrikarbeiter sowie 600 Einwohner der Stadt.

Die Arbeiter seien in der Fabrik geblieben, um den verbleibenden Teil der »hochexplosiven Chemikalien« zu sichern, erklärte auf der Website ein Anwalt des Geschäftsmanns Dmytro Firtasch, dessen Konzern die Anlage betreibt. Die ukrainische Präsidentschaft bestätigte die Angaben auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP zunächst nicht.

Ukrainische Soldaten und russischen Truppen lieferten sich am Dienstag weiter erbitterte Straßenkämpfe in Sjewjerodonezk. Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu sagte in Moskau, die russischen Streitkräfte hätten die Wohngebiete der strategisch wichtigen Stadt vollständig unter ihre Kontrolle gebracht. Der Bürgermeister der Stadt hatte zuvor mitgeteilt, die Lage ändere sich »stündlich«.

Lawrow zu Gesprächen über Getreide-Exporte aus der Ukraine in Türkei eingetroffen

19.30 Uhr: Russlands Außenminister Sergej Lawrow ist zu Gesprächen über die Ausfuhr von derzeit in der Ukraine blockiertem Getreide in der Türkei eingetroffen. Am Mittwoch soll der von einer militärischen Delegation begleitete Lawrow mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu zusammenkommen. Es handelt sich um die zweite Türkeireise Lawrows seit Beginn des Ukrainekriegs. Anfang März hatte er in einem Vermittlungsversuch zwischen den Kriegsparteien in Antalya sowohl Çavuşoğlu als auch den ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba getroffen.

Bei den neuen Verhandlungen in der Türkei soll es um Möglichkeiten zur Auflösung der Blockade ukrainischer Getreideexporte gehen. Medienberichte, wonach an den Gesprächen am Mittwoch auch der ukrainische Botschafter Wasyl Bodnar teilnehmen soll, wurden von der ukrainischen Botschaft in Ankara dementiert.

In ukrainischen Häfen liegen derzeit dutzende Containerschiffe fest, die vom russischen Militär blockiert werden. Damit können die ukrainischen Exporte von Weizen, Sonnenblumenöl, Dünger und anderen Gütern nicht wie gewohnt abgewickelt werden. Behindert wird die Schifffahrt im Schwarzen Meer zudem durch Seeminen. Bodnar hatte Russland am vergangenen Freitag vorgeworfen, »schamlos zu stehlen« und ukrainisches Getreide über die annektierte Krim zu exportieren – vor allem in die Türkei.

Insider – Russland stockt bei Ölexporten gen Osten auf

18.33 Uhr: Russland stockt wegen des von der EU verhängten Ölembargos Insidern zufolge seine Exportkapazitäten nahe der russisch-chinesischen Grenze auf. An den im Osten gelegenen Verladehafen Kozmino sollen von den sibirischen Ölfeldern in den kommenden Monaten insgesamt 900.000 Barrel pro Tag (bpd) fließen und damit 20 Prozent mehr als der bisherige Durchschnitt in diesem Jahr, sagten drei mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Genutzt wird dafür die East Siberia Pacific Ocean (ESPO) Pipeline, die als Haupttransportader von russischem Öl in den asiatischen Raum, vor allem nach China, fungiert. Insgesamt können durch die Pipeline 1,64 Millionen bpd gepumpt werden. In den vergangenen Monaten haben chinesische Firmen bereits mehr russisches Öl genutzt.

China hat die Sanktionen des Westens gegen Russland kritisiert und ist der Meinung, dass der Konflikt dadurch nicht gelöst wird. Die EU hatte gerade erst ein sechstes Sanktionspaket beschlossen, das einen weitgehenden Ausstieg aus der Nutzung russischen Öls bis Jahresende beinhaltet. Moskau hatte daraufhin die Hoffnung geäußert, mehr Öl nach Asien exportieren zu können.

