Ukraine-News am Sonntag Viele Ukrainer fühlen sich laut Melnyk in Deutschland nicht willkommen

Aus Sicht der Ukrainer trage Deutschland Verantwortung für viele Tote, weil es bislang keine schweren Waffen geliefert habe, sagt Botschafter Andrij Melnyk. Und: Klitschko erwartet Zusage zu Waffenlieferungen. Der Überblick.
Andrij Melnyk in Berlin (Bild vom 2. Juni)

Andrij Melnyk in Berlin (Bild vom 2. Juni)

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IMAGO/Christian Spicker

Das waren die Ukraine-News am 12. Juni 2022.

+++ Das Wichtigste in Kürze +++
  • Viele ukrainische Geflüchtete kehren nach Überzeugung des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk Deutschland wieder den Rücken, weil sie sich hier nicht willkommen fühlen.

  • In Sjewjerodonezk ist ein ehemaliger britischer Soldat umgekommen, der für die Ukraine kämpfte.

  • Ein Separatistenführer im Osten der Ukraine hält am Todesurteil gegen ausländische Kämpfer fest.

  • Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg reist am Sonntag nach Finnland und Schweden, um über den möglichen Beitritt beider Staaten zu sprechen.

  • Laut Rüstungskonzern Rheinmetall sind die ersten sechs modernisierten Marder-Panzer einsatzbereit und könnten in die Ukraine geliefert werden.

Melnyk: Viele Geflüchtete fühlen sich in Deutschland nicht willkommen

23.15 Uhr: Viele ukrainische Geflüchtete kehren nach Überzeugung des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk Deutschland wieder den Rücken, weil sie sich hier nicht willkommen fühlen. Melnyk sagt in »Bild«-TV: »Die meisten Ukrainer kehren zurück, schon längst. Es sind mehr Menschen, die abreisen aus diesem Land, als zu Ihnen kommen.« Man sollte sich in Deutschland Gedanken darüber machen, wieso viele Ukrainer, »keine Lust haben, hierzubleiben«. Der Botschafter sagt, dass aus Sicht der Ukrainer Deutschland Verantwortung für viele Toten trage, weil es bislang keine schweren Waffen geliefert habe.

Verletzte bei Explosion in besetzter ukrainischer Stadt

22.24 Uhr: Bei einer Explosion in der von russischen Truppen besetzten ukrainischen Stadt Melitopol sind nach Behördenangaben vier Personen verletzt worden. Die Besatzungsbehörden gingen davon aus, dass ein Sprengsatz in einem Mülleimer neben ihrer Lokalverwaltung des Innenministeriums explodiert sei, berichtete die russische Nachrichtenagentur Tass laut dpa. Es seien ausschließlich Zivilisten zu Schaden gekommen, hieß es. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden. Melitopol liegt im ukrainischen Gebiet Saporischschja, das zum Teil von russischen Truppen besetzt ist.

Klitschko erwartet von Scholz-Besuch auch Zusage zu Waffenlieferungen

21.20 Uhr: Der Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, hat hohe Erwartungen an den Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz, des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und des italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi. »Wir brauchen von den drei Führern der wichtigsten Länder harte Unterstützungssanktionen und Waffen so schnell wie möglich«, sagt Klitschko in einem TV-Interview mit der »Bild« in Kiew. Zuvor war bekannt geworden, dass die drei Regierungschefs noch vor dem G7-Gipfel Ende Juni gemeinsam nach Kiew reisen wollen. Die Ukraine benötigt laut Klitschko dringend mehr Munition und moderne Waffen, um sich zu verteidigen.

Russen zerstören Brücke bei Sjewjerodonezk

18.19 Uhr: Russische Streitkräfte haben nach Angaben des ukrainischen Regionalgouverneurs Serhij Hajdaj eine weitere der drei Brücken zwischen Sjewjerodonezk und dessen Zwillinsstadt Lyssytschansk zerstört. Damit entfällt eine weitere mögliche Flucht- und Rückzugsroute über den Fluss Siwerskyj Donez. Ukrainische Truppen halten nach Angaben des Sjewjerodonezker Stadtoberhaupts, Olexander Strjuk, gut ein Drittel des Stadtgebiets.

