Treffen in Paris Scholz und Macron wollen Gesprächsrunde mit Russland und Ukraine wiederbeleben

Kanzler Olaf Scholz (SPD) beim Antrittsbesuch bei Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Paris
Foto: Thibault Camus / APSeit zwei Jahren ruht das Normandie-Quartett, eine halboffizielle Runde zwischen Russland, Deutschland, Frankreich und der Ukraine zu Fragen des Ukrainekonflikts. Nun haben sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für eine Wiederbelebung des Formates ausgesprochen.
»Es gibt gute Grundlagen, die wieder aktiviert werden müssen (...), zum Beispiel die Zusammenarbeit im Normandie-Format«, sagte Scholz nach seinem Antrittsbesuch im Élysée-Palast in Paris. »Das Normandie-Format hat weiter seine Bedeutung«, bekräftigte auch Macron mit Blick auf die deutsch-französische Vermittlung im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Es gebe eine gemeinsame Klarheit darüber, »dass die Unverletzlichkeit der Grenzen in Europa zu den Prinzipien gehört, die alle (...) akzeptieren müssen«, betonte Scholz zudem.
Beide Politiker begrüßten die Initiative von US-Präsident Joe Biden, der am Dienstag mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin gesprochen hatte. »Alle Initiativen ergänzen einander«, sagte Macron, der am Vormittag mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert hatte.
Neue Spannungen zwischen Ukraine und Russland
In der Ostukraine bekämpfen sich seit 2014 prorussische Milizen und die ukrainische Armee, nachdem Moskau die ukrainische Halbinsel Krim annektiert hatte. Russland unterstützt in dem Konflikt die Separatisten, die in Luhansk und Donezk sogenannte Volksrepubliken ausgerufen haben. Mehr als 13.000 Menschen wurden bei den Kämpfen bereits getötet.
Zuletzt hatten sich die Spannungen zwischen Russland und dem Westen im Ukrainekonflikt deutlich verschärft. Angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarsches an der Grenze zur Ukraine gibt es Befürchtungen, Moskau könnte das Nachbarland angreifen.
Knackpunkt Olympiaboykott
Auch in einem anderen außenpolitischen Konflikt wollen sich Deutschland und Frankreich auf eine gemeinsame Linie verständigen. Im Umgang mit China müsse eine gemeinsame Haltung zur US-Forderung nach einem politischen Boykott der Olympischen Spiele verabredet werden, betonte Macron. Er verwies darauf, dass es aber nur darum gehen könne, keine politischen Vertreter zu den Spielen zu schicken – nicht um einen vollen Boykott.
Scholz hatte sich zuvor zurückhaltend zu der US-Forderung geäußert. Außenministerin Annalena Baerbock hatte am Donnerstag in Paris ebenfalls eine europäische Abstimmung in der Frage angemahnt. Französische Minister hatten einen politischen Boykott zuvor jedoch bereits abgelehnt. Unter anderem die USA, Kanada, Australien und Großbritannien haben bereits einen diplomatischen Boykott der Winterspiele verkündet. Die Handlung soll ein Zeichen gegen die Menschenrechtsverletzungen Chinas sein.
»Wir kennen uns ja persönlich schon seit einigen Jahren«
Nach dem Besuch in Paris war Scholz nach Brüssel zu einem Treffen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen weitergereist. Von der Leyen würdigte dabei die Bedeutung Deutschlands für die Europäische Union. »Deutschland war und ist immer sehr wichtig für die Entwicklung unserer Gemeinschaft«, sagte die CDU-Politikerin in Brüssel. Die deutschen Kanzler und die deutsche Kanzlerin hätten immer einen sehr prägenden Einfluss. »Deshalb ist Ihr frühzeitiger Besuch hier bei der Europäischen Kommission für uns alle ein sehr ermutigendes Signal.« Scholz sagte: »Deutschland ist eine sehr europäische Nation.« Die deutsche Politik »muss sich unmittelbar verantwortlich fühlen für den Fortschritt in Europa«.
Scholz und von der Leyen saßen gemeinsam in zwei Bundeskabinetten unter der ehemaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU). »Wir kennen uns ja persönlich schon seit einigen Jahren und haben gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet«, sagte von der Leyen. »Und das hilft jetzt natürlich auch in der neuen Rolle.«