Mehrheit der Polen sieht Aufnahme von Ukraine-Flüchtlingen positiv

18.17 Uhr: Eine überwältigende Mehrheit der Polen bewertet einer Umfrage zufolge die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine positiv. Mehr als 64 Prozent der Befragten finden, Polen sollte den Flüchtlingen aus dem Nachbarland Schutz bieten, bis sie in ihre Heimat zurückkehren können, wie eine Studie von Sozialwissenschaftlern der Universität Warschau ergab. Weitere knapp 30 Prozent sprechen sich dafür aus, den Geflüchteten aus der Ukraine zu ermöglichen, sich dauerhaft in Polen anzusiedeln.

»Wir hatte eine positive Reaktion erwartet, aber es hat uns überrascht, dass das Echo so positiv ausfällt«, sagte Robert Staniszewski vom Institut für Politische Wissenschaften und Internationale Studien der Universität Warschau am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Bemerkenswert sei zudem, dass sich die Toleranz der Befragten nicht nur auf Flüchtlinge aus dem östlichen Nachbarland beschränke. Auf die Frage, ob jedem Menschen, egal welcher Herkunft, Hautfarbe oder Religion, bei Gefahr für Leben und Gesundheit Schutz gewährt werden solle, antworteten 79 Prozent mit »definitiv ja«, weitere 18 Prozent mit »eher ja«.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat der polnische Grenzschutz mehr als 3,8 Millionen Einreisen aus der Ukraine gezählt. Zahlen dazu, wie viele Ukrainer in Polen bleiben und wie viele in andere EU-Länder weiterreisen, gibt es nicht. Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki sagte kürzlich, sein Land habe mehr als zwei Millionen Ukraine-Flüchtlinge aufgenommen.

Laut Selenskyj lässt sich der Krieg in der Ukraine nur militärisch beenden

17.23 Uhr: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hält ein für die Ukraine erfolgreiches Ende des von Russland gegen sein Land geführten Krieges weiter nur auf dem »Schlachtfeld« für möglich. »Vor allem muss der Sieg auf dem Schlachtfeld sein«, sagte der 44-Jährige in einem Gespräch mit der »Financial Times«. Ein Patt sei »keine Option«.

Um anzugreifen, mangele es der Ukraine aber weiter an Technik. Ohne zusätzliche Ausrüstung sei es für Kiew schwer. Der Westen müsse auch weiterhin an der Souveränität der Ukraine Interesse haben. »Es kann keinerlei Gespräche ohne die Ukraine, hinter unserem Rücken geben.« Die Ukraine werde auch nicht mangels Geld, Treibstoff oder aufgrund der zerstörten Infrastruktur gesprächsbereiter werden. »Wir haben bereits zu viele Menschen verloren, um einfach so unser Territorium abzugeben«, sagte Selenskyj. Moskau fordert von Kiew Gebietsabtretungen für ein Ende des Krieges.

Nichts zwinge Russland bisher, den Krieg zu beenden, sagte Selenskyj. Kiew sei zwar für die westlichen Sanktionen gegen Moskau dankbar. Aber sie beeinflussten Russland nicht wie gewünscht, weil sie nicht im vollen Umfang seien. Die Europäer sollten den totalen Boykott von russischem Erdgas und Erdöl nicht fürchten. Zugleich räumte er ein, dass Russland bereits erste Erfolge habe, die Sanktionen zu umgehen.