Britischer Soldat stirbt bei Kämpfen

17.10 Uhr: Ein ehemaliger britischer Soldat ist im Kampf in der Ukraine getötet worden. Der Mann habe die britische Armee im März verlassen und sei in die Ukraine gereist, um die Streitkräfte des Landes gegen die russischen Invasoren zu unterstützen, berichtet die BBC . Nun sei er bei Kämpfen um die östliche Stadt Sjewjerodonezk umgekommen, so die Familie des Mannes. Von den britischen Behörden hieß es, man unterstütze die Familie eines in der Ukraine verstorbenen Briten.

In einem Post bei Facebook schrieb der Vater des Verstorbenen, dass sein Sohn bei der Ausbildung lokaler Soldaten geholfen habe. Er fügte hinzu, dass er bei der Verteidigung der Stadt an der Front tödlich angeschossen und er am Freitag über den Tod seines Sohnes informiert wurde. In Sewerodonezk war es zu heftigen Kämpfen gekommen, bei denen schwere Artillerie sowohl den russischen als auch den ukrainischen Streitkräften große Verluste zugefügt haben sollen.

Moskaus Bildungsminister: Russland ist für immer gekommen

16.50 Uhr: Bildungsminister Sergej Krawzow hat am russischen Nationalfeiertag Medien zufolge die ukrainische Region Saporischschja besucht und Gebietsansprüche dort untermauert. Russland sei für immer gekommen, sagte der Minister der Agentur Interfax zufolge in der Stadt Melitopol. »Ich wäre nicht gekommen, wenn es irgendwelche Zweifel gäbe«, soll der 48-Jährige gesagt haben. In einem vom russischen Staatsfernsehsender RT veröffentlichten Video sagte er, dass das Bildungssystem von antirussischen Inhalten befreit, aber auch die ukrainische Sprache weiter unterrichtet werde. »Das Regime in Kiew hat antirussische Stimmungen geschürt, faktisch eine Propaganda von Nazismus und Faschismus«, behauptete Krawzow. Von unabhängiger Seite war nicht überprüfbar, ob er wirklich in dem Kriegsgebiet war.

Scholz plant in Kürze Kiew-Reise mit Macron und Draghi

16.36 Uhr: Dreieinhalb Monate nach Beginn des Ukraine-Kriegs plant Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) einem Zeitungsbericht zufolge eine baldige Reise nach Kiew. Er wolle vor dem G7-Gipfel Ende Juni mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi dorthin fahren, berichtete die »Bild am Sonntag«. In Berlin gab es dafür zunächst keine Bestätigung, allerdings wurden schon Erwartungen an die Reise formuliert.

Das Blatt berief sich auf ukrainische und französische Regierungskreise. Ein Regierungssprecher in Berlin wollte den Zeitungsbericht auf AFP-Anfrage nicht bestätigen. Angeblich würden Paris und Berlin schon länger über einen gemeinsamen Kiew-Besuch verhandeln. Macron habe aber erst nach den französischen Parlamentswahlen fahren wollen. Den italienischen Regierungschef mitzunehmen, soll eine Idee aus Frankreich gewesen sein. Scholz war anders als viele andere europäische Spitzenpolitiker seit Beginn des Ukraine-Kriegs nicht in Kiew. Hintergrund ist unter anderem eine Kontroverse um eine Ausladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier durch die ukrainische Regierung. Dieser Konflikt wurde aber vor Wochen ausgeräumt.

In der Ukraine sind die Erwartungen an den Besuch von Scholz hoch. »Wir hoffen, dass der Kanzler bei seinem Besuch in Kiew endlich die deutschen Versprechen, was die Waffenlieferungen angeht und auch den EU-Beitritt der Ukraine, wahr macht«, sagte der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk dem SPIEGEL (mehr dazu lesen Sie hier ).

Ostukrainischer Separatistenführer hält an Todesurteil gegen ausländische Kämpfer fest

16.29 Uhr: Der pro-russische Separatistenführer Denis Puschilin hat Forderungen nach eine Aufhebung der Todesurteile gegen drei in der Ostukraine gefangen genommene ausländische Kämpfer zurückgewiesen. »Sie sind in die Ukraine gekommen, um für Geld Zivilisten zu töten. Deshalb sehe ich keine Grundlage für eine Abmilderung des Strafmaßes«, sagte der Chef der selbsterklärten Volksrepublik Donezk in Mariupol.

