Russlands Angriffskrieg Ruf nach Kampfjetlieferung an Ukraine, Druck auf Scholz in Panzerdebatte

Der Westen sollte der Ukraine auch Kampfflugzeuge zur Verfügung stellen – das findet Ex-Nato-Oberbefehlshaber Stavridis. Union und FDP dringen auf rasche Leopard-Lieferungen. Die jüngsten Entwicklungen.
Polnische MiG-29-Kampfjets bei einer Übung (im Oktober 2022): Ex-Nato-Oberbefehlshaber plädiert für Lieferung an Ukraine

Polnische MiG-29-Kampfjets bei einer Übung (im Oktober 2022): Ex-Nato-Oberbefehlshaber plädiert für Lieferung an Ukraine

Foto: RADOSLAW JOZWIAK / AFP

Westliche Staaten sollten der Ukraine für ihren Abwehrkampf gegen Russland nach Ansicht des früheren Nato-Oberbefehlshabers James Stavridis neben Panzern auch Kampfflugzeuge liefern. »Ich denke schon, dass die Ukraine Kampfflugzeuge braucht«, sagte der ehemalige US-Admiral am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung »maybrit illner«.

Dabei denke er an MiG-29-Kampfjets aus Polen, die die Ukrainer zu bedienen wüssten und die direkt geliefert werden könnten. »Die könnten dann unterstützt werden durch F-16 von den Vereinigten Staaten.« Stavridis fügte hinzu, dass die Ausstattung mit F-16-Kampfjets mehr Zeit bräuchte, weil ukrainische Piloten dafür erst ausgebildet werden müssten. Die ukrainische Luftwaffe habe aber bereits tolle Arbeit geleistet, als es darum ging, die Bedienung anderer Systeme zu lernen.

Derzeit konzentriere man sich stark auf den Kampf am Boden. »Aber es gibt ja auch noch einen Kampf, der sich im Himmel über der Ukraine entwickelt. Und da ist (der russische Präsident Wladimir) Putin erfolgreicher, als er das auf dem Boden bislang war«, sagte Stavridis.

»Der Kanzler sollte über seinen Schatten springen.«

FDP-Politikerin Strack-Zimmermann

Indes erhöht sich der Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz in der Debatte über mögliche Kampfpanzer-Lieferungen an die Ukraine. Deutschland müsse für die Lieferung der Leopard 2 endlich die Exportgenehmigung erteilen, sagte FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Freitag.

»Der Kanzler sollte angesichts des Dramas in der Ukraine über seinen Schatten springen.« Zwar mute der polnische Vorstoß stark nach Wahlkampf an, innerhalb dessen nur allzu gerne Deutschland vorgeführt werde. »Wir sollten so oder so aber bereits heute, parallel zur Ausbildung ukrainischer Soldaten am Schützenpanzer Marder, mit der Ausbildung am Leopard 2 beginnen«, so Strack-Zimmermann. Andernfalls verliere man kostbare Zeit.

Polen hatte sich am Mittwoch bereit erklärt, zusammen mit Bündnispartnern Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 in die Ukraine zu liefern. Deutschland spielt in der Debatte eine Schlüsselrolle, weil die Panzer in Deutschland entwickelt wurden. In der Regel muss die Weitergabe von Rüstungsgütern aus deutscher Produktion an Dritte genehmigt werden. Offizielle Anträge dazu liegen der Bundesregierung laut Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) bisher nicht vor.

Die Bundesregierung hatte kürzlich nach langem Zögern entschieden, der Ukraine Marder-Schützenpanzer zur Verfügung zu stellen, will bisher aber keine Leopard-Kampfpanzer liefern. Prominente Vertreter der Grünen und der FDP werben in der Ampelkoalition aber schon länger für die Leopard-Lieferung.

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Johann Wadephul (CDU), rief die Bundesregierung ebenfalls zu schnellem Handeln in der Frage auf. »Um endlich einmal politisch Taten sprechen zu lassen, sollte die Lieferung von Leopard 1 sofort begonnen werden«, sagte er der »Rheinischen Post«. Diese stünden »quasi bei der Industrie bereit und diese wäre dazu in der Lage, sie umgehend vorzubereiten«.

Der Rüstungskonzern Rheinmetall etwa hat ältere Modelle des Leopard 1, die ausgemustert und schon vor längerer Zeit von der Firma zurückgenommen wurden. Solche Rückgaben von Altbeständen sind üblich in der Rüstungsbranche. Unter anderem die Bundeswehr nutzt längst das Nachfolgemodell Leopard 2, das bei der Truppe in seiner ersten Version 1979 eingeführt wurde.

Kampfpanzer Leopard 1

Kampfpanzer Leopard 1

Foto: Sven Eckelkamp / IMAGO

Der Präsident des Reservistenverbandes der Deutschen Bundeswehr, Patrick Sensburg, forderte ebenfalls die schnelle Lieferung möglichst vieler Leopard-Kampfpanzer an die Ukraine – auch aus Bundeswehrbeständen. »Ich gehe fest davon aus, dass Deutschland der Lieferung von Leopard-Kampfpanzern zustimmen wird. Die Frage ist nur, wann die Entscheidung fallen wird«, sagte Sensburg der »Rheinischen Post«. Er selbst sei »dafür, dass möglichst viele Leopard-Kampfpanzer auch aus Bundeswehrbeständen an die Ukraine geliefert werden«.

Ohne »Leopard-Panzer auch von der Bundeswehr oder Kampfpanzer anderer Bauart« werde der »Krieg auch in anderen europäischen Staaten weitergehen«, warnte Sensburg, der bis zur vergangenen Legislaturperiode für die CDU im Bundestag saß. Völkerrechtlich mache eine Waffenlieferung ein Land nicht zur Kriegspartei. »Auch nicht, wenn Kampfpanzer geliefert werden«, betonte Sensburg.

»Was die Eskalationsspirale angeht, entscheidet der Kreml ohnehin alleine, wann er diese vorantreibt«, hob der Verbandschef hervor. »Nachgeben oder Verhandeln werden von Putin nur als Schwäche wahrgenommen.«

phw/AFP/dpa
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