Berlin soll ukrainisches Kulturinstitut bekommen

17.04 Uhr: In Berlin soll ein ukrainisches Kulturinstitut entstehen. Laut der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey laufen die Planungen. Giffey hatte sich mit dem ukrainischen Minister für regionale Entwicklung, Oleksij Tschernyschow, und Botschafter Andrij Melnyk getroffen. »Neben der individuellen Unterstützung von fast 68.000 registrierten Geflüchteten in Berlin ist eines der nächsten Vorhaben der bilateralen Zusammenarbeit das weltweit erste ukrainische Kulturinstitut außerhalb der Ukraine, das wir mit dem Bund und der ukrainischen Regierung in Berlin gründen wollen.«

Baltenstaaten fordern: Ukraine EU-Kandidatenstatus geben

16.23 Uhr: Die baltischen Staaten haben sich dafür starkgemacht, die von Russland angegriffene Ukraine zügig zum EU-Beitrittskandidaten zu machen. »Eine wichtige politische Botschaft, die wir so schnell wie möglich senden müssen, ist die Zuerkennung des EU-Kandidatenstatus für die Ukraine. Es ist an der Zeit, klarzustellen, dass die Ukraine in die Europäische Union gehört«, sagte der litauische Staatspräsident Gitanas Nausėda nach Gesprächen mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Vilnius. »Wir haben kein moralisches Recht, diesen Augenblick zu verpassen. Die Ukraine verteidigt dieses Recht mit ihrem Blut.«

Auch die Regierungschefs von Lettland und Estland, Krišjānis Kariņš und Kaja Kallas, forderten nach dem Treffen mit Scholz und Nausėda eine klare europäische Perspektive für die Ukraine. »Wir, die baltischen Länder, vor allem Lettland, wissen immer noch sehr gut, wie ein positives Signal aus der EU an uns gesendet wurde. Und wie dieses Signal – der künftige Beitritt zur EU – fruchtbare Reformen ausgelöst hat«, betonte Kariņš. Scholz äußerte sich nicht zu der Frage, bei der sich die Bundesregierung bislang noch nicht festgelegt hat.

Ukraine lehnt Inspektion von Atomkraftwerk Saporischschja durch IAEA-Chef ab

16.00 Uhr: Die Ukraine lehnt jegliche Inspektion des Atomkraftwerks Saporischschja durch den Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) ab, solange die Atomanlage von russischen Truppen besetzt ist. Die ukrainische Atomenergiebehörde Energoatom betonte, es gebe von ihr keine Genehmigung für einen Besuch von IAEA-Chef Rafael Grossi auf dem AKW-Gelände. Bei anderslautenden Angaben Grossis handele es sich um »Lügen«.

Grossi hatte am Montag im Onlinedienst Twitter geschrieben, dass seine Behörde derzeit einen Expertenbesuch der von russischen Truppen besetzten AKW-Anlage Saporischschja im Südosten der Ukraine vorbereite. Energoatom schrieb dazu im Messengerdienst Telegram: »Der IAEA-Direktor Rafael Grossi lügt erneut.«

Selenskyj: Wollen gesamtes Territorium zurückerobern

14.40 Uhr: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schließt eine Waffenruhe derzeit aus. Ziel sei es, wieder die Kontrolle über die von Russland eroberten Gebiete zu erlangen, sagt Selenskyj in einer Videobotschaft. »Wir haben schon zu viele Menschen verloren, um jetzt einfach unser Territorium abzutreten.« Dies sei »keine Option«, betont der Präsident. »Wir müssen eine vollkommene Befreiung unseres ganzen Territoriums erreichen.«

Russland gibt Entsendung von 600 Wehrpflichtigen zu

14.00 Uhr: Wegen der unerlaubten Entsendung von Wehrdienstleistenden in den Krieg gegen die Ukraine haben die russischen Behörden zwölf Offiziere bestraft. »Etwa 600 Wehrdienstleistende sind zur militärischen Spezialoperation herangezogen worden, alle wurden innerhalb kürzester Zeit wieder zurückgeschickt«, sagte der Militärstaatsanwalt des russischen Wehrkreises West, Artur Jegijew, am Dienstag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Die Offiziere seien deswegen zur Verantwortung gezogen worden, fügte er hinzu.

Kremlchef Wladimir Putin hatte versprochen, keine Wehrpflichtigen, sondern nur Zeit- und Berufssoldaten in der Ukraine einzusetzen. Als bekannt wurde, dass dennoch Wehrdienstleistende in den Krieg abkommandiert wurden, ordnete der russische Präsident öffentlich deren Rückholung an.