Der Oberste Gerichtshof in Donezk hatte die Briten Aiden Aslin und Shaun Pinner sowie den Marokkaner Brahim Saadun am Donnerstag zum Tode verurteilt. Er warf ihnen vor, als Söldner für die Ukraine gekämpft zu haben. Die Familien der beiden Briten wiesen dies zurück. Nach ihren Angaben waren beide bereits im Jahr 2018 in die Ukraine gezogen, haben ukrainische Partnerinnen und dienen seit Jahren im ukrainischen Militär. Pinners Familie sprach am Samstag von einem illegalen Schauprozess. Sie sei am Boden zerstört.

Auch Saaduns Freunde und sein Vater versicherten, der 21-Jährige sei kein Söldner. Demnach hatte der junge Marokkaner in der Ukraine studiert und sich bereits im vergangenen Jahr dort der Armee angeschlossen.

Russland blockiert Einigung über Getreideexporte aus der Ukraine

16.09 Uhr: EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis hat Russland vorgeworfen, Bemühungen der Uno um den Export von ukrainischem Getreide zu blockieren. Uno-Unterhändler bemühen sich seit Wochen darum, Millionen Tonnen von in der Ukraine lagernden Getreidebeständen auf den Weltmarkt zu bekommen, um beispielsweise Hungerkrisen in anderen Weltregionen abzuwenden. »Es ist klar, wer für die Blockade verantwortlich ist«, sagte Dombrovskis am Sonntag in Genf vor dem Auftakt der Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO). »Es ist an Russland, seine Aggression zu beenden und es ist an Russland, aufzuhören, die ukrainischen Exporte zu stoppen.«

Die EU und andere Länder hatten vor dem Auftakt der Konferenz eine kurze Veranstaltung »Solidarität mit der Ukraine« organisiert. Nach Angaben von Dombrovskis unterzeichneten mehr als 50 Länder eine Erklärung zur Unterstützung der Ukraine. Damit sollte verhindert werden, dass der Krieg die Ministerverhandlungen über andere Themen überschattet. Nahrungsmittelsicherheit ist eines der Themen. Durch den Krieg und die Tatsache, dass die Ukraine als einer der größten Getreideexporteure der Welt nicht mehr liefern kann, werden in mehreren Ländern der Welt bereits die Nahrungsmittel knapp.

Sechs Marder-Schützenpanzer fertig

15.59 Uhr: Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat nach Angaben eines Unternehmenssprechers die Modernisierung von sechs Schützenpanzern vom Typ Marder abgeschlossen. »Wir sind dabei, 100 Marder instandzusetzen, erste Fahrzeuge sind bereits so weit«, sagte der Vorstandsvorsitzende Armin Papperger der »Bild am Sonntag«. Mit Blick auf eine mögliche Lieferung an die Ukraine fügte er hinzu: »Wann und wohin die Marder geliefert werden, ist die Entscheidung der Bundesregierung.«

Die Ukraine wünscht sich von Deutschland zur besseren Ausrüstung im Abwehrkampf gegen Russland schwerere Waffen. Rheinmetall hatte die Lieferung der von der Bundeswehr ausgemusterten und wieder aufzubereitenden Marder angeboten. Die Bundesregierung hat nach bisherigem öffentlichen Stand aber noch nicht entschieden. Nach ihren Plänen sollen sie auch nur für einen Ringtausch mit Nato-Partnern eingesetzt werden: Länder wie Tschechien und Griechenland würden sie dann als Ausgleich erhalten, wenn sie ihrerseits alte sowjetischer Panzer aus ihren Beständen an die Ukraine liefern.

Selenskyj appellierte erneut an die EU-Mitglieder

13.42 Uhr: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat der Ukraine eine rasche Antwort auf ihr EU-Beitrittsgesuch zugesichert. Die EU-Kommission werde in den kommenden Tagen ihre Einschätzung zu der Frage vorlegen, ob der Ukraine der Status als Beitrittskandidat gewährt werden soll, sagte sie am Samstag bei einem Besuch in Kiew. Von der Leyen sagte nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj: »Die Ukraine habe viel für die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit getan«. Es müssten aber noch Reformen vorgenommen werden, um beispielsweise die Korruption zu bekämpfen oder diese gut funktionierende Verwaltung zu modernisieren, um Investoren anzuziehen, so die EU-Kommissionspräsidentin.