Russisches Parlament stimmt für Austritt aus dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

13.37 Uhr: Die russische Staatsduma hat am Dienstag zwei Gesetzentwürfe verabschiedet, mit denen die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Russland beendet werden soll. Moskau hatte im Zuge des Ukrainekriegs den Austritt aus dem Gerichtshof bereits angekündigt.

Das russische Parlament verabschiedete zwei Gesetzentwürfe, von denen einer das Land aus der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs ausschließt und der zweite den 16. März als Stichtag festlegt, ab dem Urteile gegen Russland nicht mehr umgesetzt werden sollen.

Leopard 2 für Ukraine: Bislang keine Anfrage aus Spanien

13.18 Uhr: Deutschland würde eine Anfrage Spaniens zur Lieferung von Leopard-2-Panzern aus deutscher Produktion in die Ukraine gestellt. Sollte es noch einen solchen Antrag geben, werde er geprüft, sagte Scholz bei seinem Besuch in Litauen.

Spanien will nach einem Bericht der Zeitung »El País« der Ukraine deutsche Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 A4 liefern. In der Regel muss die Bundesregierung solche Rüstungsexporte genehmigen, weil die Kaufverträge sogenannte Endverbleibsklauseln enthalten, die das für den Fall einer Weitergabe vorsehen.

Eine Lieferung von Leopard 2 wäre das erste Mal, dass die Ukraine im Kampf gegen die russische Armee moderne westliche Panzer erhielte. In Deutschland haben Politiker der Regierungspartei SPD bisher betont, es gebe eine informelle Übereinkunft zwischen den Nato-Staaten, solche Waffen nicht zu liefern. Dem Zeitungsbericht zufolge könnten rund 40 von 108 Leopard-Panzer, die Spanien 1995 gebraucht in Deutschland gekauft habe, wieder einsatzbereit gemacht werden.

In der Koalition gibt es bereits Stimmen, die fordern, eine Anfrage Spaniens rasch positiv zu beantworten. Die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, sagte dem SPIEGEL, sie hoffe sehr, »dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck umgehend die Genehmigung für den Export erteilt«. Die FDP-Politikerin begründete die Eile mit der aktuellen Lage in der Ukraine.

Scholz sagt Litauen Verstärkung für Nato-Ostflanke zu

12.50 Uhr: Bei seinem Besuch in Litauen hat Bundeskanzler Olaf Scholz dem Land zusätzliche militärische Unterstützung zur Abschreckung und für die Verteidigung gegen einen möglichen russischen Angriff zugesagt. Das deutsche Engagement solle »in Richtung einer robusten Kampfbrigade« entwickelt werden. Zuvor hatte Scholz mit dem litauischen Präsidenten Gitanas Nauseda sowie den Regierungschefs Litauens, Lettlands und Estlands gesprochen.

»«Als Verbündete in der Nato fühlen wir uns einander verpflichtet und wir werden im Falle eines Angriffs jeden Zentimeter des Nato-Territoriums verteidigen«, sagte Scholz. Einzelheiten des verstärkten deutschen Engagements nannte der Kanzler zunächst nicht. Derzeit ist ein von Deutschland geführtes Nato-Bataillon mit 1600 Soldaten in Litauen stationiert, davon gehören mehr als tausend der Bundeswehr an. Eine Brigade besteht in der Regel aus etwa 3000 bis 5000 Soldaten.

Kanzler Scholz (2.v.l.) bei einer Pressekonferenz in Litauen

Kanzler Scholz (2.v.l.) bei einer Pressekonferenz in Litauen

Foto: Michael Kappeler / dpa

Die baltischen Staaten dringen seit längerer Zeit auf die Stationierung jeweils einer Nato-Brigade in den drei Ländern. Unklar ist aber, wie viele Soldaten davon tatsächlich vor Ort stationiert werden sollen und wie viele außerhalb bereitgehalten werden sollen.

Russland: Häfen Mariupol und Berdjansk bereit für Getreidelieferung

12.25 Uhr: Die von russischen Truppen eingenommenen ukrainischen Häfen Mariupol und Berdjansk stehen dem russischen Verteidigungsminister Sergei Schoigu zufolge für Getreidelieferungen bereit. Sie seien von Minen befreit worden, erklärt er im Fernsehen. Es könne von dort aus wieder Getreide verschifft werden. Er fügt hinzu, dass sich seit Beginn des Militäreinsatzes am 24. Februar 6489 ukrainische Soldaten ergeben hätten.

Russland spricht von einem militärischen Sondereinsatz, die Ukraine und der Westen dagegen von einem nicht provozierten Angriffskrieg.

Russlands Baltische Flotte startet Großmanöver in der Ostsee

12.05 Uhr: Russland hat parallel zu einem Nato-Manöver in der Ostsee mit einer eigenen größeren Truppenübung seiner Baltischen Flotte begonnen. An der Übung sind mehr als 20 Kriegsschiffe und -Boote beteiligt, wie das russische Militär nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax mitteilte. Dazu gehören neben Korvetten und Fregatten auch Raketenboote, U-Boot-Zerstörer und Landungsboote. Auch U-Boot-Abwehrflugzeuge vom Typ Il-38 und Kampfhubschrauber gehören zum Geschwader.

Nach Angaben des russischen Militärs handelt es sich um planmäßige Gefechtsübungen. Trotzdem ist der Zeitpunkt pikant: Bis Mitte des Monats läuft in der Ostsee noch das Nato-Manöver »Baltops 2022« mit 45 Schiffen unter Führung der US-Marine.

Die Aktivität der russischen Truppen in der Ostseeregion ist spürbar gestiegen. Anfang Mai hatte die russische Armee bereits in der Ostsee-Exklave Kaliningrad ein größeres Militärmanöver abgehalten und dabei auch den Abschuss von Iskander-Raketen simuliert. Die Kurzstreckenraketen mit einer Reichweite von offiziell bis 500 Kilometern können sowohl mit konventionellen als auch atomaren Sprengköpfen bestückt werden. Im April hatte das russische Verteidigungsministerium eine mehrwöchige Übung zur Überprüfung der Einsatzbereitschaft der Baltischen Flotte gestartet.

Union warnt Koalition vor Blockade spanischer Leopard-Panzer-Lieferung an Ukraine

10.45 Uhr: Die Union hat die Bundesregierung davor gewarnt, die Ukraine bei einer möglichen Lieferung von Leopard-Panzern aus Spanien im Stich zu lassen. »Deutschland lässt die Ukraine jeden Tag, an dem dort keine schweren Waffen ankommen, im Stich«, sagte der stellvertretende Unionsfraktionschef Johann Wadephul (CDU) der »Augsburger Allgemeinen«. »Wenn Spanien Leopard 2 liefern will, muss die Bundesregierung das schnell ermöglichen.«

Wadephul bezog sich auf Medienberichte, wonach Spanien gebrauchte Leopard-2-Panzer aus deutscher Produktion ins Kriegsgebiet liefern wolle. »In Madrid hat man den Ernst der Lage klarer erkannt als in Berlin – eine niederschmetternde Erkenntnis«, sagte der CDU-Politiker. Die Ukraine drohe den Kampf um den Donbass zu verlieren. »Es geht um das Leben unschuldiger Menschen, aber auch um die Verteidigung Europas gegen einen imperialen Aggressor«, betonte er.