Die Ukraine hatte Anfang März einen EU-Beitrittsantrag gestellt. Mehrere EU-Staaten, insbesondere in Osteuropa, unterstützen das ukrainische Beitrittsersuchen. Einige Länder wie die Niederlande, Dänemark und Frankreich stehen dem Vorhaben jedoch skeptisch gegenüber. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte sich bislang zurückhaltend zu dem Thema.

Sollte Brüssel den 27 Mitgliedstaaten einen Kandidatenstatus für die Ukraine empfehlen und sollten alle Länder dem zustimmen, könnten die eigentlichen Beitrittsverhandlungen beginnen, die Jahre oder sogar Jahrzehnte dauern können. Über den Beitrittsantrag Kiews werden auch die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel am 23. und 24. Juni beraten. Zudem will Bundeskanzler Scholz einem Bericht der »Bild am Sonntag« zufolge noch vor Ende Juni gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Regierungschef Mario Draghi nach Kiew reisen. Selenskyj appellierte erneut an die EU-Mitglieder, seinem Land den Kandidatenstatus zu gewähren.

Ukraine-Krieg nicht zu Gewohnheit werden lassen

12.35 Uhr: Papst Franziskus hat die Menschen aufgerufen, den Krieg in der Ukraine nicht zur Normalität werden zu lassen. »Bitte, gewöhnen wir uns nicht an diese tragische Wirklichkeit. Beten und kämpfen wir für den Frieden«, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche vor zahlreichen Gläubigen und Besuchern auf dem Petersplatz in Rom nach dem traditionellen Angelus-Gebet. Er denke weiter an das vom Krieg betroffene ukrainische Volk. »Die Zeit, die vergeht, möge unseren Schmerz und unsere Sorge für diese gemarterten Leute nicht erkalten lassen«, forderte der 85-jährige.

Russlands Militär beschießt Waffenlager im Westen der Ukraine

11.46 Uhr: Die russischen Streitkräfte haben eigenen Angaben zufolge ein großes Waffenlager bei Ternopil im Westen der Ukraine angegriffen. »Hochpräzise seegestützte Kalibr-Langstreckenraketen haben in der Nähe des Ortes Tschortkiw in der Region Ternopil ein großes Lager mit Panzerabwehrraketensystemen, tragbaren Flugabwehrraketensystemen und Artilleriegeschossen zerstört«, teilte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums Igor Konaschenkow mit. Dabei habe es sich um Waffen gehandelt, die die USA und europäische Länder der Ukraine geliefert hätten. Nach Angaben des Bürgermeisters von Tschortkiw, Wolodymyr Trusch, schlugen kurz vor 22.00 Uhr Ortszeit vier Raketen in ein militärisches und mehrere zivile Objekte ein. Unter anderem seien vier Wohnhäuser beschädigt worden. 22 Menschen wurden demnach verletzt. Über Tote wurde nichts bekannt. Die Raketen seien demzufolge aus Richtung des Schwarzen Meeres gekommen.

Verbindung zwischen AKW Saporischschja und Atombehörde IAEA wiederhergestellt

11.24 Uhr: Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat nach ukrainischen Angaben wieder Kontakt zum größten Atomkraftwerk Europas in der ukrainischen Stadt Saporischschja. Die Verbindung zwischen den Datenservern in Saporischschja und der IAEA sei »wiederhergestellt«, gab die ukrainische Atomenergiebehörde Energoatom am Samstagabend im Messenger-Dienst Telegram bekannt. Seit Ende Mai seien alle Daten auf gesicherten Servern gespeichert und nach Wiederherstellung der Verbindung umgehend an die IAEA übertragen worden, hieß es von Energoatom weiter. Das AKW Saporischschja wird seit Anfang März von russischen Truppen besetzt, die es wenige Tage nach Beginn ihrer Invasion der Ukraine unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Das Kraftwerk trug 2021 rund ein Fünftel zur Stromproduktion der Ukraine bei.