Wadephul forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, bei der Lieferung schwerer Waffen klar Stellung zu beziehen. Auch die Koalitionspartner der SPD müssten endlich Flagge zeigen. »Grüne und FDP müssen wissen: Öffentliche Äußerungen in Talkshows ersetzen keine praktische Politik«, sagte der CDU-Politiker. Sie seien »voll mitverantwortlich für die Zuschauerrolle, die Deutschland zurzeit faktisch einnimmt«, kritisierte er.

Strack-Zimmermann fordert schnelle Genehmigung für deutsche Panzer aus Spanien

10.05 Uhr: Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses fordert, dass die Bundesregierung eine mögliche Lieferung von spanischen Leopard-Panzern aus deutscher Produktion in die Ukraine sehr schnell genehmigt. »Ich hoffe sehr, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck umgehend die Genehmigung für den Export erteilt«, sagte die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann dem SPIEGEL

Damit steigt auch innerhalb der Ampelkoalition der Druck, dass Berlin erstmals die Lieferung von modernen Kampfpanzern an die Ukraine genehmigt. Strack-Zimmermann sagte, sie rechne damit, »dass der Minister umgehend grünes Licht gibt«. Die Verteidigungspolitikerin begründete die Eile mit der aktuellen Lage in der Ukraine. »Wir haben keine Zeit für Debatten. Angesichts der schweren russischen Artillerieangriffe auf ukrainische Ziele ist Eile geboten«, sagte Strack-Zimmermann.

Die gewöhnlich sehr gut informierte spanische Zeitung »El País« hatte am Wochenende berichtet, Spanien bereite die Lieferung von etwa 40 Kampfpanzern vom Typ Leopard 2 A4 vor. Ministerin Margarita Robles wollte dies am Montag aber weder bestätigen noch dementieren. Dies sei ein »extrem delikates Thema« und bedürfe »größter Diskretion«, so die Verteidigungsministerin.

Die Leopard-Panzer stammen aus deutscher Produktion, deswegen müsste Berlin wegen der sogenannten Endverbleibsklausel eine Weitergabe genehmigen. Am Wochenende hieß es in Berlin noch, bisher liege aus Madrid keine offizielle Anfrage vor. Am Montag allerdings gingen nach Angaben aus Regierungskreisen zumindest erste Signale ein, dass Spanien die Panzer tatsächlich an die Ukraine liefern will.

Bisher hatte die Bundesregierung die Lieferung von modernen Kampfpanzern abgelehnt und sich auf informelle Absprachen unter den Alliierten bezogen, solche Waffensysteme vorerst nicht zu liefern. Mitte Mai sagte Kanzler Olaf Scholz in einer vertraulichen Sitzung des Verteidigungsausschusses jedoch, es bei dem Thema »keine ewigen Prinzipien«, deshalb werde er öffentlich auch immer vage bleiben.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann

Marie-Agnes Strack-Zimmermann

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Kay Nietfeld / dpa

Umfrage: Ökonomen halten Zölle für sinnvolle Sanktionsmaßnahme gegen Russland

09.50 Uhr: Ökonomen halten Zölle auf Energieimporte aus Russland laut einer Ifo-Umfrage für eine effektivere Sanktionsmaßnahme gegen die russische Wirtschaft als ein Embargo. 70 Prozent der befragten Expertinnen und Experten gaben an, dass so Zahlungen an Russland minimiert und die Auswirkungen auf die europäische Versorgungssicherheit gering gehalten würden, erklärte das Ifo-Institut am Dienstag. Zudem solle Europa seine Energieversorgung weiter diversifizieren.

Einfuhrzölle würden Russland dazu zwingen, den Exportpreis zu senken, hieß es. Gleichzeitig würden die höheren Preise in Europa für eine effizientere Verteilung der knappen Energieträger auf dem Markt sorgen, erklärte das Ifo-Institut. Die Daten wurden vom Ifo-Institut in Zusammenarbeit mit der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« erhoben.