Der Kreml glaube nicht daran, seine Ziele in der Ukraine schnell erreichen zu können

11 Uhr: Das russische Militär bereitet sich nach Einschätzung des ukrainischen Militärgeheimdienstes auf einen längeren Krieg vor. Die Planung der russischen Streitkräfte sei für 120 weitere Tage bis Oktober 2022 verlängert worden, berichteten die Militärexperten des US-amerikanischen Institute for the Study of the War (ISW) am Samstag unter Berufung auf Informationen von Geheimdienst-Vizedirektor Wadym Skibizkij. Das russische Militär werde seine Pläne abhängig vom Erfolg im Donbass aber weiter anpassen, dies geschehe nahezu monatlich. Die Informationen deuteten nach Einschätzung des ISW darauf hin, dass der Kreml nicht daran glaubt, seine Ziele in der Ukraine schnell erreichen zu können. Es handele sich um einen Versuch des russischen Militärs, anfängliche Mängel der Offensive zu korrigieren.

Sjewjerodonezk weiter Zentrum schwerster Kämpfe

9.53 Uhr: Im Osten der Ukraine dauert nach dem Angriff russischer Truppen der Kampf um die Großstadt Sjewjerodonezk im Gebiet Luhansk an. Die Lage dort sei die schlimmste im ganzen Land, sagte der Gouverneur des Gebiets Luhansk, Serhij Hajdaj, in einer am Sonntag veröffentlichten Videoansprache. »Es ist unmöglich, den Beschuss zu zählen.« Viele Ortschaften in der Region stünden unter Feuer, sagte Hajdaj. Besonders schwierig sei die Situation in dem Ort Toschkiwka südlich des Verwaltungszentrums Sjewjerodonezk. Dort versuchten die russischen Angreifer eine Verteidigungslinie zu durchbrechen.

Der Generalstab in Kiew meldete eine Vielzahl von Kämpfen im Osten des Landes, darunter besonders auch in der Region Slowjansk im Gebiet Donezk. Immer wieder gebe es auch Luftangriffe gegen zivile Infrastruktur, heiß es.

Chinesischer Verteidigungsminister bekräftigt Neutralität

9.07 Uhr: China hat seine offiziell neutrale Position im Ukraine-Krieg unterstrichen. Der chinesische Verteidigungsminister Wei Fenghe sagte auf einer Sicherheitskonferenz in Singapur, sein Land habe Russland im Zusammenhang mit der »Ukraine-Krise niemals irgendeine Art von materieller Unterstützung geliefert«. Peking unterstütze »Friedensverhandlungen« zwischen den Kriegsparteien und hoffe, dass »die Nato Gespräche mit Russland führen wird«, fügte Wei hinzu. Peking hat die russische Invasion in der Ukraine bislang weder offen kritisiert noch seine Unterstützung für die Militäroffensive Russlands erklärt. Westliche Vertreter warnten China wiederholt davor, Russlands Angriff auf das Nachbarland in irgendeiner Form zu unterstützen. Wirtschaftlich sind Russland und China in den vergangenen Jahren immer näher aneinandergerückt.

Nato-Generalsekretär trifft finnische und schwedische Regierung

8.15 Uhr: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg reist am Sonntag zu Gesprächen nach Finnland und Schweden. Beide Staaten hatten im Mai unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ihren Beitritt zur Nato beantragt. Dem Beitritt eines Staates zur Nato müssen alle 30 Mitgliedsländer zustimmen. Das Nato-Mitglied Türkei droht allerdings mit einem Veto. Im finnischen Naantali trifft Stoltenberg mit Präsident Sauli Niinistö zusammen. Am Montag trifft Stoltenberg mit der schwedischen Regierungschefin Magdalena Andersson und ihrer Regierung zusammen