Roth sieht kulturelle Identität der Ukraine bedroht

08.20 Uhr: Kulturstaatsministerin Claudia Roth sieht durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine auch die kulturelle Identität des Landes in Gefahr. »Dieser Krieg ist auch ein Krieg gegen die Kultur, gegen die Kultur der Demokratie«, sagte die Grünenpolitikerin bei einem Besuch in der Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer. Nach mehr als drei Monaten Krieg seien 375 Kultureinrichtungen zerstört oder beschädigt. Auch 137 Kirchen seien betroffen. »Da wird deutlich: Es geht darum, die kulturelle Identität der Ukraine anzugreifen.«

»Wir versuchen jetzt ein internationales Zeichen zu setzen, indem wir die Nominierung der Altstadt Odessas unterstützen als Welterbe-Stadt«, sagte sie im ZDF-»Morgenmagazin«. Die internationale Gemeinschaft müsse entsprechend Verantwortung übernehmen. Dies sei vielleicht auch ein zusätzlicher Schutzschild vor Angriffen. Zudem sprach sie sich dafür aus, der Ukraine den Kandidatenstatus für die Europäische Union zu geben. Es gehe »auch um Werte, die wir teilen: die Werte der Freiheit, der Gerechtigkeit und eines Lebens in Frieden«.

Ukraine meldet eigene Luftangriffe im Süden des Landes

7.50 Uhr: Während die Lage im Osten der Ukraine weitgehend unverändert ist, hat das ukrainische Militär nach eigenen Angaben im Süden des Landes mehrere Luftangriffe auf russische Stellungen geflogen. »Ukrainische Hubschrauber haben Schläge gegen Ansammlungen feindlicher Truppen im Gebiet Cherson geführt – und Flugzeuge gegen Munitionsdepots im Gebiet Mykolajiw«, teilte der Generalstab am Dienstag mit. Die Ukraine hat die eigene Luftwaffe im Krieg wegen der russischen Luftüberlegenheit bislang nur spärlich eingesetzt.

An der Grenze der Schwarzmeergebiete Mykolajiw und Cherson hatten die ukrainischen Truppen zuletzt mehrere Ortschaften zurückerobert. Eine russische Gegenoffensive in Richtung Losowe – Bila Krynyzja sei trotz Artillerie- und Luftwaffenunterstützung erfolglos gewesen, hieß es im Bericht des Generalstabs. Unabhängig überprüfen ließen sich die Angaben nicht. Der russische Angriffskrieg auf das Nachbarland dauert inzwischen schon mehr als drei Monate.

Lettland erwartet von Scholz Stärkung der Nato-Ostflanke

5.42 Uhr: Lettlands Staatspräsident Egils Levits erhofft sich vom Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Litauen »konkrete Vorschläge« für einen stärkeren Schutz des östlichen Nato-Bündnisgebietes. »Wir erwarten, dass auch Deutschland die gesamte Sicherheit der Nato im Auge hat und deshalb auch diese Aufstockung der Nato-Präsenz in allen drei baltischen Staaten unterstützt«, sagte Levits der Nachrichtenagentur dpa in Riga. Dass Deutschland sich bereit erklärt habe, mehr Soldaten in Litauen zu stationieren, sei »ein sehr wichtiger Beitrag«. Aber auch in Lettland und Estland müsse es mehr Truppen von Nato-Verbündeten geben, sagte der lettische Staatschef. »Die baltischen Staaten und Deutschland sind einig, dass die Nato-Ostflanke gestärkt werden muss als Reaktion auf das aggressive Verhalten Russlands«, sagte Levits. Er sei sich »sicher«, dass dies beim Ende Juni anstehenden Nato-Gipfel in Madrid auch beschlossen werde.

Russischer Uno-Vertreter verlässt während Rede von EU-Ratschef den Raum

5.15 Uhr: Während einer Rede von EU-Ratschef Charles Michel hat Russlands Uno-Botschafter Wassili Nebensja den Uno-Sicherheitsrat verlassen. Michel hatte den russischen Vertreter bei dem Treffen des Rates zum Krieg in der Ukraine am Montag in New York zuvor direkt angesprochen und dem Kreml unter anderem den Diebstahl von Getreide aus der Ukraine vorgeworfen. Daraufhin verließ Nebensja, der zuvor schon eine Rede gehalten und auch von Vertretern anderer Länder gegen Russland vorgebrachte Vorwürfe zum wiederholten Mal zurückgewiesen hatte, den Rat. »Sie können den Raum verlassen, lieber Herr Botschafter, vielleicht ist es einfacher, der Wahrheit nicht zuzuhören«, kommentierte Michel.

Die Zusammenfassung aus der Nacht

4.57 Uhr: Ukrainische Kämpfer im Osten des Landes wehren sich laut Kiew weiter gegen die Angreifer. Boris Johnson bekommt Lob für angekündigte Waffenlieferungen. Und: USA verdächtigen Russland des Getreidediebstahls. Lesen Sie hier die Ereignisse aus der Nacht im Überblick.

IT-Sicherheitsfirma: Cyberrisiken ziehen mit Ukrainekrieg weiter an

4.00 Uhr: Das zuvor schon hohe Niveau von Cyberattacken hat nach Angaben von IT-Sicherheitsexperten mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine noch zugenommen. »Wir haben nicht nur während der Pandemie eine stärkere Verbreitung von Angriffen gesehen – die Risiken im Zusammenhang mit Attacken haben mit dem Krieg in der Ukraine noch zugenommen, da Cyberattacken ein Werkzeug der Kriegsführung sind«, sagte IT-Sicherheitsexperte André Kudelski der Nachrichtenagentur dpa. Kudelski ist Chef der Schweizer Verschlüsselungs- und IT-Sicherheitsfirma Kudelski Group.

USA werfen Russland »Einschüchterung« von Journalisten vor

2.06 Uhr: Die USA haben Russland wegen der Vorladung von US-Journalisten ins Moskauer Außenministerium »Einschüchterung« der Presse vorgeworfen. Bei dem Termin habe die russische Regierung den Korrespondenten die »Konsequenzen der feindseligen Linie ihrer Regierung im Medienbereich« erklärt, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, am Montag. »Der Kreml greift die Medienfreiheit, den Zugang zu Informationen und die Wahrheit an«, kritisierte er.

Price zufolge reagierte Moskau mit der Vorladung auf das Verbot dreier russischer Staatssender im Westen. Es handle sich jedoch um eine »falsche Gleichstellung«, wenn unabhängige westliche Journalisten mit dem »Propagandaarm der russischen Regierung« verglichen würden.

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, hatte Washington zuvor immer wieder beschuldigt, russische Medien in den USA zu »unterdrücken«. Sacharowa betonte, dass es sich bei dem Termin im Moskauer Außenministerium nicht um eine Vor-, sondern eine »Einladung« gehandelt habe. Price betonte wiederum, die USA hätten keinem russischen Journalisten die Arbeitserlaubnis entzogen und würden nach wie vor Visa für »qualifizierte« Journalisten erteilen.

Sondergesandter Selenskyjs wirbt in Berlin für EU-Kandidatenstatus

1.06 Uhr: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat einen Sondergesandten nach Berlin geschickt, um Gespräche mit der Bundesregierung über eine EU-Beitrittsperspektive für sein Land zu führen. Der Minister für regionale Entwicklung, Oleksij Tschernyschow, will am Dienstag und Mittwoch unter anderen Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD), Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD), Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) und in Abwesenheit von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ihren Staatsminister Tobias Lindner (Grüne) treffen.

Die Ukraine hofft darauf, dass die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union sie beim Gipfeltreffen am 23./24. Juni zum EU-Beitrittskandidaten erklären. Kurz vorher wird die EU-Kommission dazu eine Empfehlung abgeben.

mrc/als/mgb/jso/AFP/dpa/Reuters
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