Bundespräsident Steinmeier distanziert sich von Altkanzler Schröder

7.10 Uhr: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wirft Altkanzler Schröder vor, Deutschland mit seinen russischen Aktivitäten geschadet zu haben. »Gerhard Schröders Engagement für russische Energieunternehmen hat in Europa, insbesondere bei unseren osteuropäischen Nachbarn, viele Fragezeichen auch in Bezug auf unser Land hinterlassen«, sagt Steinmeier der »Bild am Sonntag«. Vieles, was Gerhard Schröder in seiner Kanzlerschaft auf den Weg gebracht habe, gerate durch sein Verhalten nach seiner Amtszeit in den Hintergrund. »Wir sind 15 Jahre zusammen einen Weg gegangen, seit 17 Jahren gehe ich meinen politischen Weg ohne ihn. In dieser Zeit hat Gerhard Schröder persönliche Entscheidungen getroffen, die uns auseinandergeführt haben«, so Steinmeier.

EVP-Chef Weber: »Die Ukraine gehört in die EU«

3.17 Uhr: Der Partei- und Fraktionschef der europäischen Christdemokraten, Manfred Weber (CSU), hat die Mitgliedstaaten aufgefordert, den EU-Beitritt der Ukraine rasch auf den Weg zu bringen. »Es braucht eine Botschaft ohne Hintertüren, dass die Ukraine EU-Beitrittskandidat wird«, sagte Weber den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montagsausgaben). Weber, der seit Ende Mai Vorsitzender der Europäischen Volkspartei (EVP) und auch stellvertretender CSU-Chef ist, nahm vor allem Deutschland in die Pflicht. »Gerade die Bundesregierung muss umgehend ein klar unterstützendes Signal geben«, sagte er. »Die Ukraine gehört, genauso wie die Republik Moldau, in die EU.«

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte am Samstag bei einem Besuch in Kiew angekündigt, dass die EU-Kommission bis Ende kommender Woche entscheiden will, ob sie den Mitgliedstaaten empfiehlt, der Ukraine den Status als Beitrittskandidat zu gewähren.

Ukraine kontrolliert weiter Chemiewerk in umkämpfter Stadt Sjewjerodonezk

2.03 Uhr: Die Ukraine behält die Kontrolle über das Chemiewerk Azot in Sjewjerodonezk, in dem Hunderte von Zivilisten inmitten erbitterter Kämpfe Zuflucht gefunden haben. Dies teilt der Gouverneur der Region, Serhij Gaidai, mit. Nach ukrainischen Angaben haben sich rund 800 Menschen in mehreren Bunkern unterhalb des Azot-Werks in Sicherheit gebracht, darunter etwa 200 Mitarbeiter des Werkes und 600 Einwohner der Industriestadt. Am Samstag wurde berichtet, dass der Beschuss des Werks einen Großbrand ausgelöst hatte, es ist nicht bekannt, ob dieser bereits gelöscht werden konnte.

Rheinmetall: Marder-Panzer können an die Ukraine geliefert werden

1.26 Uhr: Mehrere von der Bundeswehr ausgemusterte aber aktuell modernisierte Schützenpanzer Marder des Herstellers Rheinmetall sind einsatzbereit und könnten sofort an die Ukraine ausgeliefert werden. »Wir sind dabei, 100 Marder Schützenpanzer instandzusetzen, erste Fahrzeuge sind bereits so weit«, sagte Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender von Rheinmetall, der »Bild am Sonntag«. »Wann und wohin die Marder geliefert werden, ist die Entscheidung der Bundesregierung.« Auch 88 Panzer Leopard 1 und weitere Leopard 2 stehen zur Modernisierung im Depot.

Aufgrund der hohen Nachfrage nach militärischer Ausrüstung will Rheinmetall die Kapazitäten erhöhen. »Wir rechnen mit deutlich steigenden Umsätzen in der Größenordnung von bis zu 20 Prozent im Jahr und sind nun dabei, unsere Kapazitäten hochzufahren«, sagt Pappberger. »Wir werden an manchen Standorten in Mehrschichtbetrieb gehen. Die Produktion von Munition können wir innerhalb der nächsten zwölf Monate mindestens verdreifachen, die der LKW lässt sich verdoppeln – weil wir vieles an Infrastruktur aus dem Kalten Krieg recht schnell reaktivieren können.« Zu Lieferknappheiten und Engpässen komme es trotz der gesteigerten Nachfrage nicht.

ani/nck/wbr/ipp/joe/AFP/dpa/Reuters
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